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Der VfR Garching zwischen Licht und Schatten

Bayernliga Süd

Der VfR Garching zwischen Licht und Schatten: "Es waren einfach zu viele Veränderungen auf einmal"

Seitdem er am Drücker sitzt, läuft es wieder in Garching: Nico Basta.

Seitdem er am Drücker sitzt, läuft es wieder in Garching: Nico Basta. imago images/foto2press

Bayernliga Süd

Frohes neues Jahr Herr Basta! Mit welchem Gefühl blickt man in Garching derzeit auf das vergangene Kalenderjahr zurück?

Hinten raus blicke ich tatsächlich mit einem guten Gefühl auf das letzte Jahr zurück. Natürlich hat der VfR 2021 viel durchgemacht, doch vor allem die letzten Monate stimmen mich sehr positiv.

Die letzten zwölf Monate waren für den VfR Garching eine nicht endende Achterbahnfahrt der Gefühle. Zunächst der Abstieg aus der Regionalliga und dann eine durchwachsene erste Oberliga-Saisonhälfte mit Licht- und Schattenmomenten. Woran hat es in der Abstiegssaison 2020/21 im Vergleich zu den Jahren zuvor gehakt? Immerhin war der Abstieg in den vorherigen Spielzeiten in Garching nie ein Thema gewesen.

Insgesamt war der Abstieg aufgrund des Saisonabbruchs für uns natürlich sehr unglücklich. Zum einen war die Spielkonstellation dabei nicht besonders vorteilhaft für uns, weil wir die entscheidenden Partien gegen die Abstiegskonkurrenten noch vor uns gehabt hätten. Zudem wurden uns durch den vorzeitigen Aufstieg von Türkgücü München auch noch wichtige Punkte abgezogen. Andererseits gab es natürlich auch sportliche Gründe. Wir sind nach den ersten Spielen in einen Abstiegsstrudel geraten und ehe wir uns umgesehen haben, stand schon die Winterpause und letztlich der Abstieg vor der Tür.

Der Abstieg hat den Verein wortwörtlich einmal auf links gekrempelt. 15 Neuzugänge, wovon nur 2 Regionalliga-Erfahrung mitbrachten und 20 Abgänge mit teils erfahrenen und langjährigen Garchingern. Was macht so ein Umbruch mit einem Verein?

Das Positive zuerst: Man muss sagen, dass wir mit - nur um ein paar Namen zu nennen - Niebauer, Zettl oder Salassidis trotz des Abstiegs auch einige Leistungsträger der Mannschaft halten konnten. Durch die vielen Abgänge hat sich aber trotzdem die Struktur der Mannschaft maßgeblich verändert. Die Hierarchie ging komplett verloren.

Die Hierarchie ging komplett verloren.

Nico Basta, Cheftrainer VfR Garching

Wie meinen Sie das?

Einerseits haben wir extrem viele junge Spieler nach Garching geholt, die wenig bis gar keine Erfahrung im Herrenbereich hatten. Andererseits haben wir aber auch Spieler aus niedrigeren Ligen verpflichtet. Speziell diese Spieler waren es aus ihren vorherigen Vereinen gewohnt, Stamm- und Führungsspieler zu sein. Wenn man dann in eine höhere Spielklasse wechselt, ändert sich manchmal die Rolle in der neuen Mannschaft. Damit hatten einige zu Beginn zu kämpfen. Zwar hat die Mannschaft viel Potenzial, insgesamt waren es aber einfach zu viele Veränderungen auf einmal.

War man sich der sportlichen Konsequenzen eines solchen Umbruchs bewusst?

Ja, uns war klar, dass es nicht einfach werden würde. Man wusste nicht, wo man steht und wie gut der Kader ist.

Mit welchen Ambitionen war man damals in die Saison gestartet?

Der direkte Wiederaufstieg, wie es sich beispielsweise der SV Pipinsried nach seinem Abstieg im Jahr 2019 vornahm, war für uns nie ein Thema, nach den vielen Abgängen schon gar nicht. Dafür fehlen dem Verein im Vergleich zu anderen die finanziellen Mittel. Wir wollten erst einmal in der Bayernliga ankommen.

Aber auch das "in der Liga ankommen" hat zunächst erst einmal so gar nicht funktioniert. Neun Spiele ohne Sieg umfasste der Bayernliga-Horrorstart. War die sportliche Misere alleine auf das Transferkarussell und mangelnden Rhythmus zurückzuführen oder gab es auch andere Gründe?

Da spielten viele Aspekte mit hinein. Rein sportlich fehlte den jungen Spielern beispielsweise die Konstanz und natürlich auch die Erfahrung. Ich finde es aber zu naiv, nur den jungen Spielern die Schuld an der sportlichen Talfahrt zuzuschreiben. Ehrlich gesagt fehlte es auch den erfahrenen Spielern, die die Mannschaft führen sollten, zu diesem Zeitpunkt an Konstanz. Gerade zu Beginn der Saison hatten wir auch enorme mentale Probleme. Wir haben oft gut gespielt, aber je länger ein Spiel dauerte, desto mehr verließ uns der Glaube daran, ein Spiel zu gewinnen.

Den Bock umgestoßen hat man am 10. Spieltag beim 4:2 in Wasserburg. "Klick" hat es aber erst ein paar Spieltage später gemacht. Angefangen mit dem 1:1 gegen Gundelfingen - eine Serie von sieben Spielen ohne Niederlage. War das der Zeitpunkt an dem die Mannschaft sich erstmals so richtig "eingegrooved" hatte?

Zumindest mental hatten wir den Bock in Wasserburg umgestoßen. Sportlich allerdings noch nicht ganz, wie die darauffolgenden Wochen zeigten. Auch wenn beim 1:1 gegen Gundelfingen die Serie begann, muss man ehrlicherweise hinzufügen, dass man dieses Spiel nach einer 1:0-Führung nicht mehr aus der Hand geben darf. Trotzdem waren es wichtige Punkte für uns.

Das Highlight der Hinrunde war sicherlich das 6:0 gegen den Tabellenzweiten Kirchanschöring. Wie blicken Sie auf diesen Lichtblick zurück? Damals waren Sie ja noch als Co-Trainer an der Seitenlinie gestanden.

Das ist schwer zu erklären. An diesem Tag hat einfach alles funktioniert. Wir haben nahezu jede Chance genutzt, während Kirchanschöring beim Stand von 1:0 zwei gute Gelegenheiten liegen ließ. Was man aber definitiv hervorheben muss, ist, dass wir im Vergleich zu anderen Spielen über 90 Minuten konstant geblieben sind. 

Wir haben oft gut gespielt, aber je länger ein Spiel dauerte, desto mehr verließ uns der Glaube daran, ein Spiel zu gewinnen.

Nico Basta über die mentalen Probleme seiner Mannschaft zu Beginn der Saison

Es dauerte nicht lange, bis dieser Lichtblick - zumindest von kurzer Dauer - überschattet wurde. Kurz darauf trat der Trainer und sportliche Leiter Benjamin Flicker etwas überraschend zurück und brachte damit scheinbar wieder etwas Unruhe herein. Anders als zu Saisonbeginn schien die Mannschaft, mit Ihnen als neuen Cheftrainer, die internen Turbulenzen besser zu verkraften und punktete einfach weiter. Ist die Mannschaft in der Hinrunde etwas erwachsener geworden?

Ja definitiv. Vor allem die jungen Spieler haben innerhalb dieser kurzen Dauer einen Schritt nach vorne gemacht.

Von den letzten neun Spielen ging nur eines verloren, man sammelte 18 Punkte und kletterte über den Strich. Hat der neue VfR Garching inzwischen sein volles Potenzial erreicht?

Nein, das junge Team hat sein volles Potenzial noch nicht erreicht. Trotzdem haben wir eine tolle Entwicklung hingelegt. Wir haben es geschafft, die mentalen Probleme abzustellen und sind zu einer Gemeinschaft geworden - auf und neben dem Platz. Zudem ist der Ehrgeiz, sich in die erste Elf zu kämpfen, mittlerweile bei jedem einzigen Spieler erkennbar. Dadurch hat sich das Trainingsniveau verbessert und letztlich auch die Ergebnisse.

Ihre Bilanz: Sechs Spiele, nur eine Niederlage und 13 Punkte. Wie groß ist ihr Anteil an der Trendwende in Garching?

Dass der Übergang vom Co- zum Cheftrainer so fließend war, ist definitiv auf meinen Bezug zum Verein zurückzuführen. In Garching bin ich kein Unbekannter. Als U-19 und späterer Co-Trainer der ersten Mannschaft hatte ich natürlich einen leichteren Einstieg als jemand anderes. Es hat einfach von Beginn an gepasst. Ich hatte das Vertrauen des Vereins und der Spieler. Zudem harmoniert das Trainerteam, bestehend aus unserer Co-Trainerin Solli, meinem Bruder Riccardo und mir, sehr gut.

Blicken wir in die Zukunft: Wie bereitet man sich auf die bevorstehende zweite Saisonhälfte vor. Einen weiteren Fehlstart kann sich Garching nicht leisten.

Das ist richtig. Einen weiteren Fehlstart können wir uns bei dieser Restspielzeit nicht mehr leisten. Daher ist es umso wichtiger, eine ordentliche Vorbereitung zu absolvieren und dass möglichst viele Spieler fit und gesund bleiben. 

Wie lautet das Saisonziel?

Das primäre Ziel ist in unserer Situation natürlich erst einmal der Klassenerhalt. Dafür wollen wir zunächst die nötigen Punkte holen. Alles weitere ist Bonus. Natürlich wird auch in der Rückrunde nicht alles reibungslos verlaufen. Aber davor habe ich keine Angst. Wenn eine Mannschaft gezeigt hat, wie man mit Rückschlägen umgeht, dann ist es der VfR Garching.

Lukas Karakas

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