Bundesliga (D)

Deutschland sucht die Nr. 18

Cottbus/Nürnberg: Timo Rost und Raphael Schäfer im Interview

Deutschland sucht die Nr. 18

Fußball, Relegation, Raphael Schäfer und Timo Rost

Die Kapitäne als Wortführer: Der Nürnberger Raphael Schäfer und der Cottbuser Timo Rost. imago

kicker: Herr Rost, was erwartet Ihren Ex-Klub aus Nürnberg heute Abend im Stadion der Freundschaft?

Timo Rost: Ein Hexenkessel! Unsere Fans sind heiß auf die zwei Duelle, sie werden uns in dem engen Stadion volles Programm unterstützen.

kicker: Der Zweitligist muss zuerst auswärts antreten. Ein Vorteil?

Raphael Schäfer: Unser Vorteil liegt darin, es überhaupt in die Relegation geschafft zu haben. Ansonsten ist es völlig egal, hängt auch vom Verlauf des Hinspiels ab. Wenn wir es eng gestalten können, sind wir mit unseren Fans im Rücken sicher im Vorteil. Kassieren wir mehr als zwei Tore, dann nicht. Energie wird nicht vor Selbstvertrauen strotzen, dafür war deren Saison nicht gut genug.

Rost: Einspruch! Ich sehe uns im Vorteil. Die Eindrücke aus dem Leverkusen-Spiel sind noch frisch, in uns lodert noch jede Menge Euphorie. Außerdem können wir zu Hause jeden Gegner schlagen - wie diese Saison den Deutschen Meister.

kicker: Was erwartet Sie persönlich am Sonntag in Ihrer Heimat?

Rost: Das wird der Hammer. Der FCN ist mein Heimatverein, dort unterschrieb ich mit 16 Jahren meinen ersten Profivertrag, dort bin ich mit dem Club von der Regionalliga bis in die 1. Liga aufgestiegen. Aber: Ich bin Profi bei Energie, werde alles geben, um mit meinen Jungs die Klasse zu halten.

kicker: Worauf kommt es in beiden Begegnungen besonders an?

Ich glaube auch nicht, dass es wie früher in den 80er Jahren knochenharte Spiele werden, der Fußball hat sich seitdem weiterentwickelt.

Raphael Schäfer

Schäfer: Wir müssen unsere spielerischen Qualitäten durchbringen. Ich glaube auch nicht, dass es wie früher in den 80er Jahren knochenharte Spiele werden, der Fußball hat sich seitdem weiterentwickelt.

Rost: Man muss die richtige Balance finden zwischen Kampf und spielerischer Komponente. Man muss vor allem ans Maximum seiner Leistungsgrenze gehen. Der größere Wille bringt es - und den haben wir.

kicker: Finden Sie die Wiedereinführung der Relegation gerecht?


Schäfer: Das wäre es, wenn es sich für die Klubs finanziell lohnen würde, sie sich selber vermarkten könnten.

Rost: Sportlich finde ich das gerade mal so richtig gut! Wir können mit zwei Spielen eine mehr oder minder verkorkste Saison retten. Nürnberg wird das anders sehen, zuletzt wären sie als Dritter aufgestiegen.

kicker: Ist diese Relegation ein Duell auf Augenhöhe oder ist der ranghöhere Bundesligist Favorit?

Rost: Ganz ehrlich? Das interessiert mich und meine Mannschaft so was von überhaupt nicht. Es geht hier um die höchste deutsche Spielklasse - egal, gegen welchen Gegner oder wo dieser herkommt. Es geht einzig und allein nur um diese zwei Partien, um sonst nix.

Schäfer: Und da müssen wir uns nicht verstecken. Schließlich ist Cottbus von der Klasse her eine jener Mannschaften, mit denen wir uns bei einem Aufstieg ab dem Sommer messen würden.

kicker: Was spricht nun für Cottbus, was für Nürnberg?

Schäfer: Da kann ich nur für uns sprechen. Wir wollen unsere Tugenden durchbringen, also spielerisch überzeugen, eine gute Ordnung haben und defensiv wenig zulassen.

Rost: Wir haben 34 Spiele auf einem doch etwas höheren Niveau, mit einer höheren Intensität gespielt. Außerdem kennen wir diese Extrem-Situation aus dem Effeff.

kicker: Auf was müssen Sie beim Gegner besonders achten?

Rost: Nürnberg ist speziell in der Offensive richtig gut aufgestellt, ein Marek Mintal hat seine Klasse sogar schon als Torschützenkönig in der Bundesliga eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Da müssen wir höllisch auf der Hut sein.

Schäfer: Wir dürfen Cottbus nicht zum Zug kommen lassen. Ich habe dort schon öfters gespielt, das ist ein kleiner Hexenkessel. Wenn wir gut spielen und uns nicht provozieren lassen, steigen unsere Chancen, je länger das Spiel dauert.

kicker: Entscheidet letztlich das höhere fußballerische Potenzial oder nicht doch die Nerven?

Rost: Du brauchst von beidem etwas. Man darf die Nerven nicht verlieren, muss es aber auch spielerisch lösen können.

Schäfer: Energie wird mit Emotionen arbeiten. Für uns gilt es ruhig zu bleiben. Es ist dieselbe Kragenweite wie ein Zweitligaspitzenspiel auswärts, da haben wir stets gut ausgesehen. kicker: Wie schwer wiegt der Ausfall von Wolf und Maroh?

Schäfer: Sehr schwer, auch wenn wir es bis jetzt ganz gut kompensieren konnten. Gerade Wolf mit seiner Erfahrung würde uns helfen.

kicker: Was würde ein Scheitern für Sie und den Verein bedeuten?

Schäfer: Ein weiteres Jahr 2. Liga. Und trotzdem könnten wir dann sagen, dass sich die Mannschaft auf einem sehr, sehr guten Weg befindet, sich der Aufstieg nur um ein Jahr verzögern würde. Das Potenzial, sofort wieder in der 2. Liga oben mitzuspielen, wäre vorhanden.

Es gäbe keinen Ostverein, außerdem ist Energie doch einmalig und Kult.

Timo Rost

Rost: Wenn wir scheitern sollten, wäre das ganz bitter für die Region, aber auch für die gesamte Liga: Es gäbe keinen Ostverein, außerdem ist Energie doch einmalig und Kult. Klar, Nürnberg und sein Umland sind auch total fußballverrückt und hätten den Aufstieg in die Bundesliga mehr als verdient - aber eben erst im nächsten Jahr.

kicker: Von wie vielen Freunden wurden Sie kontaktiert und um "Gnade" für den Club gebeten?

Rost: Oh je, es haben etliche angerufen oder SMS geschickt. Viele Freunde und Verwandte werden im Stadion sein. Die wissen aber ganz genau: Ich lasse keinen Platz für Sentimentalitäten - alles andere würde meinem Naturell widersprechen.

kicker: Was passiert am Sonntag, wenn der Club den Aufstieg schafft?

Schäfer: Dann gehen wir ganz gepflegt und ruhig nach Hause ...

Interview: Marcus Lehmann und Frank Linkesch