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Di Salvo über das größte U-21-Problem und sieben Personalien

DFB-Coach beurteilt Einzelleistungen

Di Salvo über das größte U-21-Problem und sieben Personalien

Hat eine sportliche Durststrecke zu moderieren: Antonio Di Salvo.

Hat eine sportliche Durststrecke zu moderieren: Antonio Di Salvo. Getty Images

Aus Sheffield berichtet Carsten Schröter-Lorenz

Die altehrwürdige Bramall Lane versprüht einen speziellen Charme. Die 1855 eröffnete Spielstätte, in der 1862 das erste Fußballspiel stattfand, gilt laut einigen Quellen als das älteste Fußballstadion der Welt, in dem heute noch Partien ausgetragen werden. Am Dienstagabend fand in der natürlich über die Jahre modernisierten Arena ein sehenswertes U-21-Testspiel zwischen England und Deutschland statt.

Nach dem 1:3 aus deutscher Sicht und dem 0:1 am Freitag gegen Frankreich lässt sich konstatieren: Die DFB-Junioren stehen aktuell nur in der zweiten Reihe der internationalen Top-Nationen. Während Frankreich und England einige Stammkräfte von Erstligisten und sogar europäischen Topklubs aufbieten konnten, ist die deutsche U 21 in Abwesenheit von vier Stammkräften (Burkardt, Schade, Vagnoman, Bella Kotchap) derzeit eher ein Sanatorium für Profis, die in ihren Vereinen kaum zum Zug kommen. Im November will die deutsche Auswahl gegen zwei weitere EM-Teilnehmer testen. Bis zur Endrunde in Rumänien und Georgien bleiben insgesamt noch neun Monate zur Weiterentwicklung.

Das Problem mit der Hektik

Am späten Dienstagabend sprach U-21-Coach Antonio Di Salvo in den Katakomben des Stadions von Sheffield United über den aktuellen Leistungsstand seines Teams und einige Personalien. Di Salvo über …

… die verlorenen Gradmesser-Testspiele gegen Frankreich und England: "Wir haben gegen zwei absolute Top-Nationen jeweils knapp verloren und sind aktuell einen Tick schlechter. Wir haben in der Defensive über weite Strecken gut gestanden, nur in der Offensive müssen wir unsere Aktionen im letzten Drittel klarer und ruhiger ausspielen. Da agieren wir häufig noch zu hektisch und zu ungenau und haben zu viele Bälle verloren."

… Reda Khadras Startelfdebüt in der Bramall Lane, dem Heimstadion seines Klubs Sheffield United: "Man hat gesehen, dass ein Spiel von Anfang an doch nochmal was anderes ist, als wenn man das erste Mal reinkommt, wie gegen Frankreich. Nichtsdestotrotz hatte er seine guten Momente, ist mit seiner Geschwindigkeit in der Lage am Gegner vorbeizukommen, das hat er auch gemacht. Er ist ein Wirbelwind, der ab und zu auch die Übersicht verliert und hektische Situationen hervorruft. Es war okay für ein Startelf-Debüt, das Höhen und Tiefen hatte. Was die Klarheit in seinem Spiel betrifft, kann er sich sicherlich noch verbessern. Er ist ein Spieler, der etwas Überraschendes machen und in engen Situationen am Ball bleiben kann. Es ist interessant, so einen kreativen Spielertyp im Kader zu haben."

… Lazar Samardzic von Udinese Calcio, der auf der rechten Außenposition aushelfen musste: "Seine Ballsicherheit hat uns vor allem in der ersten Halbzeit gutgetan. Man hat gesehen, dass "Laki" ein sehr guter Fußballer ist, der die Mitspieler gut einsetzen kann und erkennt, ob er den Ball außen oder innen mitnehmen muss, um in einer besseren Situation zu sein. Er hat eine ordentliche Leistung gezeigt und war für die Struktur unseres Spiels wichtig. Er ist noch besser im Zentrum aufgehoben.

Cole Palmer (Manchester City) of England U21, U 21 scores a goal while Noah Katterbach (FC Basel) of Germany U21 & Faride Alidou (Hamburger SV)) of Germany U21 look on during the International Friendly, Länderspiel, Nationalmannschaft match between England U21 and Germany U21 at Bramall Lane, Sheffield, England on 27 September 2022. PUBLICATIONxNOTxINxUK Copyright: xAndyxRowlandx PMI-5193-0091

"Von der Qualität der jungen Three Lions überrollen lassen"

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… die Torpremiere von Felix Nmecha bei dessen Startelfdebüt und die schwindenden Kräfte der Mannschaft in der zweiten Hälfte: "Es waren Höhen und Tiefen im Spiel, er macht ein Tor. Man sieht seine Veranlagung, wenn er den Ball technisch sauber mitnimmt, sieht es sehr elegant aus. Er kommt am Gegner vorbei - aber nicht konstant. Diese Konstanz fehlt ihm. Das hat man gerade im Spiel gegen den Ball gemerkt, wo er präsenter sein und mehr Zweikämpfe gewinnen muss. Wenn es zurückging, hat oft die Kraft gefehlt, da ist er ab und an hinterhergehechelt. Aber es ist für mich vollkommen logisch und auch erklärbar, dass bei uns allgemein in der zweiten Hälfte extrem die Kräfte nachließen. Wir hatten sechs oder sieben Spieler, die in ihren Vereinen keine oder kaum Einsatzzeiten bekommen. Das macht sich irgendwann bemerkbar gegen Engländer, die im Rhythmus sind."

… Kilian Fischer, der in dieser Saison beim VfL Wolfsburg noch keine Minute zum Einsatz kam: "Ich bin auch mit Kilian zufrieden, er hat gerade in der ersten Halbzeit seine Seite dicht gemacht und durch seine tiefen Laufwege immer wieder für Entlastung gesorgt. Das war in Ordnung. Wenn man mehr spielt, macht man sich weniger Gedanken um eine Ballan- und -mitnahme, man hat die Erfahrung, wo man sich positioniert - das fehlt dann. Generell war bei mehreren Spielern die schwindende Kraft das größte Problem."

… Angelo Stiller, der in Abwesenheit von Jonathan Burkardt zweimal die Kapitänsbinde trug: "Angelo hat bisher elf Minuten für Hoffenheim gespielt, war im Sommer verletzt. Jetzt brauchte er ein Spiel, um reinzukommen, obwohl man da auch schon gesehen hat, dass er ein guter Fußballer ist. Er hat sich auf jeden Fall gegenüber dem Frankreich-Spiel verbessert."

Atubolu hat einen leichten Vorsprung

… die geringe Einsatzzeit von Augsburgs Innenverteidiger Maximilian Bauer, der als einer der wenigen U-21-Akteure aktuell regelmäßig in der Bundesliga spielt: "Das war keine Entscheidung gegen Maxi, sondern im ersten Spiel für Malick Thiaw und Aurel Bisseck, die es gut gemacht haben und in England für Malick und Marton Dardai, die es in der EM-Qualifikation und auch in diesem Spiel gut gemacht haben. Das ist eine Position, auf der man als Trainer nicht so gerne wechselt, deswegen hat es für Maxi leider nur zu zwanzig Minuten gereicht. Maxi hat von Tag eins im Training einen guten Eindruck gemacht und die Situation professionell aufgenommen, dass er zunächst nicht gespielt hat, bekam am Ende seine Minuten und hat es auch ordentlich gemacht."

… den Status von Freiburgs Drittliga-Stammkeeper Noah Atubolu, der beide Partien über die komplette Distanz absolvierte: "Im Moment hat er einen leichten Vorsprung gegenüber den anderen. Er kann bei den Gegentoren nichts machen, hat es gut gemacht und auch gegen England zwei, drei gute Bälle herausgeholt, war präsent bei Flanken. Christian Früchtl und Nico Mantl haben im Training einen guten Eindruck hinterlassen. Christian spielt gerade sehr viel bei Austria Wien, wenn das so weitergeht, wird sicher bei ihm nochmal ein Leistungsschub kommen. Dann haben wir auf der Torhüterpositionen auf jeden Fall Optionen."

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