WM

Kommentar von Rainer Franzke, kicker-Chefredaktion

Die Mär einer sauberen Vergabe

Ist als DFB-Präsident zurückgetreten: Wolfgang Niersbach (rechts: Reinhard Rauball).

Ist als DFB-Präsident zurückgetreten: Wolfgang Niersbach (rechts: Reinhard Rauball). picture alliance

Neue Erkenntnisse der vom DFB mit den Ermittlungen rund um die WM 2006 beauftragten internationalen Kanzlei Freshfields sind offenbar derart brisant, dass der DFB bis in die Grundmauern im wohl größten Skandal seiner Geschichte erschüttert ist. Das Statement von Rainer Koch, der Vizepräsident Recht im DFB-Präsidium, lässt keinen Interpretationsspielraum zu: "Wir müssen uns damit befassen, unter welchen Umständen die WM 2006 vergeben worden ist."

Die ominöse Zahlung von 6,7 Millionen Euro muss demnach zum Stimmenkauf für die WM genutzt worden sein. Mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", das den Skandal aufgedeckt hat, werde der DFB keine weiteren rechtlichen Auseinandersetzungen mehr führen. Laut Koch gibt es momentan "keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Niersbach irgendeinen persönlichen Beitrag geleistet hat im Zusammenhang mit den Dingen, die wir jetzt aufklären." Rauball kündigte an, dass "ohne Ansehung von Personen und Verdiensten" Aufklärung vorangetrieben werden muss.

zum Thema

Diese Aussagen nähren den Verdacht, dass Franz Beckenbauer und sein persönlicher Berater Fedor Radmann verstärkt in den Fokus der Ermittlungen rücken. Womöglich auch der frühere DFB-Präsident Egidius Braun, der bis zum Jahr 2001 an der Spitze des Verbandes gestanden hat. Womöglich auch Geschäftspartner des Verbandes.

Niersbach hatte bis zuletzt betont, dass bei der Vergabe der WM im Jahr 2006 "alles sauber" gelaufen sei. Das ist nach den Fresfields-Ermittlungen, deren Ergebnisse offenbar auch Niersbach überrascht haben, nicht mehr anzunehmen. Eine saubere Vergabe des späteren "Sommermärchens" an Deutschland ist wohl eine Mär; das Bild eines von Sportlern und Fans geprägten märchenhaften Sommers 2006 aber bleibt.

Rainer Franzke

Rainer Franzke, kicker-Chefredaktion

Rainer Franzke, kicker-Chefredaktion kicker