2. Liga

Dirk Carlsons Alltag de Luxe

Bei EM vielleicht das fünfte Mal gegen Ronaldo

Dirk Carlsons Alltag de Luxe

Dirk Carlson nach seinem ersten Tor für den SKN mit einem besonderen Gruß an seine Frau auf der Tribüne.

Dirk Carlson nach seinem ersten Tor für den SKN mit einem besonderen Gruß an seine Frau auf der Tribüne. GEPA pictures/Walter Luger

Der in Portland (USA) geborene Luxemburger Dirk Carlson hat spannende Monate vor sich. Mit dem SKN St. Pölten will er rauf in die Bundesliga, mit der "Goldenen Generation" Luxemburgs, wie er sie selbst im Gespräch mit dem kicker bezeichnet, zur EURO.

2006 dümpelten die Luxemburger in der FIFA-Weltrangliste auf Platz 197. Vor Carlsons Debüt 2016 lagen sie zwischen Tadschikistan und Lesotho auf Platz 145. Aktuell nehmen sie Rang 85 ein und stehen in den  Play-offs um die EM-Endrunde. "Teamchef Luc Holtz setzt schon seit elf Jahren auf die Jungen. Vor 2018 hatten wir nur sechs Profis im Kader. Mittlerweile spielen fast alle im Ausland. Es wurde einfach jahrelang gut gearbeitet, sowohl im Nachwuchs, als auch im A-Kader", weiß Carlson.

Die 2001 gegründete nationale Fußballakademie genießt international einen hohen Stellenwert, wird mitunter sogar mit jener Frankreichs in Clairefontaine verglichen. Carlson genoss diese Ausbildung ab der U 11. Ab der U 13 sind die Jugendlichen von Montag bis Donnerstag quasi immer bei der Nationalmannschaft. Die besten Talente gehen früh ins meist benachbarte Ausland: "Wir haben vier Luxemburger in Möchengladbach, drei in Karlsruhe und fünf in Metz", sagt Carlson stolz, "da kommt weiterhin was nach."

Im Flieger mit Martins

Carlsons Zimmerkollege im A-Team ist der Mainzer Leandro Barreiro. Besonders guten Kontakt pflegt er auch zum Austrianer Marvin Martins, mit dem er nach den Lehrgängen oft gemeinsam zurück nach Wien fliegt. Beim 4:1-Heimsieg gegen Bosnien waren die beiden die Außenverteidiger. Carlson hat aber auch schon öfters den linken Innenverteidiger in der Dreierkette gespielt oder den linken Flügel. "Das ist vielleicht meine größte Stärke, dass ich polyvalent einsetzbar bin", weiß Carlson.

Das 2021 eröffnete Stade de Luxemburg ist bei Pflichtspielen mit knapp 10.000 Zuschauern meist ausverkauft. "Selbst gegen Island oder gegen Malta - bei allem Respekt vor diesen Nationen - haben wir mittlerweile 6.000 bis 8.000 Zuschauer. Wir reiten gerade auf einer richtigen Welle", freut sich Carlson.

Vier Mal gegen CR7

Am häufigsten, nämlich schon fünf Mal, ist Carlson gegen Portugal aufgelaufen und vier Mal war Cristiano Ronaldo mit von der Partie. "Das erste Spiel in Lissabon, bei seiner Heimkehr dorthin nach acht Jahren war mega schön. Als er in den Tunnel gekommen ist, hat er alle Blicke magnetisch auf sich gezogen. Das war geisteskrank! Auch ich habe ständig hinschauen müssen", lacht Carlson.

Mit Ronaldo bekam Carlson immer mächtig viel zu tun. IMAGO/HMB-Media

Carlson zählt sich selbst allerdings auch zur Fraktion Ronaldo, nicht zur Fraktion Lionel Messi. "Ich bewundere natürlich den Fußballer Messi. Aber ich selbst bin nicht so dieses Talent, sondern eher der Hardworker, daher Ronaldo." Nachsatz: "Dass er uns in vier Spielen sieben Tore geschossen hat, war natürlich nicht so schön."

"Back to Reality"

Freitagabend beim Zweitliga-Spitzenspiel in Lafnitz (ab 20.30 Uhr LIVE! bei kicker) heißen Carlsons Gegner wieder André Leipold, Jakob Knollmüller und Co. Nach den Länderspielen und dem Cup-Hit im Viertelfinale beim SK Rapid im Allianz-Stadion vor 15.200 Zuschauern also Alltag pur.

"Ja, 'Back to Reality' ist angesagt. Der Trainer hat uns schon ganz gut darauf eingestellt, dass uns in Lafnitz jetzt wieder 200 Zuschauer, viel Wind und ein vielleicht nicht ganz so guter Platz erwarten", sagt Carlson. Neo-SKN-Trainer Philipp Semlic schwang dort ja dreieinhalb Jahre das Szepter.

Das Trainingslager in der Türkei zwischen dem Cupspiel und dem Rückrundenauftakt empfand auch Carlson als "sehr speziell, aber Hautpsache es geht jetzt wieder richtig los und wir finden alle schnell den Rhythmus".

Die Sportchefs beim SKN St. Pölten

Trainerwechsel sieht Carlson nach mehreren Profi-Jahren in Deutschland, Holland und Österreich pragmatisch: "Man kann von jedem etwas Positives mitnehmen." Dirk Kuyt holte ihn seinerzeit von Erzgebirge Aue zu ADO Den Haag. Nach dessen Rauswurf ließ ihn Dick Advocaat etwas versauern, weshalb ihn Stephan Helm, der Carlson aus seiner Zeit als Video-Analyst bei den Grasshoppers bestens kannte, überhaupt erst nach St. Pölten lotsen konnte.

"Bei Stephan und Emanuel Pogatetz habe ich sehr viel punkto Ballbesitz gelernt und viel Selbstvertrauen getankt, was mir auch sehr in der Nationalmannschaft geholfen hat. Ganz besonders war auch Christian Eichner in Karlsruhe, der ja selber links außen gespielt hat und mir wertvolle Tipps geben konnte und mir auch die aggressive deutsche Mentalität eingeimpft hat", erzählt Carlson.

2. Liga - 17. Runde

Semlic lege wieder etwas mehr Wert auf Pressing. Im Frühjahr möchten sich die "Wölfe" so weit es geht nach oben beißen. "Besser als der dritte Platz letztes Jahr wollen wir schon abschneiden. Falls wir den Aufstieg heuer nicht schaffen, wachsen wir vielleicht noch einmal enger zusammen und steigen dann hoffentlich nächstes Jahr auf." Möglicherweise ja sogar mit einem EM-Teilnehmer im Wolfsrudel.

Thomas Schöpf

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