Bundesliga

Gerald Scheiblehner: "Mit dem LASK habe ich mich nie angefreundet"

Der BW-Trainer im Derby-Gespräch

Gerald Scheiblehner: "Mit dem LASK habe ich mich nie angefreundet"

Gerald Scheiblehner konnte Blau-Weiß Linz stabilisieren.

Gerald Scheiblehner konnte Blau-Weiß Linz stabilisieren. GEPA pictures

Herr Scheiblehner, das Linzer Derby steht an, Sie haben ja sogar noch VÖEST-Vergangenheit…

Ich habe 1983 als Sechsjähriger beim SK VÖEST angefangen und habe die ganze Nachwuchs-Abteilung durchlaufen, bis ich mit 18 nach Marchtrenk gewechselt bin.

Bundesliga - 14. Spieltag

Das war 1995, war da denn die Fusion mit dem LASK schon absehbar oder warum sind Sie gewechselt?

Von der Fusion, die ja keine war, weil es danach nur mehr den LASK gab, war ich Gott sei Dank nicht betroffen. Davon war damals noch keine Rede. Ich bin in die Regionalliga gewechselt, weil es für mich bei den VÖEST-Profis keinen Platz gab. Als es dann zur sogenannten Fusion kam, war ich schon bei der Wiener Austria.

Zwischenfrage: Weiß denn Geschäftsführer Christoph Peschek von Ihrem Austria-Abstecher?

Jaja, mittlerweile ist er ja eh ein Blau-Weißer, aber wir halten ihn natürlich immer am Schmäh, dass er erst zu uns kommen musste, dass er endlich Meister werden und Red Bull Salzburg schlagen konnte. Wir haben hier also quasi Entwicklungshilfe geleistet.

Waren Sie, was die VÖEST betrifft, erblich vorbelastet?

Meine ganze Familie ist blau-weiß. Mein Opa war Platzwart auf dem VÖEST-Werksgelände, mein Onkel, Karl Wascher, war Nachwuchsleiter bei der VÖEST und dann auch U-21-Trainer. Meine Eltern haben lange Zeit nebenberuflich die Vereinskantine auf dem Werksgelände geführt, ich bin dort praktisch aufgewachsen, war bei jedem Spiel. Das war schon traurig, als es den eigenen Klub, dann nicht mehr gab.

Haben Sie Blau-Weiß Linz gleich als die Fortführung des SK VÖEST gesehen?

Ich nicht. In der Fanszene wird das schon so gesehen. Es ist auch gut, dass die blau-weißen Farben eine Fortsetzung gefunden haben und die Tradition hochgehalten wird. Aber mit der VÖEST, der ja ein Werksverein war, hat der Klub nichts zu tun.

In der Zeit, in der die VÖEST verschwunden und Blau-Weiß noch im Unterhaus war, haben Sie sich als Linzer auch nie für den LASK interessiert?

Nein, mit dem LASK habe ich mich nie angefreundet. Keine Frage, dort wird jetzt sehr gute Arbeit geleistet, aber als Blau-Weißer geht man nicht zum LASK.

Aber die alte Rivalität ist jetzt wieder da, Blau-Weiß ist schon ein Gegenentwurf zum LASK?

Mit dem Aufstieg lebt die Rivalität wieder auf. Wir sind ein kompletter Gegenpart zum LASK, wir sind näher an den Fans, sind ein familiärer Klub und wollen das auch in der Bundesliga bleiben. Wir sind der Stadtverein, der LASK ist eher wie Sturm Graz in der Steiermark der Klub des ganzen Bundeslandes. Ich glaube, in der Stadt gehören die Sympathien uns. Aus dieser Rolle wollen wir auch nicht raus, ich glaube, es können alle gut damit leben. Das erste Derby war auf jeden Fall sehr positiv, es gab überhaupt keine Gewalt, das ist sehr cool in Linz. Was da in Graz abgegangen ist, geht gar nicht. Ich hoffe, dass es auch diesmal so bleibt, dann macht das Derby auch Spaß. Und Brisanz schadet ja nicht, wenn man die ganze Woche schon von dem Spiel redet.

Am 11. 11. beginnt die narrische Zeit, würde doch passen, wenn das kleine Blau-Weiß gegen die Schwarz-Weißen gewinnt. Wie kann sich das ausgehen?

An den Faschingsbeginn habe ich noch gar nicht gedacht, das wäre vielleicht ein guter Zeitpunkt. Bei mir steht im Vordergrund, dass es das erste Heim-Derby in unserem neuen Stadion ist. Wir sind bereit und in der Verfassung, dem LASK weh zu tun. Wir müssen schauen, dass wir defensiv wieder kompakt stehen, wir werden die Möglichkeiten für Umschaltaktionen nutzen müssen, damit wir zu Chancen kommen. Wir müssen dran glauben und auch auf Spielglück hoffen. Das eigene Publikum, das eigene Stadion, dass wir absoluter Außenseiter sind und der LASK gewinnen muss, das sind vielleicht unsere Vorteile, der LASK hat viele andere.

Sie haben unlängst in einem Interview etwas Bemerkenswertes zugegeben, nämlich, dass Sie sich nach dem schlechten Start von Peter Pacult etwas abgeschaut haben.

Daraus mache ich kein Hehl. Ich halte viel von Trainern mit viel Erfahrung. Von einem Peter Pacult oder auch von Peter Stöger, mit dem ich mich öfter austausche, kann man als jüngerer Trainer viel lernen. Ich muss ja nicht alles neu erfinden. Wichtig ist, dass ich mir selbst treu bleibe.

Was kann man sich von Austria Klagenfurt abschauen?

Ich habe schon einiges gesehen. Die Kompaktheit in der Defensive, zum Beispiel. Peter Pacult ist vielleicht ein eigenwilliger Typ, aber er war immer erfolgreich.

Und Peter Stöger kennen Sie aus gemeinsamen Austria-Zeiten?

Er war als großer Spieler in einer anderen Rolle als ich, aber er hat immer ein Ohr für die jungen Spieler gehabt. Wir sind in Kontakt geblieben, er inspiriert mich schon. Er kann Teams gut führen, ist menschlich top, kann mit vielen Situationen einfach gut umgehen. Wir sind im freundschaftlichen Kontakt, nicht ständig, aber ich habe mir schon einigen Rat von ihm geholt.

Sie wirken auch ähnlich unaufgeregt wie Peter Stöger.

Man muss als Trainer ja in der Lage sein, zu beurteilen und zu analysieren. Mit Emotionen ist das schwierig. Es gibt schon auch Situationen, in denen ich emotional werde, aber nicht im TV-Interview und nicht in den 90 Minuten an der Linie.

Am Anfang der Saison wurde BW Linz schnell die Bundesliga-Reife abgesprochen. Hat Sie das zusätzlich angestachelt oder wie haben Sie darauf reagiert?

Wir sind ruhig geblieben. Es wäre nicht gut gewesen, darauf hektisch zu reagieren. Wir sind ruhig und sachlich geblieben. Was mich schon irritiert hat, war, dass einige selbsternannte Experten uns gleich die Bundesliga-Tauglichkeit abgesprochen haben. Ich bin der Meinung, wenn man den Aufstieg schafft, dann ist man auch ligatauglich. Das war mir ein zu schnelles Urteil. Ich war keinem böse, aber überrascht. Und ich war mir sicher, dass wir das durchstehen. Dass es so schnell geht, war nicht absehbar.

Warum hat es denn in den ersten fünf Runden nur für einen Punkt gereicht?

Es waren mehrere Dinge, es war vor allem eine Überforderung mit vielen Dingen, mit der Gesamtsituation. In der Bundesliga ist alles mehr. Die Medien, das Interesse an den Spielern, die Zuschauer. Wir waren das nicht gewöhnt und vom Rummel überfordert. Dann spielen wir auch gegen Mannschaften mit viel mehr Qualität, die unsere Fehler viel öfter bestrafen. Wir haben so hoch attackiert wie in der 2. Liga und deshalb zu viel zugelassen. Wir hatten auch zu wenig Geschwindigkeit. Das haben wir anpassen müssen. Es ist schnell gelungen, es hat aber auch schnell gelingen müssen.

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Die Abgänge von Matthias Seidl und Fally Mayulu waren auch nicht ohne.

Wir sind wahrscheinlich sogar schwächer in die Liga gestartet als wir in der 2. Liga waren. Weil wir diese beiden Spieler nicht ersetzen können. Als wir sie geholt haben, war ihr Marktwert bei Null, als sie gegangen sind, war er bei 1,5 Millionen. Das Geld haben wir aber nicht, um sie eins zu eins zu ersetzen. Deshalb haben wir wieder junge Spieler geholt, die über uns den Sprung machen wollen. Conor Noß ist einer von ihnen, Stefan Feiertag, auch Mehmet Ibrahimi, der leider verletzt ist. Das sind alles interessante Spieler, die aber Zeit brauchen, wie auch Matthias Seidl und Fally Mayulu Zeit gebraucht haben.

Und zum Glück gibt es auch den 34-jährigen Ronivaldo. Haben Sie ihm die Bundesliga noch zugetraut, als Sie ihn in der 2. Liga geholt haben?

Ronivaldo haben wir dazugeholt, weil er ein Stürmer ist, der uns gefehlt hat. Er hat bei Lustenau und Innsbruck mit dem Aufstieg kein Glück gehabt, er war verletzt und als Zweitliga-Bomber abgestempelt, es hat sich keiner mehr bei ihm drüber getraut. Blau-Weiß war so etwas wie seine letzte Chance und es freut mich, dass er auch in der Bundesliga so wertvoll ist und seine Qualität zeigen kann. Er hat ja einen Zwei-Jahres-Vertrag bekommen, weil wir ihm auch die Bundesliga zugetraut haben. Der Roni ist ein unglaublicher Mensch, er macht alles für die Mannschaft und stellt sich nie in den Vordergrund, er ist ein Top-Spieler, wie ich ihn selten gesehen habe.

Sie haben bereits als Spieler nebenbei Jugendmannschaften betreut, trotzdem arbeiten Sie auch heute noch für die ÖGK. Haben Sie der Trainerkarriere nicht ganz getraut?

Ich habe bis Blau-Weiß ja immer nur im Amateurbereich gearbeitet. Es hat mir einfach immer getaugt, mit einer Mannschaft zu arbeiten. Zuerst habe ich nur mitgeholfen bei der U 11 oder U 13, dann habe ich meine erste Trainerstelle im Amateurbereich angenommen und gesehen, dass es mir mehr Spaß macht, mit Erwachsenen zu arbeiten. Nicht wegen der Kinder, ich habe die Eltern nicht mehr ausgehalten. In der ÖGK ist die Gesundheitsförderung in Fußballvereinen mein Thema, das liegt mir am Herzen und das lässt sich gut im Home Office erledigen. Deshalb möchte ich das auch so lange es geht machen.

Interview: Horst Hötsch

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