Bundesliga (D)

"Hacke, Spitze bringt nichts"

Cottbus: Interview mit Timo Rost

"Hacke, Spitze bringt nichts"

Energie-Kapitän Timo Rost

Ermahnt seine Mitspieler jetzt nicht nachzulassen: Energie-Kapitän Timo Rost. getty

kicker: Herr Rost, nach 15 Spielen steht Energie erstmals auf einem Nicht- abstiegsplatz. Wie groß ist die Freude?

Timo Rost: Enorm. Auch wenn es nur eine Momentaufnahme ist - für den Kopf ist das immens wichtig. Aber die Liga kann sich sicher sein: Wir sind uns absolut bewusst, dass es bis zum Schluss um den Klassenerhalt geht und um sonst nichts.

kicker: Kann der Kopf es verarbeiten, wenn Cottbus am Samstag wieder auf einem Abstiegsplatz stehen sollte?

Rost: Gute Frage, aber wir haben die notwendige Erfahrung. Außerdem: Wenn du ständig mit dem Abstieg konfrontiert wirst, ist es nicht hoch genug zu bewerten, wenn man Ruhe bewahrt, nicht die Nerven verliert und zum Beispiel am Trainer fest- hält. Das alles ist bei uns der Fall.

kicker: Warum haben Sie Ihr Team nach dem 3:1 in Gladbach auf dem Rasen zusammengetrommelt?

Rost: Einige haben sich zu überschwänglich gefreut. Das ist okay, weil zuvor selten gewonnen wurde. Aber ich wollte ermahnen, nicht nachzulassen. Wenn man die Jungs im Training beobachtet, habe ich wohl die richtigen Worte gefunden.

kicker: Cottbus hat in 14 Spielen fünfmal zur Halbzeitpause geführt, gegen Gladbach aber erstmals die Führung über die Runden gebracht. Warum diese schlechte Bilanz?

Rost: Es ist augenscheinlich, dass wir in der zweiten Halbzeit Probleme haben; oft leichtfertig das hergeben, was wir uns zuvor erarbeitet haben. Ein heikles Thema, zumal viele gesagt haben, wir würden zu lang trainieren, wären müde und kaputt.

kicker: Und? Ist das der Grund?

Rost: Das hat nur der Coach zu entscheiden, er muss verantworten, wie er trainiert oder aufstellt. Kein Spieler hat da was zu analysieren.

kicker: Wie steht die Mannschaft zur Kritik des suspendierten Mitreski?

Rost: Igor hat das gesagt, was er in dem Moment empfunden hat. Aber der Verein hat eine klare Ansage gemacht: Er wird es nicht mehr dulden, wenn Spieler den Trainer in der Öffentlichkeit kritisieren.

kicker: Gegen die anderen Kellerkinder wurden neun der insgesamt zwölf Punkte gesammelt. Warum?

Rost: Wir standen in den letzten Jahren immer wieder unten drin, diese Erfahrung zeichnet uns aus. Ebenso natürlich wie wir uns im Abstiegskampf präsentieren.

kicker: Die da wäre?

Rost: Es heißt nicht umsonst Abstiegskampf. Da bringt es nichts, wenn man Hacke, Spitze spielt. Klar, dass wir dafür nicht gemocht werden.

kicker: Warum bleibt Energie drin?

Rost: Bei Energie geht es nur mit ehrlicher, harter Arbeit, Tag für Tag. Dafür werden wir belohnt.

Wenn wir die grundlegenden Dinge wie Kampf, Einsatz und Disziplin nicht an den Tag legen, haben wir eh keine Chance.

Timo Rost

kicker: Auch andere Teams werden ehrlich und hart arbeiten

Rost: Logisch, deshalb müssen wir erst unsere Hausaufgaben machen. Wenn wir die grundlegenden Dinge wie Kampf, Einsatz und Disziplin nicht an den Tag legen, haben wir eh keine Chance. Also egal, was die anderen machen: Wir müssen uns auf uns konzentrieren.

kicker: War das zuvor anders?

Rost: Na ja, wir haben am Anfang vielleicht zu sehr auf andere geschaut, wie die spielen, was die machen. Das hat uns nichts gebracht, vielleicht sogar geschadet.

kicker: Ist es ermüdend, Jahr für Jahr gegen den Abstieg zu spielen?

Rost: Es zehrt an der Substanz. Aber es ist auch unheimlich schön, wenn man bei einem kleinen Verein - und das sind wir mit dem niedrigsten Etat der Liga - mithelfen kann, etwas aufzubauen. Hier hat sich alles enorm weiterentwickelt.

kicker: Wieso hat Energie auswärts mehr Tore erzielt und mehr Punkte geholt als zu Hause?

Rost: Unglaublich, so etwas habe ich in dieser Form noch nicht erlebt. Wir müssen gerade zu Hause zu alter Stärke finden und so auftreten wie in Gladbach. Da haben wir mehr agiert als reagiert, da müssen wir auch zu Hause hinkommen.

kicker: Mit Ihrem Ex-Klub Stuttgart kommt nun ein anderes Kaliber.

Rost: Absolut, ich habe ein Jahr dort gespielt und weiß, was der VfB im Gegensatz zu uns für Möglichkeiten hat. Wenn wir uns nicht nur hinten reinstellen, wird der Erfolg auch zu Hause zurückkommen. Wir haben es selbst in der Hand, beruhigt in die Winterpause zu gehen.

Interview: Marcus Lehmann