Bundesliga

Jukic im Interview: "Uns hat zu Saisonbeginn eine gewisse Gier gefehlt"

Mittelfeld-Profi in Schlüsselrolle

Jukic im Interview: "Uns hat zu Saisonbeginn eine gewisse Gier gefehlt"

Aleksandar Jukic überzeugt aktuell mit starken Leistungen.

Aleksandar Jukic überzeugt aktuell mit starken Leistungen. GEPA pictures

Vor wenigen Wochen zogen bereits düstere Wolken über den Verteilerkreis. Die Austria war seit sieben Spielen ohne Sieg, kassierte dabei vier Niederlagen und fand sich mit lediglich fünf Punkten auf Tabellenplatz zehn wieder. Doch dann kam das Wiener Derby, wo man sich trotz Doppelausschlusses in Unterzahl einen Punkt erkämpfte, der den "Veilchen" einen ordentlichen Motivationsboost auf den Weg mitgeben sollte.

Bundesliga - 15. spieltag

Denn seitdem läuft es bei der Mannschaft von Cheftrainer Michael Wimmer, die sich nach vier Siegen in den vergangenen fünf Spielen wieder an die Top sechs herangearbeitet hat und eine abermalige Teilnahme am oberen Play-off realistisch werden lässt. Das freut auch Mittelfeldprofi Aleksandar Jukic, der sich nach einem schwierigen Start zurückgearbeitet hat und aktuell als Schlüsselspieler die Fäden in der Zentrale der Wiener zieht. Im kicker-Interview spricht er über die Veränderung des Spielstils, persönliche Lernprozesse und den Weg zurück nach oben.

Herr Jukic, nach dem 1:0-Sieg über Sturm Graz konnte die Austria vor der Länderspielpause auch Tabellenführer Red Bull Salzburg einen Punkt abknöpfen. Aufgrund der zahlreichen Chancen wirkte die Mannschaft nach dem Remis aber mehr enttäuscht als stolz. Wie blicken Sie auf diese Partie zurück?

Natürlich ist man stolz. Wir haben gegen eine Champions-League-Mannschaft gespielt, haben sie eigentlich in vielen Phasen dominiert und hatten mehr Chancen als sie. Es überwiegt aber schon das bittere Gefühl, weil wir mit dem Elfmeter und den größeren Möglichkeiten, die wir hatten, eigentlich den Sack zumachen und die drei Punkte haben sollten. Leider war es aber nicht so. An manchen Tagen will der Ball einfach nicht hineingehen. Es ist aber schon sehr ärgerlich, dass wir bei einem so guten Spiel, wo wir die klar bessere Mannschaft waren, uns nicht mit einem Sieg belohnen konnten.

Vor wenigen Wochen wurde man bereits für die Meistergruppe abgeschrieben, nun ärgert man sich, nicht gegen Salzburg gewonnen zu haben. Können Sie schon realisieren, was für einen wilden Ritt die Mannschaft in den vergangenen Wochen durchgemacht hat?

Das stimmt, aber der Fußball hat nun mal seine eigenen Gesetze. Das Schöne ist, dass man jede Woche die Chance hat, für eine Veränderung zu sorgen und in einen positiven Lauf reinzukommen. Aktuell sind wir da drinnen, aber wir dürfen natürlich keine Sekunde nachlassen und müssen weiter hart arbeiten. Die Gegner werden nicht leichter und die sind jetzt alle gegen uns besonders motiviert, ein Tor zu schießen, weil wir jetzt so lange keines bekommen haben.

Mit dem Sieg gegen Sturm und dem Unentschieden gegen Salzburg konnte die Austria zwei Achtungserfolge in kurzer Zeit verbuchen. Wie euphorisch darf man sich nach dem schwierigen Saisonstart mittlerweile zeigen?

Wir bleiben am Boden. Das 0:0 im Derby gegen Rapid war definitiv ein Wendepunkt, wo wir gesehen haben, dass wir auch mit zwei Mann weniger kein Tor kriegen können. Nach jedem Sieg und jedem guten Spiel steigert sich das Selbstvertrauen, der Teamgeist wird besser und im Moment herrscht einfach eine sehr gute Harmonie innerhalb der Mannschaft. In der Negativphase davor ist auch vieles gegen uns gelaufen und es hat uns das Quäntchen Glück gefehlt, aber durch harte Arbeit haben wir uns das zurückerarbeitet. Nichtsdestotrotz können wir uns nicht darauf ausruhen. Wir müssen bereits im nächsten Spiel wieder stärker da sein.

Ihr Kapitän Manfred Fischer lobte nach dem Salzburg-Spiel die geschlossene Teamleistung. Ist man durch diese Negativphase zuvor noch näher zusammengerückt und erntet jetzt die Früchte dafür?

Absolut. Keiner hat irgendwelche Probleme gemacht, das Team hat in keiner Weise den Faden verloren und immer die Ruhe bewahrt. Wir haben uns natürlich damals zusammengesetzt, haben das Gute sowie das Schlechte analysiert und haben versucht, uns zu stabilisieren und geschaut, was wir wo besser machen können. Da ging es darum, wie wir uns auf die Gegner einstellen, ob wir sie höher anpressen oder ob wir eher tiefer verteidigen und ins Mittelfeldpressing gehen. Im Moment haben wir da eine sehr gut Mischung gefunden und es ist wichtig, eine gewisse Gier an den Tag zu legen, die uns vielleicht zu Saisonbeginn etwas gefehlt hat. Im Fußball geht es aber so schnell, von einem Hoch ins Tief und umgekehrt zu kommen, daher müssen wir da aufpassen und dürfen nicht nachlassen.

Wie wichtig war dabei die Erkenntnis, ein wenig vom offensiven Angriffspressing abzukehren und sich mehr auf eine stabile Defensive zu konzentrieren?

Das war sehr wichtig und genau das haben wir analysiert. Wir haben geschaut, dass wir gegen stärkere Gegner eine Mischung finden, nicht die ganze Zeit ins Angriffspressing hineinzugehen, weil das den anderen Mannschaften auch in die Karten gespielt hat. Da haben wir in solchen Phasen gelernt, diesen Gegnern etwas mehr das Spiel zu überlassen, auf ein Umschaltspiel zu gehen und uns ins Mittelfeldpressing zurückzuziehen. Wir haben da einen guten Mix gefunden. Wenn man sein Tor mit aller Kraft verteidigt, kriegt man gegen jeden Gegner immer zwei, drei Chancen, die man kaltschnäuzig nützen muss. Es ist einfach nicht möglich, immer nur zu pressen, das schafft keine Mannschaft über 90 Minuten.

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Für Stabilität sorgen Sie auf Ihrer aktuellen Position, wo sie gemeinsam mit Marvin Potzmann eine starke Doppel-Sechs bilden. Warum funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Ihnen beiden so gut?

Ich verstehe mich persönlich schon sehr gut ihm. Er bringt eine brutale Erfahrung mit, weil er schon sehr lange in der Liga spielt und strahlt für mich eine solide Sicherheit aus, wodurch auch ich mich neben ihm sehr sicher fühle. Er ist taktisch sehr gut ausgebildet und diszipliniert, weiß, wann man welche Wege schließen muss und nach vorne im richtigen Zeitpunkt rausschiebt und nach vorne verteidigt. Wir ergänzen uns einfach gut, analysieren gemeinsam immer die Gegner und unsere eigenen Leistungen, weil die Mitte in unserem Spielsystem sehr wichtig ist. Wenn das nicht gut läuft, dann verliert man die Sicherheit und die wollen wir ausstrahlen. Wir wollen unserer Mannschaft durch unsere Aggressivität, unsere Ballbehauptungen und unsere ruhige Art und Weise, Fußball zu spielen, Stabilität verleihen und den anderen ein gutes Gefühl geben.

Bringen Sie durch ihre ehemalige Rolle als offensiver Mittelfeldspieler bzw. bei Marvin Potzmann als Flügelverteidiger auch beide eine gewisse Dynamik mit, die dem Spiel auf dieser Position eine besondere Komponente verleiht?

Durch den Stil, den wir spielen, braucht jeder Mittelfeldspieler ein gewisses Gefühl, wann er ins Angriffspressing geht. Ich glaube, ich mache das mit ihm gemeinsam sehr gut und ich denke, Dynamik ist hier das ausschlaggebende Wort. Der Trainer verlangt von uns, dass wir sehr viel Dynamik entwickeln, sei es im Gegenpressing oder im Spiel mit dem Ball, wenn man Zwei-zu-eins-Situationen kreieren will. Ich glaube, da bringen wir beide wichtige Komponenten aus unseren vergangenen Rollen mit, die dieser Position eine spezielle Note verleihen.

Wenn du ein positives Mindset hast und weißt, dass du deine Chance aufgrund deiner Qualität bekommen wirst, wirst du für die harte Arbeit auch belohnt.

Aleksandar Jukic

Besonders schön muss die Situation für Sie persönlich sein, nachdem Sie zu Beginn der Saison noch Ergänzungsspieler waren und mit dem Kopfstoß im Spiel gegen Legia Warschau sowie dem umstrittenen Elfmeter gegen Altach medial bereits als "Bad Boy" abgestempelt wurden. Welchen Lernprozess haben Sie in dieser Zeit durchgemacht?

Im Fußball passieren halt gewisse Dinge und es gibt Höhen und Tiefen. Leider habe ich mir da Aktionen geleistet, die nicht in Ordnung waren und wo ich mich auch persönlich beim Team und beim Trainer entschuldigt habe. Gewisse Dinge passieren im Fußball durch Emotionen, die man dann bereut. Kein Mensch ist perfekt. Es war definitiv keine leichte Phase, aber natürlich lieben es die Medien, solche Dinge etwas größer zu machen, als sie in Wahrheit sind. Es war für meine Entwicklung aber vielleicht auch sehr wichtig, dass ich auch solche Phasen durchmache, weil ich sehr viel über mich selbst gelernt habe.

Worauf spielen Sie da genau an?

Ich wusste, dass es danach für mich eine schwere Phase sein würde und dass ich hart arbeiten werde müssen, um das Vertrauen vom Trainer zurückzugewinnen. Ich habe mir da aber keine Sorgen gemacht, weil ich wusste, dass ich mich reinhänge und im Training versuche, viel aufzuzeigen und Gas zu geben. Dann kam die Situation, dass ich wieder in der Starelf war und da war ich bereit und habe meine Chance genutzt. Jetzt spiele ich wieder regelmäßig, aber ich weiß, dass es auch schnell wieder nach unten gehen kann. Man kann sich sehr schnell wieder auf der Bank finden. Wenn du aber ein positives Mindset hast und weißt, dass du deine Chance aufgrund deiner Qualität bekommen wirst, wirst du für die harte Arbeit auch belohnt.

Haben Sie in dieser Phase keinerlei Anzeichen von Nervosität oder Unruhe in Ihnen gespürt?

Es macht mich sehr stark, auch in solchen Situationen ruhig zu bleiben. Ich kann gewisse Dinge gut akzeptieren und schlucken. Man muss dann sein Ego zur Seite stellen, weil das Team das Wichtigste im Fußball ist. Mit so einer Einstellung kann man sehr viele Erfolge feiern und ich wusste auch, dass ich in dieser Phase ein Vorbild sein muss und mit meiner Dynamik, meiner Zweikampfstärke und Ausstrahlung Verantwortung übernehmen wollte.

Man hört bei Ihnen den durchgemachten Reifeprozess durchs Gespräch heraus.

Ich weiß natürlich, wo meine Schwächen sind und will mich da weiter verbessern. Im Moment ist es sehr gut und ich versuche jede Spielminuten, die ich bekomme, zu genießen. Ich bin doch schon länger im Geschäft, feiere bald in der Bundesliga meinen Hunderter und versuche da mit meiner gesammelten Erfahrungen, das Beste daraus zu machen. Das Wichtigste ist, Spaß am Kicken zu haben.

Im kommenden Spiel wartet der Wolfsberger AC mit Ihrem Ex-Coach Manfred Schmid. Was stimmt Sie zuversichtlich, die positive Serie auch nach der Länderspielpause fortführen zu können?

Gerade läuft es bei uns sehr gut, aber man darf sich nicht darauf ausruhen. Nur weil wir zuletzt viel gute Spiele und gegen Salzburg das vielleicht beste Spiel in dieser Saison abgeliefert haben, dürfen wir den WAC nicht auf die leichte Schulter nehmen. Gegen die Wolfsberger geht es um drei sehr wichtige Punkte und danach haben wir weitere wichtige Spiele, die wir alle positiv bestreiten möchten.

Interview: Maximilian Augustin

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