Aus Bremens Trainingslager in Belek berichtet Hans-Günter Klemm
Sein Tor ist noch in frischer Erinnerung. Um seine Auswechselung hatte er gebeten, weil seine Kräfte schwanden. Der Austausch wurde schon vorbereitet. Da sprintete Lorenzen, der bullige Stürmertyp, der 86 Kilo auf die Waage bringt, los, bewies einen feinen Torriecher, überwand Nationaltorwart Ron Robert Zieler und erzielte mit einem sehenswerten Schlenzer ins Eck ein wichtiges Tor beim 3:3 gegen Hannover.
Lorenzen hatte sich bravourös zurückgemeldet. "Ich hatte eine lange Pause hinter mir", erinnert er sich. Ein Knorpelschaden im Kniegelenk führte zu einer einjährigen Zwangspause, Rückschläge beim Comeback inklusive. Einige Minuten hatte er erst bei der U 23 absolviert, bevor ihn Trainer Viktor Skripnik in der "Ersten" ausprobierte. Der Coach schenkte ihm das Vertrauen, wie vorher schon die Vereinsverantwortlichen bei dem Nord-Klub, was er lobend erwähnt: "In der Verletzungsphase haben sie meinen Vertrag verlängert." Dieser läuft nun bis 2017. Vereinbart ist, dass er sich im kommenden Sommer umwandelt – aus dem Amateur Lorenzen wird offiziell ein Lizenzspieler, einer der ambitionierten Jung-Profis, der sich bei Werder wohlfühlt. Genauer gesagt: im Jungbrunnen Werder.
"Skripnik hat keine Bedenken, auf junge Spieler zu bauen"
"Großartig", bemerkt er und meint den vermehrten Zugriff auf den Nachwuchs in letzter Zeit: "Damit hat wohl niemand gerechnet, dass so viele Spieler aus der U 23 eine Chance oben bekommen." Lorenzen ist das lebende Beispiel. Natürlich findet er den neuen Werder-Weg toll: "Einige Trainer haben schon mal Bedenken, auf junge Spieler zu bauen. Viktor Skripnik hat dies zum Glück nicht."
Der 20-Jährige will seine Chance nutzen. "Ich will mich verbessern, mich steigern nach meiner langen Pause." Dass er als Frischling dabei nicht in der Rolle ist, Forderungen zu stellen, ist ihm bewusst: "Ich bin nicht in der Lage, Druck auf den Trainer auszuüben."
"Irgendetwas stimmt bei den Dortmundern im Kopf nicht"
Nach seinem Blitzcomeback hofft er auf eine "faire Chance", wie der Stürmer sagt, der es auf vier Bundesliga-Einsätze bringt. Die erhöhte Belastung im Camp in der Türkei hat er schon verspürt, doch gut verkraftet. Zudem stellt er dies positiv heraus: "Und ich bin fit geblieben." Lorenzen, der mit U-19-Europameister Davie Selke um den Platz neben dem gesetzten Franco di Santo wetteifern wird, hat eine mehr als interessante Vita aufzuweisen. Seine Mutter ist Deutsche, sein Vater wurde in Uganda geboren, lebt nun in London. Der dunkelhäutige Spieler, der den Jahreswechsel mit seiner Freundin in Amsterdam verbrachte, besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit: "Ich fühle mich als Deutscher."
Dass Werder den Abstiegskampf erfolgreich besteht, darauf hofft der 1,88 Meter lange Angreifer, der im Übrigen diese These vertritt. Fußball sei reine Kopfsache, so Lorenzen, der zum überraschenden Konkurrenten im Tabellenkeller, der Dortmunder Borussia, diese interessante Meinung formuliert: "Irgendetwas stimmt bei den Dortmundern im Kopf nicht."