Bundesliga (D)

Machtkampf beim VfB: Ein Versprechen als Luftnummer

Nach dem Vogt-Konter

Machtkampf beim VfB: Ein Versprechen als Luftnummer

Im Machtkampf beim VfB Stuttgart sind weiterhin einige Fragen offen.

Im Machtkampf beim VfB Stuttgart sind weiterhin einige Fragen offen. IMAGO/Jan Huebner

Spätestens seit Donnerstagmorgen ist klar, dass es in der aktuellen - und ja noch sehr neuen - Konstellation beim VfB Stuttgart nicht weitergehen wird. Da nämlich stellten der amtierende Präsident des e.V., Claus Vogt, der seit Dienstagabend nicht mehr Aufsichtsratsvorsitzender der Profifußball-AG ist, und der Vereinsbeirat, ein Gremium, das die Kandidaten für die Präsidentenwahl im e.V. "castet", ob der jüngsten Ereignisse bei den Schwaben klar: "Mit der Entscheidung vom 12. März wird der Einfluss des e.V. im Aufsichtsrat deutlich geschwächt. So führt die neue Aufsichtsratsvorsitzende nun auch automatisch den Vorsitz des Präsidialausschusses und leitet nach der Satzung die Hauptversammlungen der VfB Stuttgart 1893 AG. Der Verein verliert nach unserer Auffassung wesentlichen Einfluss in vielen wichtigen Bereichen."

An jenem 12. März sägte der Aufsichtsrat der AG Vogt als seinen Vorsitzenden ab und installierte Tanja Gönner an seiner Spitze. Die zwar vom e.V. über die Hauptversammlung in das Kontrollgremium bestellt, allerdings keine durch die Mitgliederversammlung gewählte Repräsentantin des Vereins ist.

Was mit Blick auf die Stimmung in der organisierten VfB-Fanszene, die bereits zuletzt ihren Unmut über den Machtkampf mit Bannern deutlich machte, noch ein wichtiger Faktor werden könnte. Im Vorfeld der Ausgliederung beim VfB waren es vor allem die Ultras, die Bauchschmerzen mit der Rechtsform der AG äußerten. Sie dürfen sich nun in gewissem Maße bestätigt fühlen.

Ein Konflikt mit der 50+1-Regelung besteht insoweit nicht.

Lars Leuschner

Einen Verstoß gegen die 50+1-Regel erkennt Vereinsrechtsexperte Lars Leuschner in den abstrusen Vorgängen rund um den Bundesliga-Dritten allerdings nicht: "Ein Konflikt mit der 50+1-Regelung besteht insoweit nicht. Unabhängig von den Ereignissen rund um die Abwahl von Herrn Vogt liegt der entscheidende Einfluss nach wie vor beim e.V." Allerdings hebt der Osnabrücker Universitätsprofessor auch auf bestimmte Eigenheiten der AG-Rechtsform an: "Der Einfluss ist aufgrund der besonderen AG-Struktur nur stärker mediatisiert, als dies beispielsweise bei einer GmbH-Struktur der Fall wäre." Denn am Ende haben die gewählten e.V.-Repräsentanten keinen direkten Durchgriff in dieser Rechtsform, der Kern des VfB-Machtkampfs geht unabhängig von den handelnden Personen auch zurück auf die Wahl der AG als Form der Kapitalgesellschaft.

Zwar hätte, zu Ende gedacht, der e.V. über die AG-Hauptversammlung sogar die Option, "seine" Sitze im Aufsichtsrat neu zu besetzen. Sehr wahrscheinlich braucht es hierfür jedoch einen Präsidiumsbeschluss und auch dieses Gremium wirkt zerrissen. Denn dass das donnerstägliche Schreiben nicht von den weiteren Präsidiumsmitgliedern Rainer Adrion, der im Aufsichtsrat noch gegen Vogts Absetzung gestimmt hatte, und Christian Riethmüller unterzeichnet ist, legt die Vermutung nahe, dass der Präsident auch dort keinen Rückhalt mehr hat.

Riethmüller gibt keine Auskunft

Spannend wäre ohnehin die Frage nach Riethmüllers Stimmverhalten im Aufsichtsrat, schließlich war die Personalunion von e.V.-Präsident und AG-Aufsichtsratschef ein im Zuge der Ausgliederung 2017 gegebenes Versprechen. Eine Anfrage, ob die Gerüchte zutreffend seien, dass er 49-Jährige sich bei Vogts Abwahl enthalten und später für Gönner gestimmt habe, beantwortete Riethmüller bis dato nicht.

Allerdings hat auch Vogt die Kritik vieler Mitglieder auf sich gezogen und das liegt weniger an der donnerstäglichen Stellungnahme als vielmehr an seinem Handeln im Sommer. Da nämlich wurde den Aufsichtsräten einen Tag vor dem mit großem Tamtam verkündeten Einstieg der Porsche AG als weiterer Anteilseigner an der VfB-AG in aller Eile ein Papier zugestellt, das binnen kürzester Frist zu unterzeichnen sei. Dieses sah offenbar vor, den Aufsichtsratsvorsitz vom aktuellen Präsidenten zu entkoppeln. Was wiederum das Versprechen bricht, das die damaligen VfB-Funktionäre den Mitgliedern im Zuge der Ausgliederung gegeben hatten.

Jener Forderung sollen alle Räte stattgegeben haben, einzig Adrion und Beate Beck-Deharde, wie Gönner vom e.V. in das Kontrollgremium entsandt, widerriefen sie mittlerweile, als sich ein Puzzleteil ins andere fügte. Vogt fügte Bedingungen hinzu, etwa den finalen Vollzug des Porsche-Einstiegs und eine Information an die Mitglieder.

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Dass der 54-Jährige in diesem Zuge offenbar als einziger die Mitglieder zumindest hatte informieren wollen, rechnen ihm seine Anhänger positiv an. Nichtsdestotrotz hätten alle Räte und natürlich zuvorderst Vogt jenen Sachverhalt sofort transparent machen müssen, weil eine derartige Forderung - unabhängig von wem sie kommt - das Versprechen von 2017 konterkariert.

Die Frage ist, was dann passiert wäre. Hätten die Beteiligten das "Württembergische Weltmarkenbündnis", so wurde es im Juni 2023 noch stolz verkündet, aus Mercedes-Benz, Porsche und MHP, das über mehrere Jahre und Tranchen ein Sponsoring- und Beteiligungsvolumen von rund 100 Millionen Euro einbringt, platzen lassen? Wenn ja, hätte dies den VfB finanziell vor womöglich unlösbare Aufgaben gestellt. Man darf davon ausgehen, dass den handelnden Personen bei Investoren und Sponsoren die Finanzlage des darbenden Bundesligisten halbwegs bekannt war und insofern mögliche Hebel zumindest bewusst.

Forderung des Aufsichtsratsvorsitz'? Porsche dementiert

Pikant las sich vor diesem Hintergrund ein Artikel von Business Insider, der etwa zwei Wochen vor der Eskalation an diesem Dienstag erschienen war. Demnach hatte Porsche den Aufsichtsratsvorsitz gefordert und zwar in Person von Vize-Vorstand Lutz Meschke, mittlerweile einfacher Aufsichtsrat beim VfB. Der Sportwagenbauer dementierte umgehend: "Nach intensiven Gesprächen mit Claus Vogt und den Mitgliedern des Aufsichtsrates möchte Porsche - wie von Claus Vogt zugesagt - einen Neuanfang im Aufsichtsrat mit einem neuen AR-Vorsitzenden, der idealerweise aus dem Kreis der vom e.V. gestellten AR-Mitglieder stammen sollte. Porsche strebt die Übernahme des AR-Vorsitzes nicht an."

Am Donnerstag allerdings zitierte erneut Business Insider aus einem Schreiben des Vereinsbeirats vom 27. Februar. Darin heißt es, dass das Gremium von einer Porsche-Forderung nach dem Aufsichtsratsvorsitz konfrontiert worden sei. Was aber steht wirklich in der Vereinbarung aus dem Sommer, die die Räte unterzeichnet haben? Hierüber gehen die Angaben weiter auseinander. Die einen reden vom Vorbehalt des Vorsitzes für den neuen Anteilseigner, andere wiederum von einem Bestimmrecht über den Vorsitz - was das Erstere nicht ausschließt. Beides verstieße gegen das 2017er-Versprechen, das sich mehr und mehr als Luftnummer entpuppt.

Benni Hofmann

V.li. Maximilian Mittelstädt (VfB) , Trainer Sebastian Hoeneß (VfB) . Fussball: 1. Bundesliga : Saison 23 24: VfB Stuttgart -Borussia Dortmund, Fussball Bundesliga, 11.11.2023. *** V li Maximilian Mittelstädt VfB , Coach Sebastian Hoeneß VfB Sport Soccer 1 Bundesliga Season 23 24 VfB Stuttgart Borussia Dortmund, Soccer Bundesliga, 11 11 2023

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