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Afrika-Cup 2024: Das Ende von Senegals Goldener Generation?

Camara kann vor Trauer nicht mehr laufen

Manés Eingeständnis: Das Ende von Senegals Goldener Generation?

Die letzte Chance auf einen großen Titel verstrichen? Sadio Mané nach Abpfiff in Yamoussoukro.

Die letzte Chance auf einen großen Titel verstrichen? Sadio Mané nach Abpfiff in Yamoussoukro. picture alliance / empics

Aus Abidjan berichtet Michael Bächle

In seinem letzten Schuss lag schon jede Menge Enttäuschung und eine Prise Abschied. Humorlos hatte Sadio Mané als letzter Schütze Senegals den Ball in die Maschen gezimmert - wohlwissend, dass das Weiterkommen nicht mehr auf seinem Fuß lag, sondern auf dem von Franck Kessié, einem der sichersten Elfmeterschützen des Kontinents.

Ein paar Minuten später musste der Ex-Bayern-Star vor den Journalisten in der Mixed Zone zugeben: "Wir haben alles gegeben, aber die bessere Mannschaft hat gewonnen." Ein weitreichendes Eingeständnis, herrschte doch bis Montagabend in Afrika die Meinung vor: Dieses senegalesische Team sollte eigentlich nicht schlagbar sein, wenn es alles gibt. Als einzige Mannschaft des Turniers war der Titelverteidiger mit drei Siegen aus drei Spielen durch die Gruppenphase marschiert, dort durchweg wie ein Spitzenteam aufgetreten.

Mitspieler muss weinenden Camara vom Platz tragen

Am Montag aber nicht. Nach dem frühen Führungstor zog sich der große Favorit gegen die Elfenbeinküste weit zurück, wurde passiv und ließ die gewohnte Mittelfelddominanz vermissen. "Wir haben nach dem Tor aufgehört zu spielen", stellte Coach Aliou Cissé auf der Pressekonferenz unmissverständlich fest. "Wir haben den Faden verloren und ich kann nicht erklären, warum. Man kann nicht 85 Minuten lang verwalten. Wir haben uns das Spiel selbst schwer gemacht. 2022 waren wir glücklich, heute sind wir traurig."

Niemand verkörperte diese Trauer mehr als Lamine Camara. Der 20 Jahre alte Mittelfeldspieler, zum besten jungen Spieler der Gruppenphase gekürt, lag nach dem Schlusspfiff hemmungslos weinend auf dem Rasen in Yamoussoukro, war so aufgelöst, dass er nicht einmal mehr selbst in die Kabine laufen konnte. Schließlich trug ihn sein 20 Zentimeter größerer Teamkollege Cheikhou Kouyaté aus dem Innenraum, als wäre Camara sein auf dem Rücksitz eingeschlafenes Kind.

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Camara, der beim Triumph 2022 noch nicht dabei war, wird wohl noch ein paar Afrika-Cups spielen - aber vielleicht keinen mehr als Teil dieser Goldenen Generation. Die jahrelange Achse um Torhüter Edouard Mendy, Abwehrchef Kalidou Koulibaly, Antreiber Idrissa Gueye und Vollstrecker Mané befindet sich jenseits der 30. Bis auf Gueye - der bei diesem Afrika-Cup schon nicht mehr erste Wahl war - spielen alle nicht mehr in einer europäischen Top-Liga, sondern in Saudi-Arabien.

AFRIKA-CUP, ACHTELFINALE

Zwar könnte der in Metz spielende Camara gemeinsam mit seinem nur ein Jahr älteren Nebenmann Pape Sarr von den Tottenham Hotspur eine neue Ära beginnen - aber die Vergangenheit zeigt an vielen Beispielen: Über Jahre hinweg dominierende Mannschaften gibt es im ausgeglichenen afrikanischen Fußball quasi nicht mehr. Zuletzt erreichte beim Afrika-Cup 2010 der amtierende Titelverteidiger überhaupt das Viertelfinale. Wer ein Team mit derart vielen Ausnahmespielern zusammen hat, der sollte lieber Trophäen gewinnen, solange es noch geht. Für den Senegal könnte sich das Fenster geschlossen haben.