Bundesliga

Manfred Schmids Taktik-Kniffe: "Ich war nicht umsonst jahrelang Videoanalyst"

Erster Punkt gegen RB Salzburg?

Manfred Schmids Taktik-Kniffe: "Ich war nicht umsonst jahrelang Videoanalyst"

Manfred Schmid will endlich die ersten Punkte gegen Salzburg.

Manfred Schmid will endlich die ersten Punkte gegen Salzburg. GEPA pictures

Manfred Schmid braucht für gewöhnlich nicht lange, um Probleme, vor die seine Mannschaft gestellt wird, zu lösen. Bestes Beispiel: die knappe und "unnötige" (Schmid) 0:1-Heimniederlage gegen Villarreal, nachdem es auswärts noch ein 0:5-Debakel gesetzt hatte. Selbst Starcoach Unai Emery attestierte nach dem Spiel: "Das war ein ganz anderes Spiel als vor einer Woche, die Austria hat sich dazu entschieden, ganz anders zu spielen, viel geschlossener und auf Konter."

Bundesliga - 12. Spieltag

Aber auch in der Liga lassen sich die violetten Lernerfolge an einigen Ergebnissen ablesen: Hat die Austria in der Ära Schmid gegen den WAC und Ried ihr jeweils erstes Spiel verloren, so hat sie von den nächsten sechs Spielen gegen diese beiden Teams fünf gewonnen und nur noch einmal die Punkte geteilt. Nur gegen Red Bull Salzburg steht Manfred Schmid auch nach fünf Duellen als Austria-Trainer noch gänzlich ohne Punkt da.

Taktik-Kniffe

Bei aller Überlegenheit, die man den Salzburgern zugestehen muss: das wurmt. "Natürlich. Deshalb ist es unser klares Ziel, dass wir das Spiel am Sonntag gewinnen wollen", will Schmid der Bullen-Serie ein Ende setzen. "Wir waren oft nahe dran, ich erinnere nur daran, wie unglücklich wir das letzte Heimspiel durch falsche Schiedsrichter-Entscheidungen verloren haben", bastelt er wieder an einem Coup.

Ob der Plan eine Fünferkette wie gegen Villarreal beinhaltet? "Jetzt muss ich einmal sehen, welche Spieler fit werden", lässt sich der Austria-Trainer noch nicht in die Karten blicken, verrät aber die Geschichte der speziellen Villarreal-Taktik: "Zum ersten Mal habe ich diese schon Peter (Stöger; Anm.) in Köln vorgeschlagen. In München gegen die Bayern. Die sind damals mit Robben, Lewandowski, Coman aufmarschiert. Wir haben durch ein Tor von Modeste ein 1:1 geholt und ihnen die ersten Punkte in der Saison (2016/17; Anm.) abgeknöpft. In den Medien hat’s geheißen, wie kann man nur so destruktiv spielen, aber wir hatten danach unseren Spaß am Oktoberfest."

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Und ein violettes Oktoberfest mit umfangreichem Programm (ab 13 Uhr) steht ja auch am Sonntag rund um die Generali Arena an. Der Zeitpunkt für ein Dacapo würde also passen. "Grundsätzlich glaube ich schon, dass das eine Stärke von mir ist, den Gegner genau zu studieren und dann einen Spielplan zu entwickeln. Ich war ja nicht umsonst jahrelang Videoanalyst", verrät Schmid seine Herangehensweise.

"Es ist so, dass ich mir überlege, wie ich glaube, dass wir spielen sollen. Das bespreche ich dann mit meinem Trainerstaff und den Spielern und dann arbeiten wir daran. Oft höre ich aber auch auf mein Bauchgefühl. Wie am vergangenen Sonntag beim Derby. Ich will nicht zu viel verraten, aber wenn ich nicht im letzten Moment auf mein Bauchgefühl gehört hätte, hätte die Aufstellung im Derby an einigen entscheidenden Stellen anders ausgeschaut."

Verblüffte Spieler

Gegen Villarreal zauberte der Austria-Trainer - aus der Personalnot heraus - Matteo Meisl und Manuel Polster aus dem Hut, die danach mit Lob überschüttet wurden. "Meisl und Polster haben ihre Sache wirklich sehr gut gemacht, aber wenn wir mit Viererkette gespielt hätten, hätten auch sie mehr Probleme bekommen", weiß Schmid, wie gut sein System, obwohl erstmals mit diesem Personal praktiziert, funktioniert.

"Ich habe danach oft gehört, dass Villarreal nur mit halber Kraft gespielt hat. Die Wahrheit ist, wir haben ihnen die Räume so eng gemacht, dass sie uns nicht wie im Hinspiel mit Tempo anlaufen konnten." Das hat selbst bei einigen Spielern zu Überraschungseffekten geführt. "Trainer, so wenig laufen musste ich überhaupt noch nie", gestand Reinhold Ranftl beim Training am nächsten Tag. Und auch Aco Jukic war erleichtert, als ihm der Trainer noch während des Spiels flüsterte, dass er nicht jedem Ball nachjagen, sondern einfach die Passwege zustellen müsse.

Müdigkeits-Dialoge

Anders als viele seiner Trainerkollegen jammert Manfred Schmid auch nie über die Doppel-Belastung. "Es ist kaum möglich, Spieler zu schonen oder zu rotieren, trotzdem haben wir es bis jetzt gut hinbekommen, von Donnerstag auf Sonntag gute Leistungen zu bringen. Und ich habe nicht das Gefühl, dass die Spieler schon am Limit sind."

Hat Schmid es einmal doch, weiß er sein Team aufzustacheln, verrät der Austria-Trainer seinen Dialog mit Matthias Braunöder: "Na ja Brauni, diesmal wird sich’s für Sonntag nicht ausgehen", fühlte er bei einem Training bei seinem Dauerläufer vor. "Wieso?", kam die erschrockene Antwort. "Na, du musst doch sicher müde sein." "Nein, Trainer, überhaupt nicht, das geht schon", war Braunöder schnell wieder frisch. Bei Manfred Fischer muss Schmid erst gar nicht so feinfühlig vorgehen -  Trainer: "Was ist, bist müde?" Fischer: "Tot, aber wenn du mich brauchst, bin ich da."

Ortlechner genervt

Dennoch gibt Schmid zu, dass schon Gefahr besteht. "Auf gewissen Positionen ist es nicht möglich zu rotieren. Dass wir in der Linksverteidigung und im zentralen Mittelfeld Personalprobleme haben, ist kein Geheimnis."

Dass der Kader für eine Europacup-Saison um ein paar Spieler zu klein ist, will Sportdirektor Manuel Ortlechner nicht eingestehen: "Es ist fast schon grenzwertig, vorgehalten zu bekommen, dass wir auf junge Talente setzen", reagiert er empfindlich auf die etwas ketzerische kicker-Frage. "Das Thema Linksverteidiger (das allerdings Manfred Schmid angesprochen hatte; Anm.) nervt mich mittlerweile auch ein bissl. Dass wir uns Gedanken machen, den Weg frei zu halten für ein eigenes Talent, bekommt man Wochen später vorgeworfen. Dass Baltaxa so lange ausfällt, war nicht abzusehen. Ich hatte einige Bänderrisse in meiner Karriere, die waren alle nach vier, fünf Wochen ausgeheilt." Baltaxa aber, der verletzt eingekauft wurde, hat seit seiner Verpflichtung im Juni genau 45 Minuten bei den Young Violets in den Beinen. Und seit der Verletzung von El Sheiwi fehlt eben ein Linksverteidiger.

Unverändert ist auch die Situation von Millionenstürmer Marko Raguz, der auch vier Monate nach seinem Wechsel noch am Comeback arbeitet. "Ich habe mit ihm ein Telefongespräch gehabt, wo er mir vermittelt hat, dass er versuchen wird, noch das eine oder andere Spiel zu machen", verriet Trainer Schmid, ließ aber auch wissen, dass er gleich abgewunken hat. "Das soll er gar nicht probieren, weil es viel zu risikoreich wäre, jetzt vielleicht ein Spiel zu machen und dann womöglich in der Vorbereitung zu fehlen." Während der Trainer also weiterhin gefragt sein wird, Kader-Defizite zu kaschieren, schwärmt Ortlechner vom nie versiegenden Nachschub: "Wir haben plötzlich Spieler am Schirm, wo viele gar nicht wussten, dass wir einen weiteren Polster bei der Austria haben. Deshalb verteidige ich gnadenlos diesen Weg, den wir im Sommer eingeschlagen haben."

Horst Hötsch

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