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Handball: VfL-Profi offenbart mentale Probleme

"Er ist ein Vorbild"

Mentale Probleme: Sofortiger Abgang bei VfL Lübeck-Schwartau

Örn Östenberg (r.) offenbart mentale Probleme.

Örn Östenberg (r.) offenbart mentale Probleme. IMAGO/pmk

Örn Vésteinsson Östenberg wird den VfL Lübeck-Schwartau im Sommer vorzeitig verlassen. Auch in den verbleibenden Saisonspielen wird Östenberg nicht mehr zum Einsatz kommen. Dieser Schritt erfolgt laut Klubangabgen "nach sorgfältiger Überlegung", denn der 25-jährige Isländer kämpft aktuell mit mentalen Problemen.

Östenberg wird sich aus diesem Grund in sein privates Umfeld zurückziehen. "Ich habe in meiner Zeit beim VfL leider viele Verletzungen gehabt. Diese haben es mir nicht einfach gemacht, meine Ziele als Handballer zu erreichen", schildert der Halblinke in einem ausführlichen Statement.

Lübeck-Profi will mit Tabu brechen

Ursprüngliche wollte er nach seiner Ankunft im Sommer "eine größere Rolle spielen" bei dem Zweitligisten spielen, das gelang jedoch nicht. "Es war lange unklar, wie es für mich als Handballer weitergehen würde. Seit ein paar Monaten kämpfe ich aus diesen Gründen mit mentalen Problemen", offenbart er.

Deswegen hat er sich nun dazu entschieden, seine Erkrankung öffentlich zu machen. "Als Profisportler arbeitet man 24 Stunden und sieben Tage die Woche. Der Fokus liegt ganz auf dem Sport. Wenn es dann sportlich nicht läuft, man von Verletzungen zurückgeworfen wird und man zudem im Ausland spielt, weit weg von der Familie und engen Freunden, kann es sehr schwierig werden", meint er und ergänzt, "ich möchte offen damit umgehen und anderen Profisportler*innen, denen es vielleicht genauso geht, sagen: Du bist nicht allein."

"Sehr mutig!" Lübeck unterstützt Östenberg

Der Verein unterschützt seinen Schützling, der ursprünglich bis 2025 einen Vertrag hat, in seinem Entschluss. "Örn’s Entscheidung verdient unsere höchste Anerkennung und Unterstützung. Es gehört viel Mut dazu, mentale Probleme öffentlich zu machen", sagt VfL-Trainer David Röhrig.

"Sehr mutig" findet diesen Schritt auch Anna-Lena Feller, die seit 2022 als Sportpsychologin in Lübeck arbeitet. "Mentale Gesundheitsprobleme sind in unserer Gesellschaft leider noch immer tabuisiert, dabei gibt es deutschlandweit und weltweit immer mehr Menschen, die davon betroffen sind. Viele dieser Probleme sind genau wie andere körperliche Erkrankungen oder Verletzungen heilbar, es ist nur ein anderer Weg und ein anderer Prozess", erklärt sie.

"Die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Spieler haben immer oberste Priorität. Ganz egal, ob mental oder körperlich", berichtet Geschäftsführer Daniel Pankofer und ergänzt, "wir werden unseren Spielern und allen Mitarbeitenden beim VfL auch in Zukunft die notwendige Unterstützung und Ressourcen zur Verfügung stellen, um ihre mentale Gesundheit zu fördern und zu erhalten."

VfL-Spieler als "Vorbild" für den Leistungssport

Diesen präventive Vorgehen des Zweitligisten lobt Feller. "Frühzeitiges Erkennen, Eingreifen und Unterstützung ist sehr wichtig. Spieler und Spielerinnen, die sich früh öffnen und um Unterstützung bitten, können die mentale Probleme früher behandeln lassen und haben bessere Heilungsmöglichkeiten", erläutert sie.

Auf dem Weg zur Besserung kann Östenberg eine wichtige Rolle einnehmen. "Seine Offenheit wird zweifellos vielen seiner Kolleg*innen im Sport Mut machen, nicht nur über die körperliche, sondern auch die mentale Gesundheit zu sprechen und Hilfe zu suchen", glaubt Pankofer, während Feller und Röhrig den Isländer als "Vorbild" loben.

"Es sollte unser Bewusstsein für die Wichtigkeit der mentalen Gesundheit im Profisport wecken. Das sollte und darf absolut kein Tabuthema sein", so der VfL-Trainer

PM Verein, red