Bundesliga

Mikic: "Warum habe ich es all diese Jahre in Kroatien versucht?"

Erfolgreicher Joker im Innviertel

Mikic: "Warum habe ich es all diese Jahre in Kroatien versucht?"

Leo Mikic war bisher als Joker äußerst erfolgreich. 

Leo Mikic war bisher als Joker äußerst erfolgreich.  GEPA pictures

Die SV Guntamatic Ried erlebte bisher ein turbulentes und sehr erfolgreiches Bundesliga-Halbjahr. Nach einem gelungenen Start unter Ex-Coach Andreas Heraf mit zehn Punkten aus den ersten sechs Spielen ging es auch nach dem gesundheitlichen Ausscheiden und der späteren Trennung vom 51-Jährigen unter Interimscoach Christian Heinle erfolgreich weiter. Am Ende des Herbstes stehen die Rieder mit 24 Zählern auf einem Meistergruppenplatz und wollen diesen auch unter Neo-Coach Robert Ibertsberger gerne halten.

Für Sommerneuzugang Leo Mikic, der nach zwei Jahren beim Kapfenberger SV den Sprung in die Bundesliga geschafft hat und in seinen ersten sechs Monaten im österreichischen Oberhaus vor allem als Joker zu überzeugen wusste, verlief der Start bei seinem neuen Verein zufriedenstellend. Im Interview mit dem kicker spricht der 24-jährige Offensivspieler über seine Anfangszeit in Ried, Erwartungen unter Robert Ibertsberger und warum er mit dem Schritt aus der kroatischen Heimat zu lange gewartet hat.

kicker: Herr Mikic, mit 24 Punkten steht die SV Ried nach 18 Runden auf dem sechsten Tabellenplatz und kämpft um einen Platz in der Meistergruppe. Wie erklären Sie sich diesen positiven Herbst?

Wir sind eine gute Mannschaft, sind immer bestens vorbereitet, analysieren jedes Match und in ein, zwei, drei Spielen war auch etwas Glück dabei. Das gehört dazu. Du spielst mutig, willst immer gewinnen und dann kommt das Glück auch automatisch. Es war wirklich eine gute Halbsaison, auf die wir stolz sein können.

Sie sind im Sommer nach zwei Jahren in der 2. Liga nach Ried gewechselt. Welche Schwierigkeiten haben Sie zunächst in der Bundesliga erlebt?

Am Anfang war es schwer für mich, weil es doch ein Level höher ist als zuvor. Ich bin aus der 2. Liga gekommen und da hat man am Anfang natürlich seine Schwierigkeiten. Nach eineinhalb, zwei Monaten passt man sich aber an das Niveau an und dann fällt einem alles leichter. Zu Beginn war das Tempo für mich schon hoch, besonders wenn du die ersten Spiele von der Bank aus in die Partie kommst. Da bist du nach zwei, drei Aktionen schon tot (lacht). Nach ein paar Spielminuten kommt man da aber besser rein. Jetzt fühle ich mich körperlich fit und bin bereit für die kommenden Spiele.

Mit vier Toren in 17 Spielen sind Sie mit Ante Bajic gemeinsam der zweitbeste Torschütze Ihres Teams. Wie würden Sie ihre erste Halbsaison in der Bundesliga bilanzieren?

Ich bin sehr zufrieden. Wenn man aus der 2. Liga kommt und man macht solche Tore, darunter auch drei entscheidende Treffer, durch die wir Punkte gesammelt haben, dann ist man natürlich sehr glücklich. Aber ich will Stammspieler sein, ich arbeite deshalb noch mehr und dann schauen wir, was rauskommt. Bislang bin ich sehr zufrieden.

Drei Ihrer vier Bundesligatore haben Sie als Joker erzielt, zuletzt waren Sie nach Ihrer Einwechslung auch beim 2:0-Cupsieg gegen Austria Klagenfurt erfolgreich. Sie zählen damit zu den gefährlichsten Spielern in dieser Hinsicht. Woran liegt das?

Es passiert einfach (lacht). Ich komme rein, habe den ersten Ballkontakt und erziele gleich ein Tor. Das ist natürlich super. Nach diesen Toren war ich voller Selbstvertrauen und wollte in den kommenden Spielen unbedingt von Anfang an spielen. Der Trainer, glaube ich, wollte mich aber wohl wieder von der Bank bringen, sodass ich wieder als Joker die Tore schieße. Das funktioniert ja bisher sehr gut (lacht). Da war ich schon ein bisschen unzufrieden, weil ich nach diesen Toren in der Startelf stehen wollte, aber ich bin Profi, der Trainer entscheidet und ich muss das akzeptieren. Wenn ich reinkomme, versuche ich immer alles zu geben und Gott sei Dank passieren diese Tore, sodass ich der Mannschaft helfen kann.

Ihr erstes Bundesligator haben Sie ausgerechnet beim 3:3-Heimremis nach 0:3-Rückstand gegen den WAC geschossen. Wie haben Sie diese Partie damals erlebt? So etwas bleibt doch mit Sicherheit in Erinnerung.

Das war wirklich ein verrücktes Spiel und in diesem Match habe ich sehr gut gespielt. Nicht nur wegen des Tores, sondern ich war über das gesamte Spiel gesehen super in der Partie. Mein erstes Bundesligator, noch dazu ein wichtiges, in unserem Stadion vor diesen Fans zu erzielen, war einfach unglaublich. Das ist eine Erinnerung für das ganze Leben. Das war ganz besonders, weil bei meinen früheren Vereinen nicht so viele Fans im Stadion waren. Daher war das überragend für mich.

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Unter Andreas Heraf fanden Sie sich damals ein paar Mal in der Startelf wieder, nach dem Wechsel zu Christian Heinle waren Sie kein einziges Mal mehr in der Anfangsformation. Wie schwierig war für Sie die Situation nach dem Trainerwechsel?

Unter Andreas Heraf habe ich mehr von Anfang an gespielt als unter Christian Heinle, wo ich wieder mehr die Rolle des Jokers eingenommen habe. Ich war aber mit beiden Rollen zufrieden, weil wenn du Tore schießt und Spiele entscheidest, bist du am Ende glücklich, egal wie viel du gespielt hast. Natürlich wollte ich mehr Minuten machen, deswegen war ich in diesem Moment auch ein bisschen frustriert. Beim nächsten Match verfliegt das dann aber wieder, weil du die volle Konzentration auf den neuen Gegner legst.

Mit Robert Ibertsberger haben Sie bereits den dritten Coach in dieser Saison. Wie schwierig ist es, sich immer wieder auf einen neuen Trainer in so kurzer Zeit einstellen zu müssen?

Als Spieler kann man da nicht viel machen. Wenn ein neuer Trainer kommt, musst du das akzeptieren, dich adaptieren und immer 100 Prozent geben. Jetzt mit dem neuen Trainer beginnt jeder wieder neu, jeder kämpft um seine Position. Das ist aber auch nicht so schlecht, weil jeder dadurch ständig gefordert ist.

Ihr Neo-Coach will "schneller nach vorne spielen und gegen den Ball etwas höher attackieren." Wie sehr kommt Ihnen der neue Spielstil entgegen?

Die Philosophie vom neuen Trainer ist etwas anders als die seiner Vorgänger. Ich finde sie aber wirklich gut. Wir trainieren viel taktischer und die Trainings sind etwas anstrengender. Das ist auch gut, weil wir dann körperlich gut vorbereitet sind. Dadurch, dass wir etwas offensiver agieren, kommt das auch mir entgegen. Unter Heinle und Heraf war das System doch defensiver und das jetzige passt besser zu meinem Spielstil. Ich freue mich auf die weiteren Spiele.

Warum habe ich es früher all diese Jahre in Kroatien versucht, wenn es hier in Österreich mit der Profikarriere in eineinhalb, zwei Jahren klappt?

Leo Mikic

Sie sind vor etwas mehr als drei Jahren in die fünfte Liga zum FC Lustenau gewechselt. Nun spielen Sie bereits in der Bundesliga. Sie sind manchmal selbst überrascht, dass es dann so schnell ging?

Das ist ein Wahnsinn. Mit 16, 17 Jahren habe ich mich in Kroatien für Fußball entschieden, habe die Schule nicht weitergemacht, sondern den vollen Fokus auf den Sport gelegt. Dann habe ich zwei, drei Jahre in meiner Heimat versucht, Profi zu werden, aber in Kroatien ist es ein bisschen schwieriger als hier. Einmal habe ich es sogar zu Dynamo Zagreb in den Nachwuchs geschafft, dann war ich bei einem weiteren Verein aus Zagreb in der 2. Liga. Ich weiß zwar nicht warum, aber das hat bei beiden Klubs leider nicht geklappt. Als die Chance kam, nach Österreich zu wechseln. habe ich in der dritten kroatischen Liga gespielt.

Der Wechsel aus Kroatien nach Lustenau ist ein etwas ungewöhnlicher Schritt. Wie kam das damals zustande?

Ein Freund von mir hat damals dort gespielt und sie brauchten einen Offensivspieler. Er hat mich kontaktiert und mit dem Verein alles geklärt. Als Interesse bestanden hat, habe ich zu mir gesagt: Warum nicht? Was kann ich verlieren? Nach Kroatien kann ich immer zurückkommen. Im Endeffekt war das wohl die beste Karriereentscheidung.

In Lustenau erzielten Sie dann 38 Tore in 43 Spielen und konnten so auf sich aufmerksam machen.

Als ich mich entschieden habe, in die Landesliga zu gehen, herrschte zunächst viel Unverständnis und alle meinten, dass ich damit zwei Schritte zurück mache. In Wahrheit habe ich dort aber zwei nach vorne gemacht. Diese Saison bei Lustenau war ein Wahnsinn. Ich habe gut gespielt, sehr viele Tore geschossen und dadurch habe ich das Interesse bei Vereinen aus der 2. Liga geweckt, bis ich mich zum Wechsel nach Kapfenberg entschieden habe. Dort habe ich auch gut performt, ein paar Tore erzielt und dann ging es nach Ried weiter. Das ist alles so schnell passiert, sodass ich mich oft gefragt habe: Warum habe ich es früher all diese Jahre in Kroatien versucht, wenn es hier in Österreich mit der Profikarriere in eineinhalb, zwei Jahren klappt? (lacht)

Nun sind Sie in der Bundesliga angekommen und kämpfen mit Ihrem Team um einen Platz in der Meistergruppe. Welche Chancen rechnen Sie sich aus, das auch zu schaffen?

Es gibt in der Hinsicht überhaupt keinen Druck und keinen Stress im Verein. Wenn uns das am Ende gelingt, wäre es ein Bonus. Natürlich wollen wir das schaffen und wir arbeiten hart dafür, aber wenn es nicht passiert, wäre das auch nicht so tragisch. Es erwarten uns doch noch vier schwierige Spiele, aber wir kämpfen gegen jeden und dann schauen wir, was dabei rauskommt.

Interview: Maximilian Augustin