Bundesliga (D)

"Jahr des Schiris": Mit Petersen und Stach gegen das Image-Problem

Auftaktveranstaltung zum "Jahr der Schiris"

Mit Petersen und Stach gegen das Image-Problem

Der Freiburger Nils Petersen (l.) und der Mainzer Anton Stach werden ein Bezirksligaspiel leiten.

Der Freiburger Nils Petersen (l.) und der Mainzer Anton Stach werden ein Bezirksligaspiel leiten.

Freiburgs Nils Petersen hat sich schon eine Checkliste ausgedruckt, schließlich will der 34-jährige seine bisherige Erfahrung als Schiedsrichter nicht wiederholen. Als Jugendlicher musste er ein F-Jugendspiel leiten, weil kein Unparteiischer zur Verfügung stand. Damals hatte Petersen nicht mal eine Uhr zur Hand und pfiff ab, als die Zuschauer begannen, sich zu beschweren. Auch der Mainzer Anton Stach will sich mit der Materie noch einmal genauer vertraut machen, bevor es am Samstag um 15 Uhr ernst wird für das Duo, das sich bei in der Bezirksliga Rheinhessen bei der Leitung des Spiels zwischen dem VfR Nierstein und TSV Mommenheim abwechselt.

"Die Zahl der Schiedsrichter ist innerhalb von zehn Jahren von 70.000 auf 50.500 gesunken", sagt DFB-Abteilungsleiterin Moiken Wolk. Umfragen förderten ein deutliches Imageproblem zutage. Wolk spricht von fehlender Wertschätzung und Respektlosigkeit. In der Saison 2021/2022 sind in Deutschland 911 Fußballspiele aufgrund von Gewalt- oder Diskriminierungsvorfällen abgebrochen worden.

Die wahren Helden pfeifen im Amateurfußball

Deniz Aytekin

"Die wahren Helden pfeifen im Amateurfußball", erklärt Aytekin, der zu seinen Anfangszeiten selbst erlebt hat, wie schlimm es dort zugehen kann. "Nach einem 15:1 in einem Bezirksligaspiel wurde ich nach dem Abpfiff von einem Spieler getreten. Verbale Angriffe sind schon furchtbar, vor allem in den unteren Ligen, wo man seinem Gegenüber ins Gesicht schaut. Körperlich attackiert zu werden, ist noch viel schlimmer", beschreibt der heute 44-Jährige sein schrecklichstes Erlebnis als Unparteiischer. Damit will er Petersen und Stach keineswegs in Angst und Schrecken versetzen, der Bundesligareferee ist überzeugt, dass die Bezirksligakicker den Bundesligaprofis viel Respekt entgegenbringen werden und das Duo "seine Sache gut machen wird, weil beide sehr kommunikativ sind".

Die Aktion in Nierstein läutet eine Phase ein, die bis Jahresende mit verschiedenen kleineren und größeren Maßnahmen, vor allem mithilfe der Bezirke, Kreise und lokalen Schiri-Gruppen, das Thema Schiedsrichter öffentlich in den Mittelpunkt rücken soll. "Ziel ist es, einen Diskurs anzustoßen, stärker zu sensibilisieren und in allen Bereichen ein höheres Verantwortungsbewusstsein für das Thema zu schaffen.

DFB-Vizepräsident Zimmermann: Schiedsrichter sind "integraler Bestandteil des Spiels"

Vor allem die Vereine müssen endlich erkennen, dass sie sich um die Schiris kümmern müssen und dies nicht allein Sache der Verbände ist", wird Ronny Zimmermann, 1. DFB-Vizepräsident Amateure, in einer DFB-Mitteilung zitiert. "Wir sind nicht blauäugig. Wir werden die Welt nicht in wenigen Monaten komplett verändern können bei einer Problemstellung, die schon länger besteht. Aber es soll ein erster wichtiger Schritt sein, die Schiris enger in die Fußballfamilie zu integrieren und auch in der gelebten Praxis als das zu begreifen, was sie sind: integraler Bestandteil des Spiels, unverzichtbarer Partner für Spieler und Trainer, wichtige Mitglieder der Vereine. Der Ansatz ist dabei konsequent konstruktiv. Es soll nicht mehr heißen: Warum tust du dir das an? Sondern: Darum ist es cool, Schiri zu sein."

Michael Ebert