Qualifikation

"Noch 180 Minuten": Italien und das große Zittern - schon wieder

Nationaltrainer Spalletti nominiert zwei Neue und geht in die Offensive

"Noch 180 Minuten": Italien und das große Zittern - schon wieder

Soll den Titelverteidiger zur EM nach Deutschland führen: Italiens neuer Nationaltrainer Luciano Spalletti.

Soll den Titelverteidiger zur EM nach Deutschland führen: Italiens neuer Nationaltrainer Luciano Spalletti. IMAGO/Cover-Images

Es ist schon erstaunlich: Die große Fußballnation Italien erlebt parallel zum DFB-Team schwere Zeiten. Denn während die Deutschen sowohl 2018 in Russland als auch 2022 in Katar schon in der Vorrunde scheiterten, hatte es die Squadra Azzurra nicht mal zu den Endturnieren geschafft.

Jeweils in der Qualifikation war den Italienern ein Stoppschild in den Weg gerammt worden. Erst von Schweden beim tränenreichen Karriereende von Gianluigi Buffon, der damit seine sechste WM verpasst und zugleich sein Karriereende verkündet hatte. Dann im letzten Jahr in den Play-offs von Nordmazedonien, das in Palermo kurz vor der bevorstehenden Verlängerung die gesamte Nation geschockt hatte: Tor von Aleksandar Trajkovski in der zweiten Minute der Nachspielzeit - und die Azzurri waren erneut ohne WM-Ticket abgewiesen worden.

Die Trainer bei beiden Nackenschlägen: Gian Piero Ventura und Roberto Mancini, der in diesem Jahr überraschend seinen Rücktritt verkündete, eine kurze Schlammschacht mit initiiert hatte, nach Saudi-Arabien gegangen und schließlich durch den jetzigen Hoffnungsträger Luciano Spalletti ersetzt worden war.

WM, WM, EM? Der Dreierpack droht

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Nun also große Anspannung in der EM-Qualifikation (Federico Chiesa: "Wir sind Italien, wir müssen uns qualifizieren") , wo es eine Parallele zu den beiden gescheiterten WM-Teilnahmen und einen Unterschied gibt.

Die Parallele: Wie schon gegen Schweden 2017 und Nordmazedonien 2022 haben es die Italiener selbst in der Hand. Vor den beiden finalen Duellen mit Nordmazedonien am Freitag (20.45 Uhr, LIVE! bei kicker) und der Ukraine (Montag, 20.45 Uhr) rangiert die Squadra Azzurra mit zehn Punkten zwar momentan nur auf Platz 3 hinter dem bereits qualifizierten England (16 Zähler) und der Ukraine (13), hat allerdings noch ein Spiel mehr zu absolvieren. Die einfache Rechnung lautet deshalb: Gewinnen Gianluigi Donnarumma (PSG), Nicolo Barella (Inter) & Co. beide Partien, sind sie bei der in Deutschland vom 14. Juni bis 14. Juli 2024 steigenden Europameisterschaft definitiv am Start. Selbst weniger würde reichen - dazu gleich mehr.

Der Unterschied: Im Grunde hat Italien nun noch mehr zu verlieren. Denn sollte auch das dritte große Turnier in den letzten sechs Jahren verpasst werden, dürfte der Hohn und Spott nur noch größer werden - schließlich sind die Azzurri Titelverteidiger!

Zur Erinnerung: Inmitten der sportlichen Negativschlagzeilen der vergangenen Jahre hatte sich die Truppe um den damaligen Nationalcoach Mancini nach einem starken Turnier 2021 (ein Jahr wegen Corona nach hinten verschoben) durch ein 3:2 im Elfmeterschießen gegen England zum Champion gekrönt. Und mit Beinamen "Titelverteidiger" nach Deutschland zu fahren, genau das steht nun auf dem Spiel.

Keine "intensive Dunkelheit"

Dass es dabei erneut gegen "Angstgegner" Nordmazedonien (Platz 66 in der Weltrangliste, in vier Partien erst einen Sieg gelandet) geht, rundet die Ausgangslage passend ab - auch wenn hier noch nicht alles auf dem Spiel steht wie wenige Tage später gegen die Ukraine, gegen die es im Hinspiel ein 2:1 gegeben hat. Sollten die Italiener im römischen Olimpico am Freitagabend also gegen Nordmazedonien gewinnen, würden ihnen in der Folge ein Remis reichen. Gibt es dagegen eine Niederlage, braucht der zweimalige Europa- und viermalige Weltmeister dann auf jeden Fall einen Dreier, um das Ticket zu buchen.

Die Ukraine hat dabei eigentlich Heimrecht - wegen Russlands Krieg gegen das Nachbarland findet die Partie aber in Leverkusen statt.

So oder so: Auf Spalletti, der in der vorigen Saison nach 33 Jahren die SSC Neapel endlich zum langersehnten Meistertitel in der Serie A geführt hatte, und seiner Mannschaft lastet erheblicher Druck. Oder in den Worten der "Gazzetta dello Sport": "Noch 180 Minuten, bis wir das Schicksal Italiens kennen." Der 64-jährige Coach gibt sich im Trainingslager in Florenz aber trotzdem recht lässig. "Ein Sieg im ersten Spiel wäre im zweiten Spiel ein schöner Vorteil", kommentierte Spalletti die Lage lakonisch und spürt laut eigener Aussage nichts Schwerwiegendes: "Angst? Die treibt uns nur an!" So erkenne er auch keine "intensive Dunkelheit" vor den Aufgaben. Zumal notfalls im März nächsten Jahres noch der Umweg über die Play-offs in der Nations League als Chance bliebe. Drei Tickets sind hier noch zu vergeben.

Trotz der schwierigen Lage hat Spalletti für das Team auch zwei Neulinge nominiert: Andrea Colpani (24) aus Monza und Andrea Cambiaso (23) von Juventus Turin. Anker wie der verletzte Abwehrmann Alessandro Bastoni (24, Inter), der ebenfalls ausfallende und formstarke Mittelfeldspieler Manuel Locatelli (25) von Meisterschaftskandidat Juventus oder auch Ideengeber Sandro Tonali (23) fehlen dagegen - der Spurs-Profi ist für zehn Monate im Zuge des Wettskandals gesperrt worden.

Italiens Kader für die zwei Aufgaben in der EM-Qualifikation

Nicolo Zaniolo

Soll ebenfalls in den Wettskandal verwickelt sein, steht Italien aber zur Verfügung: Nicolo Zaniolo (Aston Villa). IMAGO/Sportimage

Tor: Gianluigi Donnarumma (Paris Saint-Germain), Ivan Provedel (Lazio), Guglielmo Vicario (Tottenham)

Abwehr: Francesco Acerbi (Inter), Cristiano Biraghi (Fiorentina), Alessandro Buongiorno (Torino, aktuell angeschlagen - Atalantas Marco Carnesecchi steht auf Abruf parat), Andrea Cambiaso (Juventus), Matteo Darmian (Inter), Giovanni di Lorenzo (Napoli), Federico Dimarco (Inter), Federico Gatti (Juventus), Manuel Lazzari (Lazio), Gianluca Mancini (Roma)

Mittelfeld: Nicolo Barella (Inter), Giacomo Bonaventura (Fiorentina), Andrea Colpani (Monza), Bryan Cristante (Roma), Davide Frattesi (Inter), Jorginho (Arsenal)

Angriff: Domenico Berardi (Sassuolo), Federico Chiesa (Juventus), Stephan El-Shaarawy (Roma), Moise Kean (Juventus), Matteo Politano (Napoli), Giacomo Raspadori (Napoli), Gianluca Scamacca (Atalanta), Nicolo Zaniolo (Aston Villa)

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