Portugals Nationalcoach Fernando Santos war nach dem 5:3-Sieg im Elfmeterschießen über Polen zu zwei Änderungen gezwungen, da William Carvalho seine zweite Gelbe Karte gesehen hatte und daher gesperrt aussetzen musste. Obendrein fiel auch Abwehrchef Pepe mit muskulären Problemen im Oberschenkel verletzungsbedingt aus. Bruno Alves und Danilo Pereira rückten daher ins Team. Wieder fit war dagegen Dortmunds Neuzugang Guerreiro, der auf der linken Abwehrseite Eliseu auf die Bank verdrängte.
Auch der walisische Nationaltrainer Chris Coleman musste nach dem 3:1-Erfolg über Belgien im Viertelfinale auf zwei Positionen umstellen. Denn der im Turnierverlauf als großer Aktivposten der Drachen aufgetretene Ramsey (kicker-Notenschnitt: 2,3) sowie Defensivspieler Davies mussten gelbgesperrt passen. Collins und King begannen neu.
Collins hält, Erikssons Pfeife schweigt
Die Portugiesen nahmen gegen abwartend agierende und erst ab der Mittelinie attackierende Waliser zu Beginn das Heft in die Hand. Glück hatte Wales in der 10. Minute, als Davies-Ersatz Collins nach einer Flanke von rechts im eigenen Strafraum den Arm um den Hals von Cristiano Ronaldo legte und diesen so entsprechend behinderte. Referee Jonas Eriksson ließ weiterspielen. Nach einer guten Viertelstunde hatte schließlich Portugal die erste Gelegenheit des Spiels: Joao Mario schoss nach Vorbeit Ronaldos flach knapp am Tor vorbei (16.).
Das Halbfinale im Überblick
Nach dem passiven Beginn wirkte die Gelegenheit der Iberer wie ein kleiner Weckruf für die Briten. Denn fortan suchte Wales, zumeist angetrieben von Bale, der sich die Bälle oftmals in der eigenen Hälfte holte, um sich mit hohem Tempo Richtung Tor aufzumachen, öfter die Offensive. Nach flach ausgeführter Ecke von links kam Bale im Strafraum frei zum Abschluss und verzog nur knapp (19.). Der Offensivstar von Real Madrid war es auch, der Keeper Rui Patricio mit einem Distanzschuss in der 23. Minute zum Eingreifen zwang.
Entscheidender Moment: Cristiano Ronaldo trifft zur Führung. Getty Images
Nach dem kurzen Auflackern von Offensivgeist der Coleman-Elf übernahm Portugal nach einer knappen halben Stunde wieder merklich die Initiative. Dank besserer technischer Fähigkeiten und flüssigerem Kombinationsspiel hatte die Seleçao mehr Spielanteile. Gegen die dicht gestaffelte walisische Defensive musste allerdings ein Distanzschuss für die nächste Torannäherung als Mittel herhalten (33., Adrien Silva). Weil den Portugiesen im weiteren Verlauf immer mehr der Mut für riskantere offensive Aktionen abging und auch Wales nur noch zaghaft nach vorne agierte, plätscherte das Spiel weitgehend ereignisarm der Halbzeit entgegen. Bis sich in der Cristiano Ronaldo in der 44. Minute - nach gelungener Vorarbeit von Adrien Silva auf der linken Seite - doch noch eine kleinere Kopfballchance bot.
Cristiano Ronaldo lässt sich nur zweimal bitten
Doch nach der noch vergebenen Gelegenheit kurz vor der Pause ließ sich Cristiano Ronaldo kein weiteres Mal bitten. Nach einem kurz ausgeführten Eckball flankte Guerreiro mit Effet an den Fünfmeterraum, wo der Torgarant von Real Madrid höher als Chester und alle andere Spieler sprang und wuchtig einköpfte (49.). Doch damit noch nicht genug: Wenige Minuten später tauchte Cristiano Ronaldo am Strafraumrand auf und bugsierte den Ball aus halbrechter Position flach scharf nach innen. Dort stand Nani frei und fälschte das Spielgerät bewusst mit rechts gegen den Lauf von Torhüter Hennessey ins Tor ab - 2:0 für Portugal (53.).
Die Vorentscheidung: Nani (M.) fälscht einen Schuss von CR7 (l.) zum 2:0 ab. Getty Images
Coleman reagierte und brachte mit Vokes für den defensiven Mittelfeldspieler Ledley einen zusätzlichen Angreifer (58.). Doch gegen die nun befreit wirkenden Portugiesen gab es nur selten ein Durchkommen für Wales. Stattdessen kam Cristiano Ronaldo einem dritten Treffer für die Iberer durch einen direkten Freistoß, der hauchdünn über die Querlatte strich, sehr nahe (63.). Kurz darauf ließ Hennessey einen leicht abgefälschten Schuss von Nani nach vorne abprallen, Joao Mario staubte allerdings knapp neben das Tor ab (65.).
Coleman erschöpfte sein Wechselkontingent danach schon früh, brachte mit Jonathan Williams statt Collins eine weitere Offensivkraft (68.) und stellte seine Formation auf ein offensives 4-4-2 um. Doch mehr als zwei wuchtige Distanzschuss von Bale, die Rui Patricio gut parierte, sprang für die Waliser nicht mehr heraus (77., 80.); auch wenn sich die Briten keinesfalls aufgaben und in der Schlussphase noch einmal das Tempo forcierten. Am Ende aber brachten die Portugiesen den Zwei-Tore-Vorsprung durchaus souverän ins Ziel und feierten so ihren zweiten Finaleinzug bei einem großen Turnier.
Portgual trifft damit im Finale am Sonntag (21 Uhr) auf den Gewinner des zweiten Halbfinals am Donnerstag (21 Uhr) zwischen Frankreich und Deutschland.