Bundesliga

Reinhold Ranftl: "Ich habe mit der Kritik nicht so gut umgehen können"

Außenverteidiger kehrte nach Österreich zurück

Reinhold Ranftl: "Ich habe mit der Kritik nicht so gut umgehen können"

Reinhold Ranftl findet in Wien langsam zu alter Form zurück.

Reinhold Ranftl findet in Wien langsam zu alter Form zurück. GEPA pictures

Mit 29 Jahren wagte Reinhold Ranftl vermeintlich spät erstmals den Schritt ins Ausland und heuerte beim damaligen Zweitligisten Schalke 04 an. Ging seine Verpflichtung im Sommer 2021 mit viel Euphorie einher, konnte der sechsfache Nationalspieler Österreichs diese mit seinen Leistungen am Platz nie so richtig rechtfertigen. "Am Anfang hatte ich eine unglaubliche Erwartungshaltung an mich selbst und die Fans auch an mich. Ich war sehr beliebt, habe es in der Vorbereitung ganz gut gemacht, aber es teilweise nicht auf den Platz bekommen, was ich mir vorgenommen habe", erklärt Ranftl im Gespräch mit dem kicker.

Bundesliga - 7. Spieltag

"Ich war zu verkopft, habe die Leichtigkeit einfach komplett verloren und vor allem auch den Spaß. Die Erfahrung, für Schalke zu spielen und zu erleben, welche Dimension das hat, war dennoch sehr wichtig. Was medial und rund um den Verein passiert - und auch die Menschen dort betrifft. Die leben den Verein und sind halt auch sehr hart zu dir, wenn du nicht so spielst, wie sie sich das vorstellen. Wenn man sich das zu Herzen nimmt, was über einen geschrieben wird - und das habe ich zu sehr gemacht - dann wird es nicht leicht. Das hat mich runtergezogen. Ich habe mit der Kritik nicht so gut umgehen können und dadurch komplett mein Selbstvertrauen verloren. Das war eine Abwärtsspirale, aus der ich aber sehr viel lernen konnte. Denn jetzt habe ich auch die andere Seite des Fußballs gesehen, wenn es mal nicht läuft und auch gemerkt, dass das in Deutschland eine komplett andere Fußballwelt ist", lässt Ranftl tief blicken.

Schalke-Zeit nicht nur negativ

Daher war ein weiteres Auslandsengagement für den Rechtsverteidiger nicht erstrebenswert: "Ich habe zwar sehr viel mitnehmen können, aber noch so ein Jahr wäre ganz schwer geworden. Vor allem mental hat es mich runtergezogen, wenn du Woche für Woche nur auf der Tribüne oder der Bank sitzt, denn ich will Fußball spielen und bin auch in einem gewissen Alter, wo ich das genießen will. Durch die schlechte Erfahrung war das Ausland daher kein Thema mehr für mich."

Es ist nicht selbstverständlich, für so einen Klub zu spielen. Viele träumen davon und ich habe es erlebt.

Reinhold Ranftl über seine Zeit auf Schalke

Auch wenn er es in Gelsenkirchen insgesamt auf nur 16 Pflichtspiele brachte, in denen ihm lediglich ein Assist gelang, blickt der Außenverteidiger dennoch nicht nur negativ auf sein kurzes Auslandsabenteuer zurück. Zwar kam er nach einem Spiel Anfang März in der vergangenen Saison schlussendlich nicht mehr für Schalke zum Einsatz, am Ende standen dennoch der Meistertitel und die Rückkehr in die Bundesliga zu Buche. Für Ranftl trotz seiner Reservistenrolle ein Gänsehautmoment: "Beim Heimspiel gegen St. Pauli, wo ich zwar nur auf der Tribüne war und wir aufgestiegen sind, war das unglaublich, vor 60.000 Zuschauern so etwas zu erleben. Ich habe ja auch meinen Teil dazu beigetragen, das kann mir keiner mehr nehmen. Ich bin zum zweiten Mal in meiner Karriere Meister geworden. Das sind Momente, die vergisst man niemals. Natürlich hatte es ein wenig einen negativen Beigeschmack, weil ich in der Rückrunde ganz wenig gespielt habe, aber das werde ich dennoch nie vergessen. Ich habe für Schalke 04 gespielt, das kann nicht jeder behaupten. Ich werde immer dankbar sein, dass ich dort spielen durfte. Es ist nicht selbstverständlich, für so einen Klub zu spielen. Viele träumen davon und ich habe es erlebt."

Doch das gehört nun der Vergangenheit an: Nachdem sowohl Verein als auch Spieler ihre Unzufriedenheit kommuniziert hatten, schloss sich Ranftl im Sommer der Wiener Austria an, wo er seitdem zum fixen Stammpersonal von Cheftrainer Manfred Schmid zählt und zuletzt beim 3:3-Remis gegen Austria Klagenfurt mit seinem ersten Treffer seit über einem Jahr wieder anschreiben konnte: "Es war so ein wunderschönes Gefühl, zu wissen, dass man es noch kann. Man zweifelt nach so einem Jahr schon und ich freue mich einfach riesig, weil ich immer hart gearbeitet habe, obwohl es nicht immer leicht war. Ich glaube, ein schöneres Tor hätte ich mir nicht wünschen können und ich bin auf einem guten Weg, zu alter Stärke zurückzufinden und meine Selbstverständlichkeit wieder ins Spiel zu kriegen. Das will ich Woche für Woche abrufen."

Ranftl: Austria hat sich am meisten bemüht

Mit seinem Start bei den Violetten aus der Bundeshauptstadt gibt sich Ranftl zufrieden, der beim Erzählen über seinen aktuellen Klub ins Schwärmen gerät: "Natürlich habe ich noch viel Luft nach oben. Ich bin noch nicht dort, wo ich schon einmal war, aber ich merke einfach, dass durch die vielen Spiele das Selbstvertrauen zurückkommt. Der Start war okay und ich spüre, dass das Feuer, das ich damals in Linz gehabt habe, wieder zurückkommt. Ich will jedes Spiel machen, bin fit und habe wieder den Biss in mir. Ich kann wieder auf dem Niveau spielen, auf dem ich schon gespielt habe und merke einen brutalen Rückhalt von der Mannschaft und des Trainers, die mir unheimlich vertrauen. Es fühlt sich nicht so an, als wäre ich erst zweieinhalb Monate hier, sondern schon viel länger. Es war mir auch wichtig, bei meinem neuen Verein das Gefühl zu haben, etwas wert zu sein."

Im Sommer hatte Ranftl zwar "mehrere Optionen", Interesse gab es unter anderem von Rapid („konkrete Gespräche hat es da nie gegeben“). Auch mit dem LASK unterhielt er sich kurz über eine Rückkehr nach Linz, wo er sechs sehr erfolgreiche Jahre erlebte und es zum Nationalspieler brachte. "Das war kurz Thema, aber es war dann relativ schnell klar, dass sie sich anderweitig umsehen und das habe ich akzeptiert", erklärt Ranftl. Am Ende konnte sich dann die Austria durchsetzen: "Letztendlich ist es die Austria geworden, weil ich das beste Gefühl hatte und gemerkt habe, dass sie mich am meisten wollen."

Die Top-Sommertransfers der österreichischen Bundesliga

Nun heißt seine Gegenwart Wien-Favoriten, wo er in einer sehr jungen Mannschaft, die in der vergangenen Saison mit Platz drei zu überraschen wusste, als routinierterer Spieler eine Führungsrolle einnimmt: "Am Anfang war es ein wenig komisch, weil ich nicht vor Selbstvertrauen gestrotzt habe und mit mir selbst zu kämpfen hatte, dass ich meine eigene Rolle wiederfinde. Es macht aber unglaublich Spaß, das sind alles super Jungs, die alle sehr viel Potential haben. Meine Rolle ist klar, ich muss und will der Führungsspieler sein. Ich bin jetzt 30 Jahre alt, habe viel gesehen, war bei der Nationalmannschaft dabei, jetzt auf Schalke bei einem riesigen Klub, wo ich richtig viel gelernt habe. Ich versuche, das den Jungs weiterzugeben und ihnen klarzumachen, dass das richtig cool ist, welche Möglichkeiten wir hier haben und mit welcher Ruhe wir hier arbeiten können. Das habe ich schon anders erlebt (lacht)."

Zu weit nach vorne zu schauen, bringt eh nichts. Ich versuche, das einfach zu genießen und weitere coole Momente zu erleben.

Reinhold Ranftl über seine Zukunft

Den Start mit seinem aktuellen Klub findet Ranftl in Ordnung. In der Liga ist die Bilanz mit jeweils zwei Siegen, zwei Unentschieden und zwei Niederlagen ausgeglichen, im ÖFB-Cup erreichte man im Gegensatz zum Vorjahr das Achtelfinale und im Europacup erwischte die Austria nach dem Aus in der Europa-League-Qualifikation in der Conference-League mit Villarreal, Hapoel Beer Sheva und dem polnischen Meister Lech Posen eine attraktive Gruppe.

Aktuell ist Ranftl unter Schmid eine fixe Größe. Auf Schalke läuft sein Vertrag zwar bis 2024, die Wiener Austria besitzt nach seiner Leihe allerdings eine Kaufoption. Ob er bei einer erfolgreichen Saison nochmal die Rückkehr nach Deutschland wagen würde, darauf will sich Ranftl nicht festlegen: "Das ist schwer, was ich jetzt darauf sage (lacht). Natürlich habe ich dort Vertrag, aber jeder weiß, wie meine Situation war und dass keiner wirklich zufrieden war.  Daher versuche ich jetzt, einfach Fußball zu spielen, Spaß zu haben und erfolgreich zu sein. Das ist das Wichtigste. Zu weit nach vorne zu schauen, bringt eh nichts. Ich versuche, das einfach zu genießen und weitere coole Momente zu erleben. Da hatte ich hier bereits einige, das gibt mir viel Kraft und was dann im nächsten Mai/Juni passiert, werden wir sehen. Ich bin auf jeden Fall sehr glücklich hier."

Hoffnung auf Überwintern im Europacup

Denn mit seiner Mannschaft hat er noch einige Ziele vor den Augen - und das, obwohl mit Marco Djuricin ein erfahrener Profi das Team kurz vor Transferschluss noch verlassen hat: "Das kam extrem überraschend. Die Verabschiedung war dann auch sehr emotional, weil der Marco die Austria lebt und liebt. Der Abgang tut schon weh, weil er immer für zehn bis 15 Tore gut ist, aber es ist für ihn eine Riesenchance und da müssen jetzt andere übernehmen."

Dennoch sieht Ranftl den Kader gut aufgestellt, um auch in diesem Jahr wieder für Furore am Verteilerkreis zu sorgen: "Wir sollten wieder unter die besten sechs kommen. Das ist unser Ziel als Mannschaft. Im Cup muss das Ziel sein, diesen zu gewinnen, sonst brauchen wir eh nicht mitspielen und in der Conference League ist der zweite Platz das große Ziel. Es wäre zwar vermessen zu sagen, wir schlagen Villarreal, vielleicht können wir ihnen im Heimspiel - wenn wir einen guten Tag erwischen - aber etwas wehtun. Auswärts wird das aber schon etwas anders. Wir sind jedenfalls gut vorbereitet und ich freue mich auf die kommenden Monate."

Maximilian Augustin