Bundesliga

Schicker: "Dass keine Österreicher mehr spielen, wird es bei Sturm nicht geben"

Sturms Sportdirektor erklärt sein Modell

Schicker: "Dass keine Österreicher mehr spielen, wird es bei Sturm nicht geben"

Andreas Schicker ist vom Sturm-Weg überzeugt.

Andreas Schicker ist vom Sturm-Weg überzeugt. GEPA pictures

Herr Schicker, das Spiel gegen Hartberg steht vor der Tür, dort tummeln sich einige Ex-Grazer, die meinen, dass es für Junge bei Sturm gerade nicht so einfach wäre. Würden Sie das unterschreiben?

Das muss man differenziert sehen. Bei Hartberg sprechen wir von zwei Spielern mit Sturm-Bezug. Bei Christoph Lang haben wir entschieden, seinen Vertrag zu verlängern, denken aber, dass eine weitere Leihe Sinn macht. Sie hat sich auch als guter Schritt für alle Seiten erwiesen. Christoph macht seine Sache ordentlich und war in allen zehn Spielen in der Startelf. Diese Spielzeit hätte er bei uns nicht bekommen. Es ist geplant, dass er im Sommer zurückkommt. Der andere, Paul Komposch, ist einen langen Weg mit uns gegangen. Als ich Sportdirektor geworden bin, hat ihn Chris Ilzer gleich in den Kader geholt. Nach drei Jahren haben wir gemeinsam beschlossen, getrennte Wege zu gehen, aber das heißt nicht, dass wir ihn nicht weiter intensiv verfolgen. Es freut mich, dass er gute Statistiken hat, das überrascht mich aber auch nicht, er war schon bei Sturm II in der 2. Liga super. Trotzdem wäre es bei uns sicher schwierig geworden, weil die Kampfmannschaft insgesamt eine gute Entwicklung genommen hat. Aber er ist für uns auch erfreulich, wenn unsere jungen Spieler anderswo ihren Weg machen und erfolgreich sind. Und man darf auch nicht vergessen, dass wir es geschafft haben, unsere zweite Mannschaft in die 2. Liga zu bringen, die eine gute Plattform für unsere jungen Spieler ist.

Bundesliga - 11. Spieltag

Der aktuelle Sturm-Kader umfasst sieben internationale U-21-Spieler, die schon zu Bundesliga-Einsätzen gekommen sind, aber mit Leon Grgic nur einen Österreicher.

Mit Luka Maric war einer unserer Spieler zuletzt immer in der österreichischen U 21 mit dabei, er musste nur im letzten Lehrgang aufgrund einer Zahn-OP passen. Mit Christoph Lang und Luca Kronberger sind außerdem Spieler des SK Sturm, die aktuell verliehen sind, ebenfalls im U-21-Team dabei bzw. auf Abruf. Außerdem stellen wir zahlreiche Spieler für die U 19 und U 18 Österreichs. Es stimmt jedoch, dass der Weg, mit internationalen Top-Talenten zu arbeiten, ein Weg ist, den wir bewusst gewählt haben. Das sind Spieler, die in Österreich nicht zu bekommen sind. Außerdem sind die Österreicher, die wir haben, potentielle A-Nationalspieler. Siehe Prass, Schnegg und Sarkaria. Dazu noch Gazibegovic, der hier aufgewachsen ist, sich aber für ein anderes Nationalteam entschieden hat.

Ist diese Abkürzung, internationale Talente zu verpflichten statt eigene auszubilden, notwendig, um schneller an Salzburg heranrücken zu können?

Mit Salzburg hat das nichts zu tun. Klar war es Ralf Rangnick, der 2012 diesen radikalen Wechsel nach Österreich gebracht hat, wofür wir alle dankbar sein müssen. Trotzdem gehen wir als Sturm unseren eigenen Weg, haben unsere eigene Ideen. Wir schauen einfach über die Grenzen hinaus, haben klare Scouting-Länder, wo es realistisch ist, diese Talente zu bekommen. Wir haben eine klare Struktur und immer die Augen offen, wir haben auch den österreichischen Markt immer im Blick. Dass keine Österreicher mehr spielen, wird es bei Sturm nicht geben. Man muss außerdem bedenken, dass absolute Identifikationsspieler wie Jon Gorenc Stankovic, Otar Kiteishvili oder Gregory Wüthrich für uns spielen. Die Heimat von Gorenc Stankovic ist eineinhalb Stunden entfernt, Wüthrich ist aus der Schweiz, aber die beiden verkörpern den Klub vielleicht mehr als andere.

Wüthrich und Stankovic sind aber eine andere Kategorie, gehören nicht zu den "Aktien".

Richtig. Wüthrich, Kiteishvili, Stankovic, Hierländer - das ist die Achse, die uns Stabilität und Kontinuität gibt. Das sind Führungsspieler, die sportlich vorangehen und den Erfolg denken und vorleben. Das sind Parameter, die ich bewerte. Der andere Weg ist, dass wir in junge, willige Spieler investieren und diese möglichst gewinnbringend verkaufen. Bis jetzt ist uns auch damit eine gute Stabilität gelungen, haben wir immer eine gute Mischung erwischt. Nur kaufen und verkaufen geht nicht. Die Fans müssen sich mit den Spielern schon auch identifizieren können.

Mit nur sechs Legionären hast du im internationalen Geschäft keine Chance, weil du den Kader in der Breite nicht so aufstellen kannst, dass er die nötige Qualität mitbringt - das ist die Realität.

Andreas Schicker

Haben Sie den Weg mit den internationalen Talenten von vornherein geplant oder ist er mit dem lukrativen Verkauf von Yeboah passiert?

Ich habe schon im Frühjahr 2020, als ich mein Konzept präsentiert habe, gesagt, dass wir mehr Spieler mit Verkaufspotential brauchen, dass wir internationale Top-Talente brauchen, die wir formen können, weil wir nur so erfolgreich sein werden. Sportlich und wirtschaftlich. Beides ist eingetreten, wir haben gute Spielerverkäufe getätigt, den Cup gewonnen und sind zum dritten Mal hintereinander in einer europäischen Gruppenphase. Letztes Jahr haben wir dann beschlossen, dass wir auf den Österreicher-Topf verzichten. Es hat sich gezeigt, dass das absolut richtig war.

Woran machen Sie das fest?

Wenn man sich die Tabelle anschaut - oder noch besser die Meistergruppe der vergangenen Saison, waren da alle vier Vereine drin, die auf den Österreicher-Topf verzichtet haben. Am Ende waren drei davon die Top drei. Ich bin der Meinung, wenn ein Österreicher gut ist, wird er sich durchsetzen, deshalb suchen wir da auch mit der Bundesliga das Gespräch, dass man dieses Instrument anpasst. Mit nur sechs Legionären hast du im internationalen Geschäft keine Chance, weil du den Kader in der Breite nicht so aufstellen kannst, dass er die nötige Qualität mitbringt - das ist die Realität. Bei Sturm haben wir jetzt fast eine 50:50-Aufteilung, also einen Kader mit 28 Spielern, von denen 15 Legionäre sind. Das ist gut so.

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Fließt Geld aus den Spielerverkäufen auch wieder in die Infrastruktur der Akademie?

Wir sind ja 51-Prozent-Teilhaber der Akademie, 49 Prozent trägt der Verband. Wir sind also stark interessiert, auch in die Infrastruktur zu investieren, aber ohne politische Unterstützung wird das nicht möglich sein. Vom Land haben wir die Förderungen für ein Trainingszentrum für Jugend, Akademie und Frauen zugesagt bekommen, aber vonseiten der Stadt gibt es bis heute keine Förderzusage, nicht einmal für das Grundstück im Grazer Stadtgebiet. Ohne das wird es aber nicht gehen.

Ist es seit dem Höjlund-Verkauf für Sie leichter geworden auf dem internationalen Transfermarkt?

Ich müsste lügen, wenn ich etwas anderes sagen würde. Wir haben uns das erarbeitet. Meine erste Transferzeit war noch von Corona bestimmt, wir haben Mut bewiesen und trotzdem Yeboah gekauft. Mit ihm ist es losgegangen, wir haben ihn gewinnbringend verkauft und einen Teil des Geldes in Höjlund investiert. Bei ihm mussten wir noch richtig viel Überzeugungsarbeit leisten. Er hat auch beim FC Kopenhagen, einem Spitzenklub, seine Minuten bekommen. Wir konnten ihn aber von unserem Weg überzeugen, und er war dann unser Dosenöffner. Bei Emegha und jetzt Wlodarczyk war es schon einfacher. Diesen Weg gehen wir konsequent weiter. Wir werden sehen, wie er weitergeht, ich bin überzeugt, dass er sehr nachhaltig ist.

Interview: Horst Hötsch