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Schwab über Rapid-Causa: "Ich finde den Punkteabzug überzogen"

Der PAOK-Kapitän im kicker-Gespräch

Schwab über Rapid-Causa: "Ich finde den Punkteabzug überzogen"

PAOK-Kapitän Stefan Schwab steht mit seiner Mannschaft im Conference-League-Halbfinale.

PAOK-Kapitän Stefan Schwab steht mit seiner Mannschaft im Conference-League-Halbfinale. IMAGO/Beautiful Sports

Herr Schwab, gegen Dinamo Zagreb ist Ihrer Mannschaft ein sensationeller Turnaround gelungen. Nach einem 0:2 im Hinspiel hat PAOK ein furioses 5:1 folgen lassen. In Österreich nennt sich das Aufholjagd, in Spanien hat das den klingenden Namen "Remontada". Wie sagt man in Griechenland dazu?

Gute Frage. Ich hätte da noch keinen speziellen Namen gehört, da muss ich mal meine Teamkollegen fragen (lacht). Das Rückspiel war eine wahre Europacup-Nacht, die wohl jedem PAOK-Fan im Gedächtnis bleiben wird. Es war sehr historisch, weil der Klub zum ersten Mal in einem K.o.-Duell einen Zwei-Tore-Rückstand aufholen konnte. Und was das Conference-League-Viertelfinale jetzt für einen Stellenwert hat, darüber brauchen wir nicht reden. Das ist schon riesig. Es sind in allen drei europäischen Bewerben noch 24 Klubs dabei. Davon nur mehr fünf Österreicher. Das hat für Murgi (Thomas Murg, Anm.) und mich natürlich schon eine sportliche Bedeutung, wenn man neben Marcel Sabitzer, Konrad Laimer und dem leider verletzten David Alaba noch als Spieler dabei ist im Kampf um die europäischen Titel.

Was war entscheidend, dass Ihre Mannschaft es doch noch geschafft hat?

Die Partie war einfach geil. Wir haben alles auf eine Karte gesetzt und führen nach 40 Minuten mit 3:0. Dann ist das Stadion natürlich Kopf gestanden. In der zweiten Halbzeit haben wir dann noch einmal kurz schlucken müssen, als wir das 3:1 kassiert haben, da sind wir kurz geschwommen und haben fast das 3:2 bekommen. Als wir dann das 4:1 gemacht haben, sind alle Dämme gebrochen.

Ein Halbfinaleinzug wäre für den Klub historisch. Wird intern darüber gesprochen, dass man sich damit in die Geschichtsbücher schießen könnte?

In unserer Mannschaft ist dieses Geschichtsbücher-Thema nicht so präsent, weil die Geschichte sehr weit zurück geht. Bald hat PAOK sein 100-jähriges Bestehen, da haben wir jetzt auch nicht alles am Radar. Jetzt wissen wir aber schon, dass es ein Europacup-Halbfinale noch nie gegeben hat. Aber für uns steht im Vordergrund, dass wir als Mannschaft etwas erreichen können. Und wir geben uns absolut nicht zufrieden.

Hat sich Ihre Mannschaft zu Saisonbeginn gedacht, dass es überhaupt möglich ist, so weit zu kommen?

Wir haben uns vor der Saison das Ziel gesetzt, die Gruppe zu gewinnen, auch wenn sie mit Eintracht Frankfurt sehr stark besetzt war. Das haben wir geschafft. In der K.o.-Phase hatten wir mit Dinamo Zagreb und Club Brügge Gegner auf Augenhöhe. Da hatten wir schon die Ambition, eine Runde weiterzukommen. Das spürt man, wenn jeder an mehr glaubt. Diesen internationalen Flow wollen wir jetzt mitnehmen. Die Reise ist für uns so früh gestartet. Wir haben in der zweiten Quali-Runde antreten müssen, haben dann drei Quali-Runden gespielt. Wir haben schon 14 Europa-Cup-Partien gespielt und da träumt jeder, dass die Reise weitergeht und jeder glaubt auch daran. Wir erleben eine richtig geile Zeit.

Die Liga könnte zurzeit nicht spannender sein. Kann man sagen, dass wieder einmal die üblichen vier Verdächtigen um den Titel mitmischen?

Letztes Jahr war es genauso, da hat sich dann aber im Meister-Play-off herausgestellt, dass es ein Zweikampf zwischen AEK und Panathinaikos wird. Heuer ist es noch einmal eine Spur enger. Da ist es ganz schwer vorherzusagen, wer Favorit ist und Meister werden kann. Es hat sich die letzten zwei Jahre ein wenig geändert. Früher war es ein Zweikampf zwischen Olympiakos Piräus und PAOK, jetzt sind AEK und Panathinaikos zurückgekommen. Jetzt sind alle vier Mannschaften auf Augenhöhe. Das ist sicher eine der spannendsten Meisterschaften seit vielen Jahren. Das ist für jeden Zuschauer richtig cool. Für uns ist es gut, dass Olympiakos auch noch international vertreten ist. Das ist einerseits gut für den griechischen Fußball, andererseits gut für uns, dass wir nicht die einzigen mit Doppelbelastung sind.

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Nach dem Pokal-Aus hat PAOK noch zwei Chancen auf einen Titel. Die Meisterschaft und die Conference League, welcher Titel hätte eine größere Bedeutung für Sie?

Das Cup-Aus tut uns noch sehr weh, vor allem weil unser Stadtrivale Aris Thessaloniki im Finale steht. Das wäre ein geiles Finale gewesen und natürlich eine große Chance auf einen Titel. Aber zwei weitere Chancen verbleiben eben noch. Da muss ich sagen, dass es schon etwas ganz Spezielles wäre, Meister zu werden. Ein Meistertitel fehlt mir noch in der Vita. Bei Rapid habe ich - bis auf den Titel in der 2. Liga - leider keinen Titel gewonnen. Die Meisterschaft ist schon das tägliche Brot und Meister zu werden in einer Liga mit 36 Runden und drei sehr harten Konkurrenten, wäre ein riesengroßer Erfolg. Aber Conference League ist vermutlich dann noch einmal geiler und wenn wir die gewinnen könnten, dann sehr gerne.

Wäre Rapid mit einem Punkteabzug in die Saison gestartet, würden sie jetzt nicht im Meister-Play-off stehen.

PAOK-Kapitän über Rapids Punkteabzug in der nächsten Saison

Die längste Zeit Ihrer Karriere haben Sie bei Rapid verbracht. Die jüngsten Vorfälle sind Ihnen wohl nicht entgangen. Wie haben Sie das wahrgenommen?

Ich kenne den Verein in- und auswendig. Ich weiß, was so ein Derbysieg bedeutet, vor allem, wenn man in diesem Stadion noch nie ein Derby gewonnen hat. Dann gewinnt man nach so vielen Jahren wieder ein Heimderby. Dass da gefeiert wird, war ziemlich klar. Wie das Ganze dann stattgefunden hat, ist dann aber schon bitter. Denn als Spieler ist man da einfach mitgefangen und auf einmal mittendrin. Ich bin überzeugt davon, dass hier nämlich die Spieler nicht absichtlich solche Gesänge angestimmt haben. Die Spieler und die Verantwortlichen haben sich entschuldigt und übernehmen Verantwortung für ihr Verhalten.

Sind die Strafen für die Gesänge und die Pyrotechnik im Derby gerechtfertigt?

Über die Höhe der Strafe Maße ich mir kein Urteil an, hier gibt es ein Regulativ. Ich finde nur den Punkteabzug für nächste Saison überzogen, weil hier direkt in das Sportliche, in die Tabelle eingegriffen wird. Denn man hat einfach gesehen, dass zwei Punkte entscheidend sein können. Wäre Rapid heuer mit zwei Punkten weniger in die Saison gestartet, hätten sie das Meister-Play-off nicht geschafft, mit dieser Hypothek starten sie jetzt in die nächste Saioson.

Also hätte es bei den Spielersperren bleiben müssen?

Ich habe ein Interview mit Christian Ebenbauer von der Bundesliga gesehen, wo er sagt, dass sie nichts anderes machen, als die Statuten und Paragrafen durchzugehen und sie das einhalten, was dort steht und was rechtlich gedeckt werden muss. Wenn das vorhanden ist, kann man da eh nichts anderes machen. Ich bin da ohnehin zu weit weg, um ein Urteil zu fällen, was von den Strafen das Beste ist. Aber ich glaube Rapid macht, was sie können. Sie haben sich entschuldigt und es gibt konkrete Maßnahmen, die sie umsetzen. Es ist nicht so, dass versucht wird, das Thema unter den Tisch zu kehren. Sie sind sich ihrer Fehler bewusst und das ist auch das Wichtigste. Fehler können passieren, auch wenn sie manchmal schwer zu entschuldigen sind. Wichtig ist, was man daraus macht und was in Zukunft passiert.

Wie beurteilen Sie die sportliche Entwicklung bei Rapid? Der Klub setzt seit Ihrem Abgang verstärkt auf junge Eigenbauspieler und hat kaum Legionäre im Kader. Ist das langfristig die richtige Strategie?

Grundsätzlich geht es im Fußball um Erfolg. Es ist nicht verkehrt, wenn man gute, externe Spieler holt. Die kann man später auch wieder verkaufen oder sie können auch zu Führungsspieler werden. Aber natürlich ist es auch super, wenn sich die Akademie bezahlt macht, weil da auch viel Geld reingesteckt wird. Das Geld sollte auch genutzt werden. Sie müssen trotzdem ein gutes Grundgerüst bauen, aber das wird der Mekki (Markus Katzer, Anm.) auch machen. Er war lang genug Spieler und weiß, was eine Mannschaft braucht. Natürlich ist der Weg mit vielen jungen Spielern auch ein wenig der finanziellen Situation geschuldet. Der Erfolg sollte über allem stehen, deshalb versuchen sie alle Mittel auszuschöpfen, damit dieser auch zurückkehrt. Dass es nicht nur mit Akademiespielern geht, das wissen die Verantwortlichen sehr wohl. Es ist jetzt notwendig, die nötigen Schritte zu setzen. Sturm hat das geschafft und ich glaube, dass Rapid da auch nachziehen kann.

Es fehlen ein wenig die Wüthrichs, die Stankovics oder wie sie alle heißen. Die hat Rapid nicht so ganz.

PAOK-Kapitän Stefan Schwab über Rapids Mangel an routinierten Spielern

Rapid hat es mit Ach und Krach in die Meistergruppe geschafft. Als Sie den Klub verlassen haben, war Rapid noch die zweite Kraft hinter Salzburg. Kann Rapid dort langfristig wieder hin oder ist die Lücke zu Salzburg und Sturm zu groß?

Nein, es muss schon das klare Ziel sein. Der Verein hat einfach das Potenzial, dort wieder hinzukommen. Mit einigen richtigen Entscheidungen und mit einem guten Kader kann man die Lücke wieder schließen. Sturm hat richtig viel gut gemacht in den letzten Jahren. Sie haben sich gut entwickelt, sie haben einen guten Mannschaftskern mit vielen gestandenen Spielern. Da muss Rapid hinkommen. Es fehlen ein wenig die Wüthrichs, die Stankovics oder wie sie alle heißen. Einfach Spieler, die Erfahrung haben. Das sind die Kaliber, die Sturm besitzt. Die hat Rapid nicht so ganz. Doch grundsätzlich geht es wieder in eine gute Richtung, die Jungen zeigen auf und ein paar Routiniers wie Guido Burgstaller geben den Weg vor. So ist man wieder am Weg zurück, wo Rapid schon einmal war. In meiner Zeit waren wir die Salzburg-Jäger. Wir waren dreimal Vizemeister, zweimal im Cupfinale und viermal international in der Gruppenphase.

Und eine internationale Gruppenphase blieb Rapid die letzten beiden Spielzeiten verwehrt...

Die zwei verpassten internationalen Gruppenphasen tun natürlich weh und es wird auch nicht leichter, weil man durch den schlechteren Koeffizient immer ungesetzt ist in den Qualifikationsspielen. Doch ich würde ich mir für den Klub wünschen, dass sie wieder öfter international vertreten sind, als es in den letzten Jahren der Fall war.

Ihr Vertrag läuft im Sommer aus. Gab es bereits Gespräche mit PAOK? Wäre eine Rückkehr zu Rapid denkbar?

Die Gerüchte waren immer da die letzten Transferphasen. Es stimmt, dass mein Vertrag ausläuft. Ich kann aber nur von meiner Seite sagen, dass ich da ganz entspannt bin. Ich spiele eine gute Saison, habe viele Pflichtspiele in den Beinen und wir sind als Mannschaft erfolgreich. Deshalb bin ich auch überzeugt, dass ich im Sommer meine Optionen haben werde. Es ist aber nicht so, dass ich mich demnächst entscheiden werde. Es wird sicher noch Gespräche mit PAOK geben, aber die Meisterschaft geht noch bis Mitte Mai und bis dahin mache ich mir noch keine Gedanken, wie es ab Juni weitergeht.

Interview: Michael Chudik

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