Bundesliga

Senft: "Ich habe meine Ressourcen und Zeit voll und ganz dem Trainerdasein gewidmet"

Neo-Ried-Coach im Interview

Senft: "Ich habe meine Ressourcen und Zeit voll und ganz dem Trainerdasein gewidmet"

Will den Klassenerhalt mit der SV Ried schaffen: Maximilian Senft.

Will den Klassenerhalt mit der SV Ried schaffen: Maximilian Senft. GEPA pictures

Nach lediglich 14 Punkten aus 19 Ligaspielen und dem damit einhergehenden letzten Tabellenplatz zog die SV Ried die Reißleine und trennte sich Anfang März von Christian Heinle. Der neue Mann auf der Trainerbank heißt Maximilian Senft.

Der 33-Jährige dürfte wohl nicht vielen ein Begriff gewesen sein, überzeugte aber seit Beginn dieser Saison bei den Amateuren mit starken Leistungen. Im Gespräch mit dem kicker spricht Senft über seine Vergangenheit als Co-Trainer unter Gerhard Struber, seine Herangehensweise als Chefcoach und wie er die SV Ried aus dem Tabellenkeller führen will.

Herr Senft, wie waren die ersten Tagen als Cheftrainer der SV Ried?

Die waren sehr turbulent und eng getaktet, aber ich war trotzdem mit großer Energie dabei.

Waren Sie selbst über die Chance, die sich Ihnen da geboten hat, überrascht?

Ich gehe so durchs Leben, dass ich auf alle Chancen, so klein oder groß sie sein mögen, vorbereitet bin. So war es auch in diesem Fall.

Wie hat die Mannschaft auf Ihre Bestellung als Cheftrainer reagiert?

Da kann ich natürlich nur von meiner Wahrnehmung in den ersten Tagen sprechen, aber es waren sofort alle mit vollem Engagement dabei.

Ihr Debüt bei der SV Ried verlief mit einer Roten Karte und einem Eigentor äußerst unglücklich. Was haben Sie dennoch aus der 1:3-Niederlage gegen Austria Wien gelernt?

In Wirklichkeit haben wir zwei Dinge mitgenommen. Das eine ist, dass wir eine Haltung an den Tag legen wollen, die auch bei einer Roten Karte oder sonstigen Hindernissen so ist, dass wir trotzdem Punkte holen wollen und das kann dann auch einmal dreckig sein. Die andere Sache ist, dass man in der ersten Halbzeit schon sehr gut gesehen hat, in welche Richtung es bei uns gehen wird und da schon viele neue Impulse sehr gut umgesetzt wurden. Aber wir haben natürlich weiterhin Verbesserungsbedarf, das ist ja selbstverständlich.

Sie haben den Tabellenletzten der Bundesliga übernommen. Worauf wird es im Abstiegskampf ankommen?

Ich glaube, jetzt kommt es darauf an, einerseits neue Reize bei den Jungs zu setzen und ihnen aber auch gleichzeitig Sicherheit zu geben. Für die restliche Saison wird es auf diese zwei Punkte besonders ankommen.

Abstiegskampf ist Ihnen kein Fremdwort - 2020 waren Sie Co-Trainer unter Gerhard Struber beim englischen Zweitligisten FC Barnsley. Der Verein konnte sich mit einem Tor in der Nachspielzeit des letzten Spiels in der Liga halten. Wie haben Sie die Situation damals erlebt?

Damals war es so, dass wir 30 Tage durchgehend unter dem Strich waren. Wir sind damals mit einer Niederlage reingestartet, haben aber diese 30 Spiele beharrlich unseren Weg durchgezogen und das hat sich schlussendlich ausgezahlt. Das war natürlich ein absolut hollywoodreifes Finish.

Danach ging es für Struber zu den New York Red Bulls in die amerikanische MLS. Warum sind Sie als sein damaliger Co-Trainer nicht mit in die USA gegangen?

Es gab damals mehrere Faktoren, warum ich schlussendlich dann nicht mitgegangen bin. Es war einfach zu dem Zeitpunkt so, dass ich ein starkes Verlangen danach hatte, die Cheftrainerrolle zu leben. Dazu sind dann noch ein paar andere Faktoren wie private Dinge gekommen. Es war trotzdem eine sehr reizvolle Aufgabe, die ich mir schon sehr gut durch den Kopf habe gehen lassen und wo ich es mir sicher nicht leicht gemacht habe mit der Entscheidung.

Die besten Joker der Bundesliga

Für Sie ging es danach zu Pinkafeld in die Burgenlandliga. Warum dieser Schritt?

Wie schon vorher erwähnt, war zu diesem Zeitpunkt in meinem Leben einfach ein starkes Verlangen da, Cheftrainer zu sein. Dann war es so, dass ich mir einen Verein gesucht habe, wo ich viele Freiheiten hatte, meinen persönlichen Stil zu finden. Das war ein absolut lehrreicher Schritt damals. Unkonventionell, aber lehrreich.

Anfang der Saison kam dann das Angebot, die Amateure der SV Ried zu trainieren? War für Sie sofort klar, dass Sie das machen möchten?

So wie es wahrscheinlich bei den meisten Trainern ist, hast du immer Phasen in der Saison, wo es mit dem einen oder anderen Verein Gespräche gibt. So war es damals auch mit Wolfgang Fiala (Anm.: Sportvorstand SV Ried). Da war es einfach so, dass sich sehr schnell ein sehr gutes Gefühl in diesen Gesprächen entwickelt hat, dass wir ähnliche Vorstellungen davon haben, wo die Chancen und Weiterentwicklungspotenziale der zweiten Mannschaft liegen. So war es dann eigentlich eine klare Entscheidung für mich.

Wo gilt es bei der SV Ried anzusetzen? An welchen Schrauben werden Sie drehen?

Von meinem Input her ist es eben dieser Mix aus neuen Impulsen und Sicherheit. Die Hebel, die wir betätigen wollen, sind einerseits, und das habe ich sicher aus meiner Zeit in England mitgenommen, aber das ist im Ergebnissport extrem wichtig, die Standards. Da legen wir auch im Training einen großen Fokus darauf. Und andererseits, das hat man auch in der ersten Halbzeit gegen die Austria gesehen, dass wir dynamische Balleroberungen erzielen und damit einhergehende Wucht und Zielstrebigkeit in den Kontern mitnehmen wollen. Darauf liegt jetzt in der Kürze der absolute Fokus.

Für welchen Spielstil stehen Sie? Wie würden Sie Ihre Herangehensweise beschreiben?

Erstmal ist es immer wichtig, den Kontext zu sehen, in dem man arbeitet. Das ist jetzt gerade, dass man den Tabellenletzten trainiert und da einfach andere Hebel anzusetzen sind, als wenn du jetzt in eine Sommervorbereitung reinstartest. Der Start der Überlegung muss immer sein, in welchem Kontext befinde ich mich gerade. Wenn du eine komplette Sommervorbereitung hast, dann gibt es andere wichtige Themen, die du entwickeln kannst. Da gehört dann auch dazu, dass wir Angriffe vorbereiten, den Gegner vor Entscheidungen stellen und die Angriffe sehr zielstrebig fertig spielen wollen. Wie gesagt, es hängt immer vom Kontext und der gegebenen Zeit ab.

Wir fahren nach Wien, um dieses Spiel zu gewinnen

Maximilian Senft über das Pokal-Halbfinale gegen Rapid

Die SV Ried ist nach wie vor im Cup vertreten, trifft im Halbfinale auf Rapid. Welchen Stellenwert hat der Wettbewerb in dieser Saison für euch?

Der ÖFB-Cup hat natürlich einen sehr hohen Stellenwert und wir fahren nach Wien, um dieses Spiel zu gewinnen.

Sie passen mit Ihren 33 Jahren gut in die Zeit, immer mehr junge Trainer stehen auch schon in den großen Ligen an der Seitenlinie. Wie sehen Sie die Entwicklung des Trainergeschäfts in den letzten Jahren?

Ich denke, dass der Begriff des Alters etwas weniger Bedeutung hat, als das beispielsweise vor 20 Jahren der Fall war. Aber auch damals hat es schon sehr junge Trainer gegeben. Ich glaube, Jupp Heynckes und Ottmar Hitzfeld waren auch sehr junge Trainer. Es ist weniger das Alter, sondern die Erfahrungen und Kompetenzen, die ein Trainer mitbringt, entscheidend und da glaube ich schon, dass das absolut in der Fußballwelt angekommen ist.

Ein Detail, dass bei vielen hängen bleibt, ist, dass Sie bei der der Pokerweltmeisterschaft 2014 den elften Platz belegt und damit über eine halbe Million Dollar gewonnen haben. Wie haben Sie den Weg von der Pokerkarriere zur Trainerkarriere gefunden?

Ich wusste schon während meiner aktiven Pokerzeit, dass ich das nicht ewig machen werde, da mir die soziale Komponente sehr stark abgegangen ist. Ich habe mich dann entschieden, mich in den ersten Trainerkurs reinzusetzen, eine Jugendmannschaft zu trainieren und habe eigentlich von der ersten Sekunde an gespürt, dass das das richtige für mich ist. Ich habe dann alles auf eine Karte gesetzt und meine Ressourcen und meine Zeit voll und ganz dem Trainerdasein gewidmet.

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