Der spanische Nationaltrainer Vicente del Bosque wartete mit der, besonders von der Öffentlichkeit, herbeigesehnten Entscheidung in der Torhüterfrage bis zur letzten Minute. Gut 80 Minuten vor Anpfiff stand dann fest: De Gea wird trotz der Berichte um einen angeblichen Sex-Skandal das Tor der "Seleccion" hüten. Vorne bildeten Jubilar David Silva (100. Länderspiel), Nolito und Morata die Angriffsreihe.
Tschechiens Coach Pavel Vrba brachte ein Grundgerüst aus erfahrenen Akteuren um Sivok, dem ehemaligen BVB-Star Rosicky und Rekordspieler Cech (122 Länderspiele) auf den Rasen. Die rechte Seite spickte der Trainer mit Kaderabek (Hoffenheim), Darida (Berlin) und Gebre Selassie (Bremen) mit geballter Bundesliga-Power.
Die Spanier, deren Kader vor der Begegnung mit 996 Länderspielen der erfahrenste aller Teilnehmer war, wollten ebendiese Erfahrung nutzen, um von Beginn an mit einer 4-1-4-1-Formation die Kontrolle an sich zu reißen. Im ausverkauften Stadium Municipal zu Toulouse hielt Tschechien in einem 4-2-3-1 allerdings frech dagegen und drängte die Iberer in den ersten Minuten in deren Hälfte. "La Roja" nahm allmählich aber das Heft des Handelns in die Hand und sah sich bei Angriffsversuchen einem extrem defensiven 5-4-1-System der Tschechen gegenüber. Fanden die Spanier dann doch eine Lücke, war Cech zur Stelle und klärte Moratas Abschlüsse aus kurzer Distanz (8./16.).
Gruppe D - 1. Spieltag
Tschechen rühren Beton an
In der Folge agierte die "Seleccion" dominant, ohne allerdings das Abwehrbollwerk der Osteuropäer knacken zu können. Als das Mittelfeld um Regisseur Iniesta wieder eine Lücke im Defensivverbund der Tschechen fand, ging das Privatduell zwischen Morata und Cech in die dritte Runde - zum dritten Mal mit dem besseren Ausgang für den Arsenal-Schlussmann (29.). Nach und nach sahen die Spanier ein, dass das Unterfangen, den Ball quasi ins Tor zu tragen, nahezu aussichtslos war und probierten es mit Busquets (35.), Iniesta, Jordi Alba (jeweils 40.) und Sergio Ramos (44.) aus der Distanz. Kurz vor dem Pausenpfiff gelang den Tschechen ein schneller Gegenstoß, aber De Gea war hellwach und konnte den Abschluss von Necid fangen (45.).
Brachte den Gegner ein ums andere Mal zur Verzweiflung - Petr Cech. getty images
Hubnik und Gebre Selassie scheitern knapp
Nach der Pause starteten die Iberer mit einer Doppelchance in Durchgang zwei - erst traf Hubnik den eigenen Pfosten (46.), dann wurde Sergio Ramos abgeblockt (47.). Das Team von Vicente del Bosque machte weiter Druck, ohne die gegnerische Defensive vor Probleme zu stellen - stattdessen hatten Hubnik (57.) und Gebre Selassie (66.) die großen Gelegenheiten, den Spielverlauf komplett auf den Kopf zu stellen, scheiterten aber beide denkbar knapp. In der 70. Minute hatte Jordi Alba die bis dahin wohl beste Gelegenheit der Begegnung, aber dem Linksverteidiger versprang freistehend der Ball.
Tschechien verteidigt mit Mann und Maus
Spanien sorgte mit der Einwechslung von Europa-League-Torschützenkönig Aduriz und Thiago noch einmal für frische Impulse - Aduriz fügte sich mit einem spektakulären Fallrückzieher (77.) und einem Kopfball (79.) gleich gut ein. Tschechien verteidigte in den letzten Minuten den eigenen Strafraum mit allen elf Spielern, in der Hoffnung, das Remis irgendwie über die Zeit zu bringen. Doch diese Hoffnungen machte Piqué in der 87. Minute zunichte, als er eine Flanke von Iniesta zum 1:0 für den Europameister einnickte. Tschechien probierte es noch einmal, aber de Gea parierte einen Darida-Abschluss (90.+2).
Mit diesem Sieg hat der Titelverteidiger seinen EM-Rekord ausgebaut und ist seit nunmehr 601 Minuten ohne Gegentor. Die Spanier bekommen es am Freitag im zweiten Gruppenspiel in Nizza mit der Türkei zu tun (21 Uhr). Tschechien trifft bereits vorher um 18 Uhr in Saint Etienne auf Kroatien.