Für Chelsea-Coach Mauricio Pochettino war der Auftritt bei den Spurs an diesem 11. Spieltag ein besonderes Spiel, denn der Argentinier war das erste Mal seit seiner Entlassung 2019 zu Gast an alter Wirkungsstätte. In fünf Jahren als Trainer von Tottenham erreichte er unter anderem das Champions-League-Finale.
Zum Sportlichen: Nach dem jüngsten 2:1-Sieg gegen die Blackburn Rovers im League Cup nahm er in seiner Startelf drei Wechsel vor. Badiashile, Cucurella und Ugochukwu nahmen zunächst auf der Bank Platz, dafür starteten Thiago Silva, Colwill und Caicedo. Bei den Hausherren bot Ange Postecoglou nach dem 2:1 bei Crystal Palace bis auf zwei Wechsel dieselbe Elf auf. Einzig Udogie und Johnson starteten anstelle von Davies und Richarlison.
Kulusevski mit der Führung
Die Gastgeber begannen forsch und erwischten den besseren Start in die Partie. Chelsea hatte zu Beginn Probleme mit dem schnellen Passspiel der Spurs. Bereits nach sechs Minuten ging die Elf von Ange Postecoglou in Führung: Kulusevski hatte dabei Glück, dass Colwill mit seinem Rücken unhaltbar abfälschte (6.). Tottenham blieb auf dem Gaspedal, hatte durch Pedro Porro den nächsten Abschluss (7.). Selbiger war es wenige Minuten später aber auch, der um ein Haar den Ausgleich der Gäste verschuldete. Sein Fehler blieb aber unbestraft, weil Vicario im Tor glänzend gegen Jackson parierte (11.). In der 13. Minute trafen die Spurs zum zweiten Mal, Sons Treffer zählte wegen einer Abseitsstellung aber nicht (13.).
Ab dem Zeitpunkt an wurde das Spiel turbulent. Sterling erzielte den vermeintlichen Ausgleich, sein Treffer wurde wegen eines Handspiels aber nicht anerkannt (21.). In der selben Sequenz hatte Tottenhams Innenverteidiger Romero Glück, dass sein Nachtreten gegen Colwill ungeahndet blieb. Chelsea kam nun besser ins Spiel, hatte durch Enzo Fernandez (25.) und Colwill (26.) zwei Distanzschüsse, die aber ungefährlich blieben. Zwei Minuten später lag der Ball wieder im Netz - und erneut wanderte der Treffer nicht auf die Anzeigentafel, da Jackson bei Caicedos Schuss in der verbotenen Zone gestanden und Vicario die Sicht versperrt hatte.
Romero sieht Rot - Palmer gleicht aus
Dieses Abseits bliebt aber nicht die einzige VAR-Überprüfung hier, denn Romero hatte Enzo Fernandez im Vorhinein beim Klärungsversuch mit voller Wucht auf dem Knöchel erwischt. Die Folge: Rot für den Argentinier und Elfmeter für die Blues, den Palmer zum Ausgleich verwandelte (35.). Wer dachte, dass die Partie in der Folge weniger turbulent werden würde, täuschte sich gewaltig. Denn Chelsea erzielte kurz darauf den nächsten Treffer, doch Sterling stand zum wiederholten Male im Abseits (38.). Neben der Roten Karte mussten die Spurs noch vor der Pause personelle Rückschläge verdauen. Sowohl Maddison als auch van den Ven verletzten sich und mussten runter.
Zwölf (!) Minuten Nachspielzeit gab es allein in Durchgang eins, in denen Chelsea auf die Führung drückte, diese aber verpasste. Quasi mit der letzten Szene wurde der VAR wegen einer weiteren möglichen Roten Karte zur Hilfe gebeten, James' Ellenbogenschlag blieb aber ungeahndet.
Udogie fliegt ebenfalls vom Platz
Auch nach der Pause hielt Chelsea das Heft in der Hand, hatte durch Palmer (47.) und Sterling (51., 53.) Möglichkeiten auf das zweite Tor. Ein Entlastungsangriff der Hausherren wurde ihnen kurz darauf zum Verhängnis, denn Chelsea Konter mündete in einem Foulspiel von Udogie (55.). Bereits mit Gelb verwarnt war es das auch für ihn, sodass die Spurs nur noch zu neunt waren. Den fälligen Freistoß rettete Höjberg auf der Linie gegen Jackson. Trotz zweifacher Unterzahl wählten die Spurs eine bemerkenswerte Herangehensweise, denn sie warteten mit ihrer letzten Kette nahezu in jeder Aktion auf Höhe der Mittellinie und spielten extrem risikoreich auf Abseits.
Jackson erlöst die Blues
Traf beim 4:1 seiner Blues dreifach: Nicolas Jackson. IMAGO/Sportsphoto
Chelsea schaffte es zunächst kaum, Kapital aus der doppelten Überzahl zu schlagen und hatte Schwierigkeiten, die Hausherren zu bespielen. Hin und wieder liefen sie ins Abseits, ab und zu fing Vicario weit vor seinem eigenen Sechzehner die Bälle ab. In der 75. Minute war es allerdings soweit und Tottenham wurde geknackt: Jackson musste einen Querpass des enteilten Sterling nur noch über die Linie drücken.
Das Ende? Noch lange nicht! Tottenham wäre um ein Haar der Ausgleich gelungen, doch Dier stand bei seiner Direktabnahme ins Glück im Abseits (78.). Auch Bentancur per Kopf (78.) und Son (90.+3), der nach bärenstarkem Solo und klugem Abschluss aus 15 Metern an Sanchez scheiterte, hatten gute Chancen auf das 2:2. Gegen Ende hin rächte sich dann das erhöhte Risiko der Gastgeber zwei weitere Male - und die Messe war gelesen: Jackson traf nach selber Manier wie bei seinem vorherigen Treffer zum 3:1 (90.+4). Und mit dem Schlusspfiff schnürte er den Dreierpack, nachdem er frei auf Vicario zulief, diesen umkurvte und ins leere Tor einschob (90.+7).
Tottenham musste trotz mehr als respektabler Leistung auch auf kämpferischer Ebene somit seine erste Saisonniederlage einstecken und die Tabellenführung an Manchester City abgeben, die mit einem 6:1 gegen Bournemouth bereits am Samstag vorbeigezogen waren. Chelsea schob sich mit nunmehr 15 Punkten auf Rang 10, hinkt den eigenen Ansprüchen aber trotzdem noch weit hinterher.