2. Bundesliga (D)

"Überforderter Schiedsrichter": Hannover schiebt Frust

Drei Schlüsselszenen erhitzen die 96-Gemüter

"Überforderter Schiedsrichter": Hannover schiebt Frust

Hannovers Cedric Teuchert (li.) und Havard Nielsen diskutieren mit Schiedsrichter Michael Bacher.

Hannovers Cedric Teuchert (li.) und Havard Nielsen diskutieren mit Schiedsrichter Michael Bacher. picture alliance/dpa

Zwischenzeitlich hatte das Team in der Blitztabelle von der Spitze gegrüßt, schließlich aber riss Hannovers Serie von zuletzt vier Spielen ohne Niederlage. Das 1:3 beim 1. FC Kaiserslautern war zudem saisonübergreifend die erste Auswärtsniederlage in der 2. Liga seit dem 1:2 in Karlsruhe am 6. Mai. Die Schlappe auf dem Betzenberg schien aus eigener Sicht noch einigermaßen akzeptabel. "Wir haben nicht so eine gute zweite Hälfte gespielt wie die erste", merkte etwa Kapitän Ron-Robert Zieler an. Doch der Torhüter sah auch Grund zur Klage über den Schiedsrichter und erhielt dabei Unterstützung von Hannovers Offiziellen. "Wir sprechen über mehrere Szenen, die alle in eine Richtung fallen und so nicht nachvollziehbar sind", kritisierte Sportdirektor Marcus Mann den Unparteiischen Michael Bacher und Videoassistent Benjamin Cortus.

"Jeder, der mal Sport gemacht hat…"

Es waren vor allem drei Schlüsselszenen, die in der gewohnt feurigen Atmosphäre des Stadions die Gemüter der Gäste noch zusätzlich erhitzten.

Szene 1, Minute 45+1: Ein Freistoß von Enzo Leopold fliegt von halbrechts weit in den Strafraum, Andreas Voglsammer leitet den Ball zurück in die Mitte, wo Phil Neumann den Ball ins Tor drückt - zum vermeintlichen 0:2 für 96. Doch nach Videostudium kommen die über die gesamte Partie wenig souveränen Spielleiter zu der Erkenntnis, dass sich Voglsammer im Abseits befand. Möglicherweise minimal, aber selbst anhand der virtuell gezogenen, bisher im TV präsentierten Linien wird dies nicht gedeckt. "Das muss mir erstmal einer nachweisen, dass das Abseits war", wollte sich auch Marcus Mann den gezeigten Bildern und ihrer Beurteilung nicht anschließen. Stattdessen Frust auf Seiten der Niedersachsen. "Ein ganz klares Tor", legte sich Stefan Leitl fest und fühlte sich um einen möglicherweise vorentscheidenden 2:0-Vorsprung für seine Mannschaft gebracht. Doch es kam noch in der Nachspielzeit des ersten Durchgangs noch schlimmer für sein Team…

Szene 2, Minute 45+3: Marcel Halstenberg steigt zur Abwehr einer Flanke im eigenen Strafraum hoch und spreizt dabei den linken Arm leicht und keinesfalls unnatürlich ab. Der ebenfalls um den Ball streitende Lauterer Jan Elvedi prallt im Luftduell an Halstenberg ab - und erhält von Bacher einen Elfmeter, den Cortus im Kölner Keller nicht wieder einkassiert. "Dann gibt es wahrscheinlich bei jedem Kopfballduell Elfmeter…", verwies Mann auf die Normalität des Zweikampfes. "Der Schiedsrichter hat freie Sicht, Marcel Halstenberg geht hoch, der Gegenspieler steht dahinter. Jeder, der mal Sport gemacht hat, weiß, dass man nicht ohne Armeinsatz hochspringen kann. Wie man da pfeifen kann, ist einfach unerklärlich." Die Folgen? Gravierend. Halstenberg erhält zudem die Gelbe Karte, während Boris Tomiak vom Punkt aus zum 1:1-Halbzeitstand ausgleicht.

Szene 3, Minute 62: Wieder ist Elvedi beteiligt. Diesmal springt ihm im eigenen Strafraum nach einer Leopold-Ecke im Zweikampf mit Halstenberg der Ball an den ausgestreckten Ellbogen - der VAR überprüft die Szene, korrigiert den Referee aber nicht in dessen ursprünglicher Entscheidung, weiterspielen zu lassen. Stefan Leitl fassungslos: "Wir haben Schiedsrichterschulung und es heißt: Bitte, lasst die Arme unten. Elvedi kriegt ihn an die Hand… Das tut dann schon weh."

Über eine vierte Szene in der dritten von am Ende zehn Minuten Nachspielzeit, in der das Gespann in den Mittelpunkt, ließe sich ebenfalls streiten - Havard Nielsens zumindest angedeutetes Nachtreten nach einem Zweikampf, abermals mit Elvedi als "Mitbeteiligtem", mit glatt Rot zu bestrafen, ohne dies noch einmal der Videoüberprüfung zu unterziehen, war diskutabel. Doch übte Trainer Leitl hier trotz aller Emotionen in dieser Phase auch Selbstkritik: "Es darf uns nicht passieren, das haben wir angesprochen: kühlen Kopf bewahren."

"Man sollte wissen, was hier los ist."

"Dass solche Entscheidungen dazu beitragen, dass man das Spiel verliert, ist bitter", klagte Leitl bilanzierend nach dem Abpfiff, während Sportdirektor Mann ein deutliches Fazit zu den Umständen zog: "Man sollte vor dem Spiel bei der Ansetzung wissen, wenn ein Spitzenspiel auf dem Betzenberg ist, was hier los ist. Heute muss man sagen, dass der Schiedsrichter überfordert war."

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