Bundesliga

"Vielleicht habe ich ein paar Tropfen Weihwasser zu wenig erwischt"

Rapid-Pfarrer über Derby-Misere und Stripfing

"Vielleicht habe ich ein paar Tropfen Weihwasser zu wenig erwischt"

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Hochwürden, stimmt es, dass Sie während der Fastenzeit keinen Fußball schauen und deshalb das Derby am Sonntag verpassen?

Dieses Jahr nicht, dieses Jahr ist mein Fastenziel, mich nicht zu ärgern. Fußball ist diesmal erlaubt. Wobei es eine Kunst ist, sich beim Fußballschauen nicht zu ärgern, wenn der Schiedsrichter falsch pfeift oder beim VAR wieder einmal die Batterie leer ist. Aber wenn ich es da schaffe, mich nicht zu ärgern, ist das Fastenziel wirklich erreicht.

Es ist zehn Jahre her, dass Rapid zuletzt in Hütteldorf gewonnen hat. Sehen Sie diese lange Wartezeit als eine Art Prüfung wie die zehn Plagen in der Bibel?

342. WIENER DERBY

Die lange Wartezeit sagt mir, dass es höchste Zeit ist für einen Derbysieg und mein Bauchgefühl sagt mir auch, dass es diesmal so weit ist. Wobei mein Bauch gerade ein bissl fetter ist als normal, deshalb kann er auch falsch liegen. Die Numerologie ist eine eigene Geschichte. Wobei die Zehn eigentlich ziemlich neutral ist. Wenn es sechs Jahre wären, müsste ich mir etwas überlegen, sieben wäre die vollkommene Zahl. 40 wäre schlimm - 40 Tage Fastenzeit, 40 endlose Jahre in der Wüste … aber ich glaube doch nicht, dass es 40 Jahre bis zu Rapids nächstem Titel dauern wird. Dann müsste man absolut von einer Wüstenzeit sprechen.

Aber Sie haben sich nichts vorzuwerfen, haben bei der Segnung des neuen Stadions nichts übersehen?

Ich wüsste nicht, dass ich etwas vergessen hätte. Es könnte höchstens sein, dass ich ein paar Tropfen Weihwasser zu wenig erwischt habe. Das sollte ich vielleicht nachholen.

Noch vor dem Derby?

Ob ich beim Derby bin, kann ich noch nicht genau sagen, weil ich verkühlt bin und sich vielleicht etwas anbahnt. Außerdem muss ich am Freitag ja noch nach Leoben. Mal sehen, wie es meiner Stimme danach geht.

Nach Leoben müssen Sie wegen Stripfing?

Das wird mein Debüt als Obmann des SV Stripfing, da muss ich natürlich dabei sein. Ich muss mir das ja anschauen, wir müssen viel kreieren, den Prozess zum Vollprofessionalismus beschleunigen. Es gibt viele Herausforderungen, aber je größer die Herausforderung, desto mehr Energie und Liebe habe ich, diese anzugehen.

Dass Sie als Rapid-Pfarrer Obmann eines Klubs werden, der gerade mit der Austria kooperiert, hat - noch dazu vor dem Derby - viel Staub aufgewirbelt.

Ich liebe ja Provokationen. Jesus war in meinen Augen der größte Provokateur mit seinen Gleichnissen und Parabeln. Aber das war eine Entscheidung aus dem Bauch heraus. Wenn ich draufgekommen wäre, was los ist, dass die Medien aus mir einen Judas machen, hätte ich es mir vielleicht anders überlegt. Aber das hatte ich überhaupt nicht im Schädel. In dem hatte ich nur unseren Verein, der 1951 gegründet wurde, dessen Farben Gelb und Blau sind und bei dem ich schon vor 21 Jahren am liebsten in der Kantine gesessen bin und mit den Leuten gemütlich ein Bier oder ein Glas Wein getrunken habe. Alles andere hatte ich ausgeblendet. Wenn da jemand etwas dagegen haben kann, verstehe ich die Leut’ net. Im Fußball wird so oft Respekt gefordert, aber wo ist jetzt der Respekt mir gegenüber?

Im neuen Stadion noch sieglos: Rapids erschreckende Derby-Heimbilanz gegen die Austria

Wie wird man als Pfarrer überhaupt Obmann eines Fußballvereins?

Das weiß nur Gott selbst. Ich habe mich nicht aufgedrängt. Stripfing ist ja ein Teil von Weikendorf, das seit 21 Jahren meine Heimatgemeinde, meine Heimatpfarre, ist. Ich werde von den Leuten hier geschätzt und auch geliebt. Und als bekannt wurde, dass der alte Obmann aufhört, gab es viele die angefangen haben mich zu buserieren: "Das kannst nur du als Insider. Unser Pfarrer wäre der Hammer." Vor der Wahl ist dann der Präsident gekommen und hat gesagt: "Jetzt brauch’ ich dich. Wüüst?" Geistlicher Obmann war ich ja schon, also hab' ich gesagt, mein Gott, ja. Und bin dann mit einer Stimme Enthaltung auch gewählt worden.

Und Fußballgott Steffen Hofmann hat Ihnen, wie zu lesen war, auch schon die Absolution erteilt?

Ja, der Steff hat mich angerufen, als er das gehört hat und hat mich gefragt, "Krzysztof stimmt das?". Er hat nicht gewusst, dass das der Verein meiner Heimatgemeinde ist. Ich habe ihm alles erzählt und er hat es verstanden. "Eh klar, wenn das deine Heimatgemeinde ist." Ich bin ja trotzdem hundertprozentiger Rapidler. Ali Hörtnagl hat mich 2007 schon als eine Art Mentalcoach für den Nachwuchs geholt und wir haben das "Junior Project Team" aufgestellt. Zu meinen ersten Schützlingen haben Grbic, Dejan Ljubicic und Gashi gehört, zu denen ich heute noch Kontakt pflege. 2016 bin ich erster offizieller Seelsorger des SK Rapid geworden. Und mit dem Andachtsraum im neuen Stadion ist uns dann wirklich etwas gelungen. Mit unserer "Galerie der Herzen" und unserem Inspirationstraining haben wir schon 7.000 Jugendliche erreicht.

Alle, die im Block stehen, ob gläubig oder ungläubig, schließe ich jeden Tag in meine Gebete ein und lege sie in die Hände Gottes.

Rapid-Seelsorger Krzysztof Pelczar

Ihre Messgewänder bleiben wie bisher Grün-Weiß, Sie waren ja bisher vom in der katholischen Liturgie so wichtigen Violett sogar befreit, oder?

Ich habe tatsächlich meinem Kardinal, der wirklich ein großes Herz hat, berichtet: Eminenz, dass Sie es wissen, ich werde als Zeichen der Buße nicht Violett, aber dafür Dunkelgrün tragen. Er hat einen Lachkrampf bekommen und nur gesagt, "Krzysztof, du bist ein Wahnsinn, aber was soll ich machen?".

Sollten Sie es zum Derby schaffen, beten Sie während des Spieles um Vergebung für die Rapid-Fans, wenn diese mit ihren Schmähgesängen besonders ausfällig verwenden?

Alle, die im Block stehen, ob gläubig oder ungläubig, schließe ich jeden Tag in meine Gebete ein und lege sie in die Hände Gottes. Das muss reichen.

Interview: Horst Hötsch