2. Bundesliga (D)

Vom Fußballkäfig ins Rampenlicht: Oudenne startet bei 96 durch

Profi-Träume über den "zweiten Bildungsweg"

Vom Fußballkäfig ins Rampenlicht: Oudenne startet bei 96 durch

Durchgstartet bei Hannovers Profis: Kolja Oudenne

Durchgstartet bei Hannovers Profis: Kolja Oudenne IMAGO/Fussball-News Saarland

Das Trikot vom ersten Profi-Einsatz? "Hängt im Eingangsbereich meiner Wohnung." Die Schuhe aus dem Spiel? "Trage ich immer noch. Sie sind meine Lieblingsschuhe." Inzwischen sind es schon fünf Zweitliga-Auftritte, die er für Hannover 96 absolvieren durfte. Doch beim Gedanken zurück bekommt Kolja Oudenne immer noch glänzende Augen.

Natürlich gab es den Traum vom Profi, als der 22-Jährige im vergangenen Sommer von der VSG Altglienicke zu den Niedersachsen wechselte, um dort erst einmal in der Regionalliga-U-23 anzukommen. Doch schon die ersten guten Eindrücke sorgten dafür, dass es für den Mittelfeldspieler ganz schnell nach oben ging - bei den 96-Profis.

Harte Zeit beim FC Bayern

Mit 13 war Oudenne mitsamt Familie aus seiner Geburtsstadt Berlin nach München übergesiedelt, um im Nachwuchs des FC Bayern Fuß zu fassen. Der Sprung erwies sich als zu groß. "Es war eine schwierige Zeit in München", erinnert sich der Rechtsfuß, der zuvor auch schon bei Hertha BSC das harte Leben im Nachwuchsleistungszentrum kennengelernt hatte. "Ich war der Kleinste und Schmächtigste. Zu dem Zeitpunkt hatte ich einfach andere körperliche Voraussetzungen als die Teamkollegen. Es war für mich schwer zu begreifen, dass ich zwar fußballerisch, aber nicht körperlich mithalten konnte."

Es war für mich schwer zu begreifen, dass ich zwar fußballerisch, aber nicht körperlich mithalten konnte."

Kolja Oudenne

Das führte zu ganz grundsätzlichen Überlegungen über die weitere Lebensgestaltung. "Nach der Zeit bei den Bayern hatte ich den Gedanken im Kopf, dass der Traum vom Profi nicht klappen könnte. Ich habe mir erstmals konkrete Gedanken gemacht, darüber, was ich werden könnte."

Doch: Polizeibeamter? Oder Lehrer? Nein, Ohne Fußball ging es für den Abiturienten dann glücklicherweise doch nicht. Oudennes Vater ist Deutscher, seine Mutter besitzt belgische und schwedische Wurzeln, somit konnte der Sohn für die schwedische U-16-Nationalmannschaft spielen und international am ganz großen Fußball schnuppern - eine gute Motivation. "Als Kind war ich oft in Schweden, durch meine Mutter habe ich eine enge Beziehung zu diesem Land."

Reifeprüfung im Zehlendorfer Fußballkäfig

Das Rüstzeug für die weitere Laufbahn war Oudenne quasi in die Wiege gelegt. "Wenn du aus Berlin kommst, wächst du zwangsläufig im Fußballkäfig auf. Aber ich spiele auch schon im Verein, seit ich vier Jahre alt bin." Statt im Leistungszentrum erfolgte die Reifeprüfung in einem kleineren Verein. "Ich habe den zweiten Bildungsweg genommen, habe mich bei Hertha Zehlendorf Schritt für Schritt entwickelt. Erst U-19-Regionalliga gespielt." Dann sei Corona dazwischen gekommen, schließlich gelang in Zehlendorf noch der Sprung in die Herren-Oberliga, wo er sich für einen Wechsel zu Nordost-Regionalligist Altglienicke empfahl.

Spiele von Hannover 96

"Ich habe gelernt, dass ziemlich viel zurückkommt, wenn man hart arbeitet und geduldig ist. Erstmals musste ich mit Widerständen umgehen, es war nicht immer nur pure Freude und Spaß", lautet die Erkenntnis bis hierher. "Inzwischen bin ich überzeugt: Wenn in jungen Jahren immer alles glatt gelaufen wäre, hätte ich es vielleicht genau deswegen nicht so weit geschafft, wie ich jetzt gekommen bin. Das hat mich mental stärker gemacht. Ich habe dadurch gelernt, mit schwierigen Situationen umzugehen."

Unverhofft im Rampenlicht

Jetzt steht Kolja, Zweitname Nuno, benannt nach dem ehemaligen portugiesischen Topstar Nuno Gomez, Oudenne in Hannover fast unverhofft im Rampenlicht. Erst recht mit dem Wechsel auf ein 4-4-2 mit Raute hat er sich im Team von Trainer Stefan Leitl vorerst einen festen Platz gesichert. "Ich muss sagen, dass ich diese Aufstellung mag, weil wir im Zentrum viele Spieler haben. Ich war eigentlich immer ein offensiv ausgerichteter Spieler, es macht mir Spaß, im letzten Drittel etwas zu kreieren. Ob Achter oder Zehner - das spielt nicht die große Rolle."

Für den Wechsel nach Hannover habe er sich entschieden, weil dort mit Talenten gut gearbeitet werde. Aber: "Ich habe mir nicht konkret vorgenommen, wann ich das erste Profispiel machen möchte", sagt Oudenne auf seine etwas andere Art und mit einer Lockerheit, die sicher auch aus der bisherigen Lebenserfahrung herrührt. "Da, wo ich bin, möchte ich mich durchsetzen und dann schauen, was passiert. Ich will Spaß haben, dann läuft es am besten."

Michael Richter

Hartel zum Sechsten, Urbig mit Bestnote: Die kicker-Elf des 18. Spieltags