Bundesliga

Von Streifen, Knöpfen und Sponsoren: Die Geschichte der Rapid-Dress

Rapid präsentiert neue Auswärts-Trikots

Von Streifen, Knöpfen und Sponsoren: Die Geschichte der Rapid-Dress

Julian Schneps kennt die Vergangenheit der Rapid-Dress.

Julian Schneps kennt die Vergangenheit der Rapid-Dress. Horst Hötsch

Herr Schneps, nachdem Rapid vor wenigen Wochen das neue Heimtrikot vorgestellt hat, folgt am Samstag die Auswärts-Dress. Die Verwendung der blau-roten Gründungsfarben hat auch schon wieder Tradition, wann genau hat Rapid sie zurückgeholt?

Seit 1995 ist die Auswärts-Dress zumeist wieder blau-rot. Als Ausweich-Dress wurden Rot oder Blau auch davor immer wieder einmal verwendet. In den 1950er-Jahren gab es auf der Pfarrwiese ein Spiel gegen den LASK, bei dem der Schiedsrichter nach einem Wolkenbruch zwischen dem Grün-Weiß Rapids und dem Schwarz-Weiß der Linzer nicht mehr recht unterscheiden konnte. Nach zwei Minuten drängte er Rapid zum Dressentausch. Daraufhin erschien Rapid in Rot und hat den LASK mit 11:2 überrannt. Am nächsten Tag feierten die Zeitungen Rapid in Anlehnung an die Belgier als "Diables Rouges". Berühmt sind auch die hellblauen Trikots, mit denen Rapid 1984 in Glasgow gegen Celtic angetreten ist bzw. die roten im Wiederholungsspiel in Manchester, das durch den Flaschenwurf auf Rudi Weinhofer notwendig geworden war. Wenig bekannt ist, dass Rapid noch 1988 bei einer Saudi-Arabien-Tournee in Rot-Weiß gespielt hat. Die Reise war von den "Austrian Airlines" unterstützt worden, deren Schriftzug deshalb auch auf der Brust zu finden war.

Schaut man sich die Mannschaftsfotos des "Arbeitervereins" an, aus dem Rapid hervorging, hatten die Trikots noch Hemdtaschen. Waren das überhaupt Sportdressen oder hatten die Arbeiter dafür gar kein Geld?

Doch, das waren schon Sportdressen, das geht aus den damaligen Anmeldungen hervor, in denen ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass zusätzlich zu den Einschreibgebühren Kosten für die Spielerkleidung anfallen. Die Hemdtaschen sind bald verschwunden, aber interessant, dass noch die Dressen beim 25. Meistertitel 1968 wie Hemden zum Knöpfen waren, während die zum Schnüren bereits in den 1950er-Jahren verschwunden sind. Die Trikots mussten sich die Spieler noch einige Zeit selbst kaufen. Das wissen wir aus einem Schreiben von Edi Schönecker, dem Bruder von "Mr. Rapid" Dionys Schönecker, der erwähnt, dass kein Geld für Dressen da wäre, weil es für Bälle und Platzmiete auf der Schmelz gebraucht wurde. Bei der Gelegenheit kann ich vielleicht auch gleich mit dem Mythos aufräumen, dass Rapid deshalb zu Grün-Weiß gewechselt sei, weil sich das Blau-Rot beim Waschen zu Violett verfärbt hätte. Das macht historisch null Sinn, weil es beim Farbwechsel 1906 - auch diese Jahreszahl kennen wir erst seit Recherchen der letzten Jahre mit Sicherheit - die violette Austria noch gar nicht gab.

Wenn wir heute vom klassischen Rapid-Dress sprechen, meinen wir das längsgestreifte Grün-Weiß. Ist das historisch überhaupt haltbar, die ersten grün-weißen Dressen waren doch quergestreift?

Die erste grün-weiße Dress, die wir von Fotos kennen, ist von 1907 und quergestreift. Die Längsstreifen lassen sich dennoch gut argumentieren. Sie wurden bisher in mehr als 30 Saisonen getragen, so auch beim ersten Meistertitel 1912. Wobei man sagen muss, dass selbst auf dem Foto der Meistermannschaft die Dressen nicht einheitlich sind. Und dazu getragen wurden schwarze Hosen, die waren eigentlich lange Zeit vorherrschend und gab’s noch vereinzelt bis 1992.

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Das neue Nadelstreif-Heimtrikot ist ein Zitat aus welcher Zeit?

Das erste Nadelstreif-Trikot gab es schon in den 1970ern, dann wieder beim Cupsieg 1984 und in der Saison 2012/13. Damals hat es Guido Burgstaller schon getragen, deshalb hat es sich angeboten, dass er jetzt auch das neue präsentiert hat. Emotional aufgeladen ist dieses Trikot für viele Fans wegen des PAOK-Spiels im Hanappi-Stadion, das für viele ein einprägsames Erlebnis war. Wenn die Fans Dressen mit besonderen Ereignissen oder Titelgewinnen verbinden können, sind diese auch besonders beliebt.

Eher unbeliebt waren wahrscheinlich die Diadora-Dressen der 1990er?

Die waren zunächst sicher umstritten, aber heute gibt es nicht wenige Fans, die sie vom Design her für die Besten überhaupt halten. Andere sagen, das waren halt die 90er, aber unbestritten ist, dass sie heute Kult sind.

Als Kult gilt auch das Wienerberger-Trikot, obwohl es aus einer Zeit stammt, als der Sponsor sogar im Vereinsnamen verankert war, was heute gar nicht mehr ginge.

Der Nostalgieeffekt macht da natürlich auch viel aus. Beliebt sind aber eben auch die längsgestreiften Dressen der 80er-Jahre, weil sie mit dem ersten Europacupfinale für eine sehr erfolgreiche Epoche stehen.

Was wäre heute ein absolutes No-Go?

Etwas, was ausgerechnet zum 106. Geburtstag, also 2005, beim Hallenturnier in der Wiener Stadthalle passiert ist: Damals ist Rapid in Blau-Schwarz angetreten, weil adidas eine neue Linie präsentieren wollte. Einige Fans hatten das im Vorfeld mitbekommen und einen Stimmungsboykott organisiert.

Wenn wir bei den Sponsoren bleiben: Rapid zählte, was den Brustsponsor betrifft, nicht gerade zu den Vorreitern. Wer war der erste drauf und welche Klubs waren schneller?

In der internationalen Literatur wird oft Frankreich als erstes Land angeführt, das Sponsoren auf Fußball-Trikots erlaubte. Das ist aber nicht richtig, Österreich war nachweislich früher dran. Die Austria mit Schwechater im Jahr 1966 wird oft genannt, wobei der 1. Schwechater SC den "Schwechater"-Schriftzug mindestens ein Jahr vorher auch schon auf der Brust hatte. Zwar nicht auf der Brust, aber im Vereinswappen von Admira Energie gab es das "E" der NEWAG bereits in der Saison 1959/60. Rapids erster Brustsponsor war 1970 Raiffeisen, aber schon 1969 gab es Verhandlungen mit Wienerberger und Lenz Moser. Die Weinkellerei aus der Wachau sollte sogar in den Vereinsnamen und Lenz Moser selbst ins Präsidium. Aber man konnte sich nicht einigen. Raiffeisen war dann durchaus umstritten. Vizepräsident Niehsner berichtete von erbosten Anrufern, die sich ärgerten, dass eine "schwarze" Bank auf den Dressen eines Arbeitervereins aufscheint, auf der anderen Seite haben auch bei Raiffeisen Kunden gedroht, deswegen ihr Konto zu kündigen. Das Engagement hielt dann nicht einmal ein Jahr. Im Europacup war Rapid ab 1974 aber einer der ersten mit Sponsor. Dadurch, dass Wienerberger Teil des Vereinsnamens war, durfte der Firmenname auch auf dem Trikot stehen, obwohl der Sponsoren-Aufdruck offiziell erst ab 1982 erlaubt war. Im Finale der Champions League erst 1995, im Cupsieger-Bewerb erst 1997, weshalb Rapid im Finale gegen PSG 1996 ohne Sponsor auf der Brust spielte. Es war zugleich das letzte Europacupspiel, bei dem keine Trikot-Sponsoren erlaubt waren.

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Weil Sie das Vereinswappen genannt haben, auch das fehlt heute auf keinem Trikot, war aber lange Zeit keine Selbstverständlichkeit.

Da war Rapid spät dran. Zwar gab es mit dem geschwungenen "R", das heute wieder gerne auf Fanartikeln verwendet wird, bereits 1955 ein erstes wappenähnliches Zeichen auf dem Leiberl, ein Rapid-Wappen war aber erstmals 1981 im Europacup gegen Videoton auf der Dress zu sehen und verschwand dann wieder bis 1987. Die Feldspieler tragen es durchgehend seit 1995, die Torhüter erst seit 2005.

Rückennummern und Spielernamen sind wann dazu gekommen?

In England haben sich die Rückennummern schon in den 1930er-Jahren durchgesetzt, bei uns hat es bis in die 1950er-Jahre gedauert, wobei es auch in den 1960er-Jahren noch Spiele gab, in denen etwa Wacker Wien ohne Rückennummern angetreten ist. Bei Rapid sind sie seit etwa 1953 obligatorisch. Die Spielernamen waren bei Rapid erstmals im bereits angesprochenen Europacupfinale 1996 gegen PSG auf dem Trikot zu finden. Die Austria trat vereinzelt in den Derbys schon in den 1980er-Jahren mit Spielernamen auf dem Rücken an. Einen Spieltagsaufdruck gab es erstmals beim Eröffnungsspiel im Allianz Stadion gegen Chelsea und wurde seither nur noch im Cupfinale wiederholt.

Wie beliebt sind Rapid-Trikots unter Sammlern?

Matchworn-Trikots von Rapid sind preislich recht hoch angesiedelt. Das Trikot von Michael Hatz vom letzten Cupsieg 1995 hat vor einiger Zeit bei einer Versteigerung 3.500 Euro eingebracht.

Zuguterletzt: Wer entscheidet, wie das nächste Rapid-Trikot aussehen wird? Und werden Sie als Trikot-Spezialist auch gefragt?

Bis in die 1990er-Jahre hat das Präsidium das Trikot entschieden, mit Einsetzen des Merchandisings wurden auch andere Meinungen eingeholt. 2014 wurden etwa Vereinsmitarbeiter, Ethikrat und Fans gefragt. Wenn’s um historische Aspekte geht, wird mittlerweile auch im Rapideum nachgefragt. Wie zuletzt beim 120-Jahr-Jubiläum.

Interview: Horst Hötsch