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Zwanziger-Anwalt übt scharfe Kritik am DFB-Prozess

Landgericht erwägt Pflichtverteidiger einzusetzen

Zwanziger-Anwalt übt scharfe Kritik am DFB-Prozess

Ärger vor Gericht: Ex-DFB-Boss Theo Zwanziger (re.) und sein Anwalt Hans-Jörg Metz.

Ärger vor Gericht: Ex-DFB-Boss Theo Zwanziger (re.) und sein Anwalt Hans-Jörg Metz. picture alliance/dpa

Zwanzigers Rechtsbeistand Hans-Jörg Metz beschwerte sich Anfang der Woche schriftlich beim Präsidenten des Landgerichts und dem Hessischen Datenschutzbeauftragten, dass an einem der vorherigen Verhandlungstage medizinische Daten seines Mandanten en detail verlesen wurden. Sie sind eingereicht worden, um die eingeschränkte Verhandlungsfähigkeit des 78-Jährigen zu dokumentieren.

Die Vorsitzende Richterin Eva-Marie Distler reagierte recht ungehalten auf dieses Schreiben: "Inwieweit die Datenschutz-Grundverordnung hier Anwendung findet, möchte ich nicht weiter kommentieren. Ansonsten werden wir überlegen, ob ein Pflichtverteidiger zu bestellen ist aufgrund der Verteidigung." Aus ihrer Sicht sei es fraglich, ob Zwanziger "noch angemessen" verteidigt werde. Die Staatsanwaltschaft pflichtete der Kammer allerdings bei und erklärte, solche medizinischen Bulletins seien prinzipiell komplett zu verlesen.

"Diese Form der Reaktion auf eine berechtigte Kritik an ihrem Verhalten ist völlig unangemessen. Sie soll offensichtlich und ausschließlich der Disziplinierung des Angeklagten und seines Verteidigers dienen - dies ist inakzeptabel", betonte Anwalt Metz später in einem Statement, zu dem er sich nach dem Kommentar der Richterin veranlasst sah. Das Schreiben an den Landgerichtspräsidenten und Datenschutzbeauftragten "diente in sachlicher Form lediglich dazu, künftige Verstöße gleichen Inhaltes zu vermeiden, indem die Kammer für die rechtliche Problematik sensibilisiert wird". Der frühere DFB-Präsident Zwanziger wird seit über achteinhalb Jahren von Metz vertreten, der auch begleitend im Verfahren in der Schweiz tätig gewesen ist, das im Jahr 2020 wegen des Ablaufs der Verjährungsfrist eingestellt wurde.

Vor dem Landgericht Frankfurt sind Zwanziger sowie zwei andere ehemaligen Spitzenfunktionäre des DFB, Wolfgang Niersbach und Horst R. Schmidt, der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall angeklagt, was sie vehement bestreiten. Das Verfahren gegen Niersbach könnte demnächst gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt werden.

Michael Ebert

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  • Der "Spiegel" hat mit seiner Enthüllung über eine vermeintliche "Schwarze Kasse" des DFB im Rahmen der Bewerbung für die WM 2006 eine Lawine ins Rollen gebracht.
  • Die Staatsanwaltschaft Frankfurt wirft den früheren Spitzenfunktionären Zwanziger, Niersbach und Schmidt schwere Steuerhinterziehung vor.
  • Das Oberlandesgericht Frankfurt ließ Ende August 2019 eine entsprechende Anklage zu und revidierte damit eine Entscheidung des Landesgerichts Frankfurt, das im Oktober 2018 die Eröffnung eines Hauptverfahrens abgelehnt hatte. Die Schweizer Bundesanwaltschaft hatte im August 2019 bereits Anklage erhoben.