Handball

Handball-EM 2024: Das deutsche Torhüter-Spiel mit dem Feuer

Gislason will keine Wiederholung "grausamer" Entscheidungen

Das deutsche Torhüter-Spiel mit dem Feuer

Team im Team: Torwart-Trainer Mattias Andersson (li.) mit seinen Keepern arbeitet Bundestrainer Alfred Gislason (re.) zu.

Team im Team: Torwart-Trainer Mattias Andersson (li.) mit seinen Keepern arbeitet Bundestrainer Alfred Gislason (re.) zu. imago images (2)

Aus Berlin berichtet Maximilian Schmidt

Es war kein Freundschaftsdient, den Andreas Wolff seinem jüngeren Torhüter-Kollegen beim Weltrekord-Auftakt in Düsseldorf machte. Das stellt Torwarttrainer Mattias Andersson gleich zum Einstieg des Medientermins am Freitagmittag klar. Ein vermeintliches Zeichen von der bärenstarken deutschen Nummer eins gen Bank hat es nicht gegeben. "Ich habe keine Signale von Andi gesehen, dass er aus dem Spiel rausgehen möchte", erklärt Andersson und sorgt mit seinem Nachsatz für Gelächter im Raum: "Das habe ich noch nie erlebt."

2. Spieltag in Gruppe A

Eine Diskussion, wie mit den Torhütern während eines Spiels verfahren wird, gebe es immer. So auch beim furiosen 27:14 gegen die Schweiz am Mittwochabend. Am Ende entschied Bundestrainer Alfred Gislason, dass U-21-Weltmeister David Späth seine ersten EM-Minuten bekommt und Wolff ersetzt. "Die letzte Entscheidung liegt immer beim Cheftrainer", schiebt Andersson nach. Den Wechsel befürwortete der 45-jährige Schwede. Wolff wurde für seine Leistung vom Publikum frenetisch gefeiert, Späth kam direkt in den Genuss, wie sich ein A-Länderspiel bei einem Großereignis anfühlt.

10.01.2024, EHF EURO 2024, Männer Europameisterschaft Handball, MERKUR Spiel-Arena in Düsseldorf, Deutschland - Schweiz: Abschlussjubel nach dem Sieg. Die Mannschaft steht jubelnd auf dem Spielfeld und bedankt sich bei den Fans Zuschauern. Lukas Mertens (Deutschland), Jannik Kohlbacher (Deutschland) und Sebastian Heymann (Deutschland) jubelnd vor Freude Nordrhein-Westfalen Deutschland *** 10 01 2024, EHF EURO 2024, European Mens Handball Championship, MERKUR Spiel Arena in Düsseldorf, Germany Switzerland Closing cheers after the victory The team stands cheering on the pitch and thanks the fans Spectators Lukas Mertens Germany , Jannik Kohlbacher Germany and Sebastian Heymann Germany cheering with joy North Rhine-Westphalia Germany

"Für den Gänsehaut-Moment sorgte Alfred Gislason"

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Die Harmonie im deutschen Tor soll das zweite EM-Vorrundenspiel gegen Nordmazedonien am Sonntag (20.30 Uhr, LIVE! bei kicker und im ZDF) nicht stören. Die Partie birgt aber Gefahrenpotenzial. Das häufig genutzte taktische Mittel des siebten Feldspielers kann mehr freie Würfe des Gegners ermöglichen - aber vor allem die Torhüter zu eigenen Angriffsaktionen verleiten.

Gislason polterte nach dem Portugal-Spiel

Würfe über das ganze Feld und Torhüter-Tore haben im Handball seit der Einführung der Möglichkeit eines siebten Feldspielers zum 1. Juli 2016 - seitdem muss der Feldspieler kein "Torhüter-Leibchen" mehr tragen - Einzug erhalten. Sie können die Torhüter aber auch zu Fehlentscheidungen verleiten. So zum Beispiel erst bei der jüngsten EM-Generalprobe gegen Portugal in Kiel (35:31).

Trotz des Erfolgs gegen die Portugiesen stellte sich Gislason kurz vor EM-Start mit finsterer Miene vors ARD-Mikrofon und kritisierte: "Wir haben zu viele klare Chancen vergeben, gerade von Tor zu Tor. Diese Würfe aufs leere Tor waren unsere schlechteste Taktik heute - viermal geworfen und nur ein Tor ist ziemlich grausam."

Ein Bild blieb hängen. Bei einem Fehlwurf Späths über das ganze Feld schimpfte der Bundestrainer an der Seitenlinie. Einzig Wolff hatte es einmal geschafft, aus großer Entfernung zum 18:14 einzunetzen. Die Sinne im deutschen Torhüter-Team wurden bereits geschärft. "Natürlich soll nichts überstürzt werden. Es geht darum, den Ball zu sichern und nach vorne zu spielen", sagt Andersson.

"Wenn das alles läuft und man sich gut fühlt, warum nicht?"

Von Emotionen getrieben, trifft Späth aber hin und wieder noch Fehlentscheidungen. "Gegen Portugal hätte man vielleicht den Ball ruhig spielen sollen und das ist genau das, was ich meine: Ich sehe es und ohne viel zu überlegen, haue ich dann drauf", gibt sich das Top-Talent der Rhein-Neckar Löwen selbstkritisch, schließt aber diese Weitwürfe verständlicherweise nicht kategorisch aus. "Man muss einfach abschätzen, ob es jetzt beispielsweise ein enger Spielstand ist und wir das Spiel ruhig halten müssen, dann sollten wir das lieber nicht machen, aber wenn das alles läuft und man sich gut fühlt, warum nicht? Das ist eine freie Torchance."

Grundsätzlich stelle er eine Parade auch über ein Tor, aber "wenn ich dem Team dadurch helfen kann und ich die Chance sehe, will ich sie halt auch nutzen". Nach fünf A-Länderspielen steht Späth noch ohne Treffer da, Wolff machte in 146 Einsätzen 14 Tore.

Steinert verrät "neue" Taktik

Offenbar gab es aber doch schon eine Ansage im DHB-Team. Christoph Steinert berichtet am Rande des Medientermins: "Die Strategie ist jetzt, noch einen Zwischenpass einzubauen. Das heißt, wir spielen das wie im normalen Konter. Wenn der Weg nicht so weit ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass er drin ist."

Wenn am späten Sonntagabend aber doch ein Torwarttor in der Statistik auftaucht, es wäre nicht verwunderlich.

"Die stärkste Torhüter-Leistung, die ich seit vielen Jahren gesehen habe"

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