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Boateng über die Baller League: "Hier können Stars entstehen"

Neue Fußball-Liga startet in Köln mit vielen Fußball-Stars und Influencern

Boateng über die Baller League: "Hier können Stars entstehen"

Teammanager der "Käfigtiger": Kevin-Prince Boateng.

Teammanager der "Käfigtiger": Kevin-Prince Boateng. Matthias Dersch Fotografie

Schicke Autos und Fußball - das gehört auch im Jahr 2024 noch immer zusammen. Insofern passt es, dass die neue Kleinfeldfußball-Liga "Baller League" ihre Spielstätte auf dem Gelände eines Zentrums für Oldtimer- und Sammlerfahrzeuge errichtet hat. In einer Eventhalle auf dem riesigen Gelände in Köln-Ossendorf, wo sonst reale Kartrennen mit virtuellen Elementen stattfinden, erstrahlt an diesem Montag zum Start der neuen Liga das satte Grün des Kunstrasens, auf dem sich am Abend zwölf Teams und ihre prominenten Manager gegenüberstehen. Rund um das 29 x 50 Meter große Spielfeld stehen Tribünen, auf denen 500 Fans Platz finden. Dazu gibt es eine "Presidents Booth" für die VIPS und eine "Managers Booth" für die streamenden Teamchefs, die die Partie live auf ihren Twitch-Kanälen kommentieren.

An Details wie diesen merkt man, dass es sich bei der Baller League nicht allein um eine klassische Fußball-Liga handelt, sondern um den Versuch, den bei jung und alt noch immer beliebten Hallenfußball mit den Entertainment-Formaten der Jugend zu koppeln. Die wenigen älteren Semester, die sich eines der kostenfreien Tickets ergattern konnten, leiden bei der Premiere zum Teil erkennbar unter Reizüberflutung. Die primäre Zielgruppe des lauten Spektakels ist jung.

Kramer: "Die Jungs von heute fahren voll drauf ab"

"Die Jungs von heute", sagt Christoph Kramer, "die fahren voll drauf ab." Der Profi von Borussia Mönchengladbach, der seit jeher dafür bekannt ist, über den Fußballplatz hinauszublicken, ist als Trainer der "Golden 11" am Start - und trotz seines Status als Weltmeister von 2014 längst nicht der Promi mit der höchsten Reichweite im Wettbewerb. Gegen die Followerzahlen der Influencer sieht auch der eine oder andere prominente Fußballer alt aus. Nicht umsonst sagt Kramer über die ebenfalls als Teammanager aktiven Web-Stars MontanaBlack und Knossi: "Die sind die Thomas Gottschalks der Jugend." Auch der Rapper KontraK und der Comedian, Podcaster und Autor Felix Lobrecht erreichen ein Millionen-Publikum über ihre digitalen Kanäle. Sie sind bei der Baller League ebenfalls als Manager dabei. Genau wie die deutsche Nationalspielerin Jule Brand, die Schweizer Fußballspielerin Alisha Lehmann sowie die Ex-Profis Max Kruse und Hans Sarpei.

Der von Kramer so hervorgehobene Internet-Entertainer Knossi spielte früher lieber Handball, musste seine Karriere in frühester Jugend aber beenden, ehe sie überhaupt erst losgegangen war. Er läuft am Montagabend mit einem Dauerlächeln durch die Location und sagt: "Ich erwarte junge, hungrige Spieler, die Bock haben, alles zu geben. Die sind alle mega-gehyped. Die standen alle kurz vor der Profi-Karriere. Hoffentlich überpaced da keiner." Die Hoffnung erfüllt sich nicht ganz: Tag 1 vergeht nicht ohne Verletzungen, doch bei allem Ehrgeiz der Spieler: Die Partien verlaufen weitgehend fair, die Schiedsrichter um den früheren Bundesliga-Referee Babak Rafati haben keine Mühe mit der Leitung - was möglicherweise auch an der Bodycam liegt, die vor ihre Brust geschnallt ist und alles aufzeichnet.

Die sportliche Qualität soll im Vordergrund stehen

Die Qualität des Spiels - das ist den Machern hinter der Baller League wichtig - soll bei den wöchentlichen Spieltagen, die am 6. April in einem Final-Four-Turnier münden, das ist in einem noch nicht bekannten Stadion im Westen Deutschlands stattfinden wird, im Vordergrund stehen. Das Entertainment soll lediglich den Rahmen bilden. Dazu haben sich die beiden CEO Thomas de Buhr (früher unter anderem bei DAZN, Twitter/X, Google) und Felix Starck (Filmemacher und -produzent) mit den sogenannten Präsidenten Mats Hummels und Lukas Podolski nicht nur sportliche Expertise an die Seite geholt, sondern sich auch ein an den US-Sport angelehntes Draft-Programm ausgedacht.

Action in der Baller League

Action in der Baller League. Matthias Dersch Fotografie

Im Internet konnte man seine Bewerbung für die Baller League einreichen. Eine Auswahl der Bewerber wurde anschließend nach Köln eingeladen, um vorzuspielen. Eine Woche vor dem Start an diesem Montag trafen sich schließlich die Teammanager, um sich aus 140 Spielern, die es in die finale Auswahl geschafft hatten, ihre Teams zusammenzustellen. Dabei sind zwar auch frühere Bundesliga-Profis wie Moritz Leitner oder Christian Clemens, vor allem aber tummeln sich in den Mannschaften Spieler, die den Sprung in den Profifußball nicht geschafft haben, aber nah dran waren.

"Viele waren in einem Nachwuchsleistungszentrum", sagt Starck, der in der sportlichen Qualität ein Abgrenzungsmerkmal zur spanischen Kings League sieht, die vom früheren Barcelona-Star Gerard Pique ins Leben gerufen wurde und dort beachtliche Erfolge feiert. Auch Starck kickte früher in einem NLZ, verlor dann aber später die Lust am Fußball und machte als Weltumradler auf sich aufmerksam. Die Premiere seines neuen Projekts verfolgt er am Spielfeldrand durchgehend im Stehen - und am Handy. In seiner Anspannung und dem Willen zur Perfektion erkennt man den Wunsch nach Erfolg.

Boateng: "Hier können Stars entstehen"

"Hier können Stars entstehen", sagt Kevin-Prince Boateng, Manager des Teams "Käfigtiger". Der Ex-Herthaner, der seine Profikarriere im Sommer beendet hat, hat sich in Patrick Ebert Verstärkung mitgebracht. Sein früherer Mitspieler aus Berlin kickt am Montag als Überraschungsgast mit, ebenso Zvjezdan Misimovic (früher unter anderem FC Bayern, Bochum, Wolfsburg) oder der Kölner Mike Wunderlich. Die besten Spieler sind sie am Premierentag nicht, auf sich aufmerksam machen die vorab eher unbekannten Kicker, die sich beworben haben und ihre Chance nutzen wollen. "Ich freue mich für die Jungs", sagt Kramer, "dass sie sich jetzt auf dem zweiten Weg zeigen können. Viele von ihnen hatten nicht die Chance, auf der großen Bühne zu spielen. Bei ihnen merke ich die Begeisterung, jetzt vor so vielen Menschen zu spielen." In der Halle, vor allem aber vor den Screens: Neben den kostenlosen Twitch-Übertragungen ist auch ProSieben als Medienpartner an Bord und zeigt die Spiele auf dem Free-TV-Sender ProSieben Maxx.

Doch wohin will die Ballers League? Will sie den normalen 90-Minuten-Fußball ablösen? Die Pläne der Macher sind zwar ambitioniert, doch die "neue Ära des Fußballs", die auf den Banden angekündigt wird, ist dann doch eher ein Marketing-Slogan. "So drastisch würde ich das nicht sagen", sagt Boateng, als er darauf angesprochen wird. "Aber Fußball ist für mich ein bisschen langweilig geworden. 90 Minuten zu schauen - das ist manchmal zäh. Das ist hier Entertainment. Hier gibt's Abwechslung und Tempo."

Der Start ist geglückt, das dauerhafte Interesse muss sich erst einstellen

Kramer, der sich selbst als "Kind der Bundesliga" bezeichnet, pflichtet seinem Manager-Kollegen bei: "Ich glaube, die Baller League ist keine Konkurrenz, aber etwas, das nebenbei groß werden könnte. Früher waren Champions-League-Tage das größte, das waren Feiertage. Heute erwische ich mich selbst dabei, wie ich nebenbei am Handy hänge und abgelenkt bin." Das Format mit 2 x 15 Minuten Spielzeit und Extra-Regeln wie einem vorübergehenden 3-gegen-3-Spiel oder ähnlichen Überraschungen, sei "da vielleicht gar nicht so verkehrt".

Der Start am Montag verläuft für die Baller League durchaus vielversprechend. Der eigene Twitch-Stream verzeichnet bei der Premiere bislang eine Million Aufrufe. Doch wie tragfähig und erfolgsversprechend das für die Beteiligten ebenso zeitaufwändige wie für die Macher teure Modell wirklich ist, wird sich erst in den kommenden Wochen zeigen, wenn der Reiz des Neuen langsam in den Alltag der wöchentlichen Spieltage übergeht. Erst dann wird erkennbar sein, wie groß das dauerhafte Interesse an dieser neuen Form des Hallenfußballs ist - und damit auch der Wille der zahlreichen Sponsoren, ihr Engagement fortzusetzen.

Matthias Dersch