Ein prestigereiches Duell erwartete die Fußballfans aus aller Welt am Samstagabend: Im vierten und letzten Viertelfinale der WM 2022 trafen England und der amtierende Weltmeister aus Frankreich aufeinander. Der Fokus lag vor der Partie klar bei Mbappé, der schon vor Anpfiff bei fünf Turnier-Toren und damit im zarten Alter von 23 insgesamt schon bei neun WM-Toren stand.
Aufgabe von Gareth Southgates Mannschaft war also auch, den schnellen Offensivmann der Franzosen weitestgehend auszuschalten. Die Three Lions hatten beim souveränen 3:0 im Achtelfinale gegen den Senegal zwar keine Chance das an Bayerns Mané (verletzt) zu testen, gegen Sarr und Diatta lief es aber. Für Southgate gab es daher keinen Grund personell zu rotieren.
England fokussiert sich zu sehr auf Mbappé
Und während Mbappé bei den nach dem 3:1 gegen Polen ebenfalls unveränderten Franzosen in den ersten Minuten zwar ab und zu den Ball hatte, der Weg in die Mitte aber versperrt blieb, hatte Oldie und Rekordtorschütze Giroud die erste dicke Chance. Dembelé, Didier Deschamps' zweiter wendiger und blitzschneller Flügelstürmer, servierte die Kugel perfekt neun Meter vors Tor auf Girouds Kopf, der im Fallen an Pickford scheiterte (12.).
Durch die Beine von Bellingham: Tchouamenis (Mi.) Schuss ins Glück. Getty Images
In der Folge konzentrierten sich die Briten allerdings weiterhin zu sehr auf den 23-Jährigen und öffneten anderen damit den Raum. Nach einem robusten Zweikampf von Upamecano gegen Saka ging es über den Bayern-Verteidiger schnell nach vorne, wo Mbappé schon wartete und in die Mitte zog. Zehn englische Augen sahen dann die Kugel über Dembelé und Griezmann zu Tchouameni rutschen, der Maß nahm und das Leder "Pogba-esk" aus etwa 25 Metern ins linke untere Ecke schweißte (17.).
Kane, Bellingham und Co. wachten mit dem Gegentreffer auf und so war es auch Ersterer, der Lloris erstmals vor Probleme stellte. Erst parierte Tottenhams Tormann einen Außenrist-Abschluss seines Vereins-Kollegen (22.), sieben Minuten später versuchte es Kane mit Wucht aus der Distanz (29.). Zwischen beiden Aktionen schaltete sich noch der VAR aufgrund eines möglichen Strafstoßes ein, doch Upamecanos erneutes Einsteigen gegen Saka fand wohl vor dem Sechzehner statt, wodurch die erste Entscheidung des Unparteiischen, nicht Foul zu pfeifen, bestehen blieb (27.).
Les Bleus zur Pause vorne
WM-Viertelfinale
Über eine Freistoßvariante von Griezmann über Hernandez kam Mbappé vor der Pause nochmal aus elf Metern zum Abschluss (39.), verzog allerdings deutlich. Und weil auch Lloris' Sechzehner bis zum Halbzeitpfiff weitestgehend leer blieb, ging es mit dem 0:1 in die Kabine. Aus dieser kamen gut 15 Minuten später elf furiose Engländer.
Erst prüfte Bellingham aus 17 Metern Lloris per Volley (47.), dann sprang Frankreichs Tormann an einer Ecke vorbei, doch Maguires Kopfball blieb an Koundé hängen (48.). Dass es wenig später doch 1:1 stand, entschied sich vom Punkt. Kane verwandelte trocken und wuchtig aus elf Metern (54.), nachdem Saka im Strafraum von Tchouameni gefoult wurde und Wilton Sampaio direkt auf den Punkt zeigte. Englands beherztes Auftreten nach dem Seitenwechsel zahlte sich aus - der Ausgleich war verdient.
Rabiot verpasst fast im direkten Gegenzug mit einem Volley aus 20 Metern die erneute Führung (55.), doch das Spiel flachte nicht ab. Es ging weiter immer hin und her mit viel Tempo zwischen den Strafräumen, wobei England wie zu Beginn des zweiten Durchgangs den wacheren Eindruck machte. Ein Standard brachte dann aber die nächste Chance, wieder flog Maguires Kopfball allerdings nicht ins Netz - die Kugel zischte haarscharf links vorbei (70.).
Wilde Schlussphase
In den letzten 15 Minuten wurde es dann wild: Erst war Girouds Abschluss auf fünf Metern zu zentral und so haltbar für Pickford (77.), dann machte es der kantige Stürmer besser und nickte eine Flanke von Griezmann aufs Tor, Maguire fälschte sie dann unhaltbar zum 2:1 ab (78.). England bekam sechs Minuten später erneut die Ausgleichschance vom Punkt, doch diesmal vergab Kane und schoss das Leder in den katarischen Nachthimmel (84.). Dem Strafstoß nach VAR-Entscheidung war ein Foul von Hernandez am eingewechselten Mount vorangegangen.
In den über acht Minuten Nachspielzeit schmissen die Three Lions noch einmal alles rein - mit Rashford und Grealish kamen noch zwei Offensive -, doch auch der letzte Standard brachte nichts ein: Rashfords Versuch aus 20 Metern zentraler Position streifte nur das Tordach (90.+10).
Frankreich trifft damit im Halbfinale am Mittwoch (20 Uhr, LIVE! bei kicker) auf Marokko, dass mit dem 1:0 über Portugal die nächste Sensation feierte und als erstes afrikanisches Team in den letzten Vier einer WM steht. England verpasste gleichzeitig trotz beherztem Auftritt und verdientem Ausgleich das dritte Halbfinale in einem großen Turnier in Folge. Für die Three Lions ist der Traum des zweiten WM-Titels nach 1966 geplatzt.