2. Bundesliga (D)

KSC-Manager Freis im Interview: "Verfallen nicht in Jugendwahn"

KSC-Manager bezieht Stellung zu Kaderplanung und Trainerfrage

Freis im Interview: "Wir verfallen nicht in Jugendwahn"

Sebastian Freis wirft im kicker-Interview einen Blick in die Zukunft.

Sebastian Freis wirft im kicker-Interview einen Blick in die Zukunft. IMAGO/Matthias Koch

Vor dem letzten Heimspiel der Saison gegen Hannover 96 am Sonntag könnte der Himmel beim Karlsruher SC eigentlich voller Geigen hängen. Das Team von Trainer Christian Eichner steht aktuell auf Platz 1 der Rückrundentabelle, im Gesamtranking winkt sogar noch Rang 4 vor dem HSV. Tatsächlich ist die Atmosphäre bei den Badenern allerdings spürbar angespannt. Der anstehende Kaderumbruch wird von vielen Beobachtern eher skeptisch begleitet, das Zögern mit der Vertragsverlängerung von Erfolgscoach Eichner sorgt für allgemeine Verwunderung. Für Ex-Profi Sebastian Freis (39), seit vergangenen September als Bereichsleiter Sport im Amt, gleich zwei wegweisende Bewährungsproben.

In Ihrer ersten Sommertransferperiode als Hauptverantwortlicher müssen Sie prompt einen veritablen Kaderumbruch managen. Es gibt kleinere Herausforderungen, Herr Freis.

Das mag sein, aber mir wird die Situation oft zu negativ dargestellt. Mit Blick auf die neue Saison muss niemand in Panik verfallen. Wir wissen schon länger, welche Herausforderungen in der Kaderplanung in diesem Sommer auf uns zukommen. Als Verein sehen wir darin nicht nur Risiken, sondern vielmehr auch Chancen.

Von den auslaufenden Verträgen der Spieler über 30 Jahren wurde lediglich der von Sebastian Jung verlängert. Philip Heise und Marco Thiede stehen vor dem Abschied. Und mit Jerome Gondorf, Lars Stindl sowie Daniel Brosinski machen drei Routiniers gleichzeitig Schluss. Konnten Sie keinen zum Weitermachen überreden - oder wollten Sie nicht?

Uns ist absolut bewusst, welche Bedeutung die genannten Spieler hatten, insbesondere für die Hierarchie der Mannschaft. Aber das waren persönliche Entscheidungen, und wir können keinen der Spieler jünger machen. Deshalb nehmen wir die Situation an, wie sie ist. Bei genauer Betrachtung sieht man, dass von elf Stammspielern dieser Rückrunde acht auch kommende Saison weiter bei uns sind. So gesehen gilt es neben Gondorf vor allem Paul Nebel und Igor Matanovic zu ersetzen, die zu ihren Stammvereinen (Mainz 05 und Eintracht Frankfurt, Anm. d. Red.) zurückgehen. Beide haben sich bei uns zu enorm wichtigen Spielern entwickelt. Aber wir haben einen klaren Plan, wie wir sie ersetzen wollen.

Nämlich?

Niemand muss Angst haben, dass wir jetzt nur noch 20-Jährige holen, wie es uns nach den Transfers von Noah Rupp und Benedikt Bauer von einigen nachgesagt wurde. Wir haben die Möglichkeit, Spieler mit Erst- und Zweitliga-Erfahrung zu verpflichten, um die Positionen von Paul und Igor nachzubesetzen. Wir wollten und mussten uns ein Stück weit verjüngen, aber wir verfallen nicht in Jugendwahn. Wir haben jetzt schon einen richtig guten Mix. Bei den Verpflichtungen für diese beiden offensiven Positionen geht es ausschließlich um Qualität.

Bei Transfers gibt es kein Dogma und kein Tabu - die Qualität steht an erster Stelle.

Sebastian Freis

Besteht auch bei Mainzer Klassenerhalt definitiv keine Chance auf Nebels Weiterverpflichtung?

Wir werden Paul am Sonntag gegen Hannover offiziell verabschieden, diesen Abschied hat er sich mit seinen herausragenden Leistungen verdient. In den Gesprächen mit Paul und Mainz war die Tendenz klar erkennbar, dass Mainz ihn zurückhaben will. Wenn es am Ende doch noch anders kommt, würden wir ihn natürlich jederzeit wieder sehr herzlich willkommen heißen.

Der Gondorf-Nachfolger wurde in Person von Nicolai Rapp bereits im Winter geholt?

Genau. Nicolai hat mehrfach gezeigt, gerade zuletzt in Rostock wieder, dass er diese verantwortungsvolle Rolle vor der Abwehr einnehmen kann, sowohl als starker Zweikämpfer als auch dank seiner spielerischen Fähigkeiten. Im zentralen defensiven Mittelfeld haben wir trotz Jeromes Abschied also keine Baustelle zu schließen.

Igor Matanovic, Paul Nebel

Die Leihverträge von Igor Matanovic (li.) und Paul Nebel laufen im Sommer aus. IMAGO/Eibner

Würden Sie gerne wieder auf junge Leihspieler wie Nebel und Matanovic setzen, deren Einsatzzeiten sich über die Nachwuchssäule der DFL-Medienerlöse auch wirtschaftlich bezahlt machen? Oder liegt Ihr Augenmerk darauf, selbst Transferwerte zu schaffen?

Da gibt es für uns kein Dogma und kein Tabu. Die Qualität der Spieler steht bei der Bewertung an erster Stelle. Hochtalentierte Offensivkräfte stehen häufig langfristig bei Erstligisten unter Vertrag und sind für uns nur über Leihen zu bekommen. Diese waren bei Paul und Igor absolute Erfolgsmodelle. Für uns, für den Stammverein und für die beiden selbst. Könnten wir ähnlich gute Spieler fest verpflichten - umso besser.

Bedeutet also: Für Nebel und Matanovic kommt jeweils ein Profi mit Stammplatz-Potenzial, und damit wäre der Kader schon komplett?

Ja. Zusätzlich werden wir uns um einen weiteren Stürmer bemühen, so dass wir wieder vier Optionen für ganz vorne hätten.

Drewes oder Weiß? Wir werden die Torwart-Hierarchie gemeinsam bewerten.

Sebastian Freis

Hinter Fabian Schleusener, der mit seinen Einsatzzeiten nicht wirklich zufrieden sein kann, und Budu Zivzivadze, der die EM als Schaufenster nutzen könnte, bleiben faktisch auch Fragezeichen. Oder?

Die gibt es im Fußball immer. Die Situation in beiden Fällen ist nachvollziehbar beschrieben. Wir werden die Entwicklungen genau beobachten und sind auf alle Szenarien bestmöglich vorbereitet. Parallel gilt es für uns final zu entscheiden, ob Stefano Marino, den wir an Astoria Walldorf verliehen haben, schon kommende Saison unser Stürmer Nummer vier sein könnte.

Wollen Sie im Idealfall den Kader bis zum Trainingsbeginn komplett haben - oder lassen Sie ganz bewusst noch Planstellen offen, um im August zuschlagen zu können, wenn sich erfahrungsgemäß noch ungeahnte Chancen ergeben?

Im Sturm werden wir uns einen Kaderplatz länger offenhalten, um mit dem richtigen Timing am Transfermarkt agieren zu können.

Ein Luxusproblem bahnt sich im Tor an. Hinter dem starken Stammkeeper Patrick Drewes scharrt das 19-jährige Top-Talent Max Weiß mit den Hufen…

Wir haben definitiv zwei Top-Torhüter. Patrick hat einen großen Anteil daran, dass wir im Verlauf der Saison defensiv immer stabiler geworden sind. Max hat in den letzten Wochen und Monaten im Training wie in den Testspielen enorme Fortschritte gemacht. Mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit wird er jetzt in den letzten zwei Saisonspielen Einsatzzeit bekommen, wodurch wir weitere Informationen über seinen Entwicklungsstand erhalten können. Darauf aufbauend werden wir dann gemeinsam in der Vorbereitung bewerten, wie die Torwart-Hierarchie künftig aussehen wird.

Klingt nach offenem Zweikampf. Sie würden Weiß also grundsätzlich bereits die Rolle als Zweitliga-Keeper zutrauen?

Das ist aktuell die klare übereinstimmende Einschätzung von Torwarttrainer Markus Miller, Cheftrainer Christian Eichner und von mir.

Alle Spieler wissen: Ihr Trainer heißt in der nächsten Saison Christian Eichner.

Sebastian Freis

Apropos Cheftrainer: Dass Sie mit Eichner bislang nicht konkret über eine Verlängerung des 2025 auslaufenden Vertrags sprechen, sorgt seit Wochen für Verwunderung, auch während und nach der Pressekonferenz an diesem Freitag. Verstehen Sie das ?

Ich kann mich da nur wiederholen: Journalisten und Experten bewerten es aus der Außenansicht, das respektieren wir. Aus der Innensicht haben wir aber Gründe für unseren Zeitplan, die wir nicht in allen Einzelheiten öffentlich darlegen müssen. Der klare Plan, mit Christian über 2025 hinaus weiterzuarbeiten, ist eindeutig formuliert. Basierend auf der ebenfalls unmissverständlichen Wertschätzung: Wir alle nehmen die sehr positive Entwicklung der Mannschaft und einzelner Spieler im Verlauf der Rückrunde wahr, und daran hat Christian einen großen Anteil. Die langjährige Kontinuität auf der Trainerposition, gepaart mit Christians überzeugender Arbeit, sind sehr relevante Faktoren unserer erfolgreichen sportlichen Entwicklung.

Erst Kaderplanung, dann Trainervertrag - ist dieser Zeitplan nicht widersinnig? Sicherheit in der Trainerfrage wäre doch ein Zusatzargument beim Werben um gute Spieler…

Alle Spieler, die im Sommer kommen, wissen: Ihr Trainer heißt in der nächsten Saison Christian Eichner. Er ist auch nicht erst seit gestern da, sondern seit viereinhalb Jahren. Und er hatte auch in schwierigen Phasen immer die volle Rückendeckung des Vereins. Mehr Sicherheit braucht niemand. Es geht hier ganz allein um den Zeitplan.

Christian Eichner

Für Sebastian Freis ist klar: Christian Eichner bleibt KSC-Coach. picture alliance / GES/Annegret Hilse

Der aber aus Klubsicht doch ein völlig unnötiges Risiko birgt: Eichner soll für diesen Sommer eine Ausstiegsklausel besitzen - und neuerdings zum Beispiel beim 1.FC Köln auf der Liste stehen…

Garantien gibt es im Fußball nie. Aber ich habe in den Gesprächen mit ihm eindeutig wahrgenommen, dass Christian seine Zukunft beim KSC sieht, auch über 2025 hinaus. Der KSC hat sich in den letzten Monaten auf allen Ebenen sehr positiv entwickelt. Und ich bin mir sicher, dass Christian diese Entwicklung genauso als Chance wahrnimmt.

Eichner selbst äußerte kürzlich, nicht mit einem auslaufenden Vertrag in die neue Saison gehen zu wollen. Warum wird ihm dieser Wunsch, falls er beim KSC bleibt, nicht erfüllt?

In den kommenden zwei Wochen werden wir keinen Abschluss vermelden können. Mit Vorbereitungsstart sind Christian und ich dann ohnehin wieder im intensiven persönlichen Austausch und werden das Thema seines Vertrags vorantreiben. Ohne dass wir uns da eine Deadline setzen werden oder Wasserstandsmeldungen nach außen geben.

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