Qualifikation

Irland sollte gegen die Niederlande verlieren, wenn es zur EM fahren will

Reglement der UEFA führt Sportsgeist ad absurdum

Irland sollte gegen die Niederlande verlieren, wenn es zur EM fahren will

Evan Ferguson von Brighton & Hove Albion gehört zu Irlands größten Talenten der Gegenwart.

Evan Ferguson von Brighton & Hove Albion gehört zu Irlands größten Talenten der Gegenwart. IMAGO/Inpho Photography

Das 4:0 gegen Gibraltar am Montagabend sorgte für keine großen Jubelstürme mehr in Irland: Mit nun sechs Punkten aus sieben EM-Qualifikationsspielen kommt man schließlich nicht weit. Und doch besteht für die Boys in Green eine kleine Restchance, 2024 in Deutschland teilzunehmen.

Das liegt an dem verästelten Quali-System aus "herkömmlicher" Qualifikation und Nations League. Aber alles der Reihe nach: Irland hat die EM-Qualifikation in Gruppe B sportlich klar verpasst. Die Gruppenersten und Zweitplatzierten der zehn Gruppen qualifizieren sich direkt für die EM 2024. Somit stehen zusammen mit Gastgeber Deutschland 21 der 24 EM-Teilnehmer fest. Die übrigen drei Plätze vergibt die UEFA über drei Play-off-Pfade, jeweils mit Halbfinale und Finale. Insgesamt zwölf Startplätze gibt es also dafür.

Oranje meisterte seinen vorläufigen Showdown

Die Siegerteams der Ligen A, B und C der Nations League qualifizieren sich für die Play-offs, sofern sie sich nicht bereits über die Gruppenphase des Quali-Wettbewerbs direkt für die EM qualifiziert haben. Wenn ein Gruppensieger der Nations League A, B oder C bereits sicher für die EM qualifiziert ist, rückt aus der jeweiligen Liga die nächstbeste Mannschaft, die sich nicht qualifiziert hat, in die Play-offs nach. Qualifizieren sich weniger als vier Mannschaften einer der ersten drei Ligen für die Play-offs, geht der erste freie Platz an den Sieger der Liga D.

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Ein Beispiel: Die Niederlande, die ihren vorläufigen Showdown gegen Griechenland am Montag in Athen gerade so mit einem 1:0-Siegtreffer in der Nachspielzeit meisterten, haben durch ihren Sieg in der Gruppe 4 der Nations League A ohnehin einen Platz in den Play-offs sicher. Sollte es Oranje aber schaffen, in der EM-Qualifikationsgruppe B einen der beiden ersten Plätze zu ergattern, wäre es direkt für die EM qualifiziert.

Estland profitiert trotz Nations League D

In diesem Fall müssten die Niederländer nicht mehr bei den Play-offs vom 21. bis 26. März 2024 antreten. Ihr Platz ginge an den nächsten Anwärter in der Rangfolge, die die UEFA aufgestellt hat. Je nach Ausgang der ausgeglichenen Qualifikationsgruppe E wäre das Tschechien und/oder Polen sowie Wales oder Kroatien aus der Gruppe D. Diese Nations-League-A-Teams laufen nämlich Gefahr, die direkte Qualifikation zu verpassen.

So kompliziert, so gut. An dieser Stelle kommen die Iren wieder ins Spiel.

Benötigen nämlich weniger als vier Mannschaften der Nations League A die Play-offs - weil fast alle direkt zur EM fahren -, geht zunächst ein Play-off-Platz an den besten der beiden Liga-D-Sieger: Estland.

Ein unwahrscheinlicher Fall - und doch eine Lücke

Letzter Spieltag in Quali-Gruppe B

Was das mit Irland zu tun hat? Nun füllen die besten Teams der Nations League B die Play-off-Pfade auf. Die per EM-Qualifikation qualifizierten Nations-League-Gruppensieger Schottland und womöglich auch Serbien herausgerechnet, bleiben Israel als voraussichtlicher und Bosnien-Herzegowina als definitiver Play-off-Starter übrig. Somit würden sowohl Pfad A als auch Pfad B je zwei aufzufüllende freie Plätze bieten. Die Reihenfolge der Nachrücker speist sich aus den Nations-League-Tabellen mit Stand Sommer 2023: Finnland, Ukraine, Island, Norwegen, Slowenien und eben Irland.

Damit die Iren an Position sechs der Nachrückerliste zu den Play-offs fahren dürfen, müsste der zugegeben unwahrscheinliche Fall eintreten, dass Israel in seiner Quali-Gruppe Rumänien überholt und Island die Slowakei. Dann wäre der Weg frei für Irland.

Ist dieses Prozedere im Sinne des Sports?

Wollen die Iren also ihre Restchance auf eine EM-Teilnahme bewahren, müssen sie gegen die Niederlande am 18. November (20.45 Uhr) bestenfalls verlieren, damit Griechenland ja nicht den 2. Platz in der Gruppe zurückerobert und die Niederlande somit einen der Play-off-Plätze blockieren.

So unwahrscheinlich es auch ist, dass die Boys in Green am Ende wirklich im Sommer 2024 in Deutschland mitwirken - es bleibt eine Lücke im Reglement. Und eine Frage: Ist dieses verflochtene Prozedere im Sinne des Sports?

Paul Bartmuß