Bundesliga

Kainz im Interview: "In der aktuellen Saison hat uns der nötige Killerinstinkt gefehlt"

Hartberg-Profi über die schwierige Spielzeit

Kainz im Interview: "In der aktuellen Saison hat uns der nötige Killerinstinkt gefehlt"

Tobias Kainz kämpft mit seinem Team gegen den Abstieg.

Tobias Kainz kämpft mit seinem Team gegen den Abstieg. GEPA Pictures

Mit 121 Pflichtspielen für den TSV Hartberg ist Tobias Kainz einer der langdienensten Profis im aktuellen Kader des steirischen Bundesligisten und erlebt mit seinem langjährigen Stammklub bereits seine vierte Saison im Oberhaus. Nachdem man in den beiden letzten Jahren mit der Qualifikation für die Meistergruppe 2020 und dem Sieg im unteren Play-off in der abgelaufenen Saison für einige Highlights sorgen konnte, findet man sich aktuell wie vor drei Jahren mitten im Abstiegskampf wieder.

Qualifikationsgruppe - 27. Spieltag

Allrounder Kainz, der bereits in seinem ersten Jahr in Hartberg bis zum letzten Spieltag um den Klassenerhalt zittern musste, spricht im Gespräch mit dem kicker über Parallelen zur damaligen Situation, die Entwicklung des Vereins und warum er zuversichtlich ist auch dieses Jahr mit seiner Mannschaft die Klasse zu halten.

Herr Kainz, in Ihrer Debütsaison beim TSV Hartberg waren Sie mit Ihrem Team nach 26 Spieltagen mit 13 Punkten Vorletzter und sind wie heuer bis ins ÖFB-Cup-Halbfinale vorgedrungen. Lassen sich Parallelen zwischen der damaligen und der heutigen Situation ziehen?

Zum Teil schon, auf der anderen Seite sind nicht mehr so viele Spieler im Kader, die die damalige Situation miterlebt haben. Grundsätzlich ist es aber so, dass man eine gewisse Erfahrung hat, wenn man das schon erlebt hat. Man weiß, auf was es ankommt und dass der Zusammenhalt ein sehr wichtiger Punkt ist. Der ist bei uns nach wie vor gegeben und das wird auch der Punkt sein, warum wir es am Ende wieder schaffen werden.

Damals rettete man sich am letzten Spieltag. Was stimmt Sie zuversichtlich, dass es heuer erneut positiv ausgeht?

Bei uns ist einfach jeder für jeden da, jeder kämpft für den anderen, gewinnt Zweikämpfe und läuft seine Meter. So werden wir auch wieder zum Torerfolg kommen. In Ried hatten wir schon drei, vier gute Tormöglichkeiten, leider haben wir den Treffer nicht erzielt. Das wird wichtig sein, dass wir jetzt wieder Tore schießen und da bin ich guter Dinge, dass uns das in den nächsten Spielen gelingen wird.

Zwar holte man im unteren Play-off noch keinen Sieg und erzielte keinen Treffer, spielte in drei von vier Partien aber immerhin zu Null. Wie viel kann man dieser defensiven Stabilität in der aktuellen Situation abgewinnen?

Das gibt uns schon ein gewisses Selbstvertrauen, wenn man weiß, dass wir gut stehen und es schwer ist, gegen uns ein Tor zu machen. Natürlich beschäftigt man sich als Fußballer in so einer Situation dann eher mit den Dingen, die nicht so gut laufen, wie dem Torschießen. Man darf aber nicht darauf vergessen, dass wir aus dieser defensiven Stabilität ein großes Selbstvertrauen ziehen können und wir in den nächsten Runden daran anschließen, weil das im Abstiegskampf sehr wichtig sein wird. Dann können wir auch mehr daran glauben, dass wir Tore schießen können und das auch tun.

Diese Ex-Profis kicken jetzt im Amateurfußball

Sie haben die offensive Flaute bei Ihrem Team angesprochen. Jetzt legt man im Training bereits den Fokus darauf. Wie kommt es, dass man diese Ladehemmung, wenn es darauf ankommt, nicht ablegen kann? Hat man sich bisher vielleicht auch zu sehr auf die Torinstinkte von Dario Tadic verlassen?

Wir wissen, wie wichtig Dario für uns in den vergangenen Jahren war und immer noch ist und das alleine an ihm aufzuhängen, wäre meiner Meinung nach blöd. Es ist auch immer eine Sache, welche Bälle er bekommt, wie wir in das letzte Drittel kommen und welche Möglichkeiten wir uns herausspielen. Das war jetzt gegen Ried besser und davor - das muss man sagen - war es zu wenig. Hier gilt es daran zu arbeiten, dass wir unsere Offensivspieler einfach in die richtigen Positionen bringen, damit sie zum Abschluss kommen. Dann wird der Knoten wieder aufgehen und wir unsere Tore schießen.

Hat man die offensiven Abgänge von Sascha Horvath, Seifedin Chabbi und Florian Flecker einfach auch nicht gut genug auffangen können?

Wir hatten natürlich in der Offensive Abgänge im vergangenen Sommer, die in den vergangenen Jahren sehr wichtige Spieler für uns waren, aber in der aktuellen Situation sollten wir uns damit nicht mehr beschäftigen. Die Spieler, die jetzt hier sind, müssen einfach Gas geben. Klar ist für jüngere Spieler die momentane Situation für den Kopf ein wenig schwieriger zu verarbeiten als für ältere Profis, die zum Teil schon in so einer Lage waren. Da gilt es für uns Routiniers nun, alle mit ins Boot zu holen, allen klarzumachen, worum es jetzt geht und bei jedem nochmal etwas raus zu kitzeln, sodass sie uns dann auch weiterhelfen.

Sie haben ja schon Erfahrung im Abstiegskampf in Ihren Stationen bei Grödig und Wiener Neustadt gesammelt. Was haben Sie aus diesen Begebenheiten lernen können? Was können Sie dem Team vermitteln?

Was ich daraus gelernt habe ist, dass du von Spiel zu Spiel denken und dich auf die Dinge fokussieren musst, die du als Einzelner und als Mannschaft beeinflussen kannst. Nicht zu weit nach vorne zu schauen, auch wenn es manchmal schwierig ist, im Moment zu leben, aber das ist das einfachste Rezept in so einer Situation. Den Moment zu leben, täglich gut zu trainieren, Gas zu geben und am Wochenende versuchen, alles abzurufen. Dann wir es am Ende auch mit dem Klassenerhalt klappen.

Mit Klaus Schmidt hat man nun den klassischen "Feuerwehrmann" ins Boot geholt, der seine Fähigkeiten im Abstiegskampf schon öfters bewiesen hat. Wie bewerten Sie generell seine bisherige Arbeit in Hartberg?

Man merkt einfach, dass er diese Situation sehr gut kennt und weiß, was eine Mannschaft in so einem Moment braucht. Er gibt uns sehr viel Energie, wir versuchen gemeinsam die Spiele immer kritisch aufzuarbeiten, die Dinge, die er sehen will, umzusetzen und daran zu arbeiten. Wenn wir uns auf seine Vorgaben fokussieren und uns von seiner positiven Art mitreißen lassen, dann werden wir die Erfolgserlebnisse auch wieder kommen.

Es ist in Hartberg jetzt nicht so, dass man in eine Saison reingeht und davon ausgeht, dass man im oberen Play-off mitspielt.

Tobias Kainz

Dadurch, dass Altach im Abstiegskampf zuletzt acht Punkte aus den ersten vier Runden im unteren Play-off holen konnte, ist der Druck noch ein Stück gewachsen. Wie versuchen Sie mit Ihrem Team weiterhin die nötige Ruhe zu bewahren und nicht nervös zu werden?

Indem wir versuchen, die Dinge, die uns das Trainerteam vorgibt, Woche für Woche umzusetzen und dabei an unsere Leistungsgrenze zu gehen. Es hat keinen Sinn, weiter nach vorne oder nach hinten zu schauen, sondern man muss am jeweiligen Spieltag einfach bereit sein. Es ist gegen keinen Gegner da unten einfach, das ist dem Ligaformat geschuldet, dass am Ende sehr viel Spannung herrscht. So eng wie heuer war es noch nie, von dem her ist jeder Punkt wichtig, egal gegen welchen Gegner.

Nachdem man in den letzten beiden Jahren zwei sehr erfolgreiche Saisons erlebte, ist es dann doppelt schwer, den Schalter im Kopf auf puren Abstiegskampf umzulegen?

Es ist in Hartberg jetzt nicht so, dass man in eine Saison reingeht und davon ausgeht, dass man im oberen Play-off mitspielt. Die letzten zwei Saisons waren für den Verein sehr positiv, aber wir haben eben im Sommer wichtige Leistungsträger verloren und daher war für uns immer das Wichtigste der Klassenerhalt. Von dem her hat sich da nicht viel geändert. Die Saison hätte vielleicht anders verlaufen können, aber mit Was-wäre-wenn-Dingen wollen wir uns nicht beschäftigen. Wir nehmen die Situation an.

Wenn man etwas gewagt fragt: Fühlt sich diese Saison nach den letzten zwei Jahren wie ein Rückschritt an?

Schwer zu sagen. Natürlich waren die letzten beiden Jahre schon sehr positiv und das ist hoch einzuschätzen, was hier geleistet wurde. Nichtsdestotrotz ist für Hartberg doch immer der Klassenerhalt das oberste Ziel in jeder Saison. Was dazukommt ist ein Zuckerl und von dem her gilt es jetzt, die Arme hochzukrempeln, aus der Lage herauszukommen und wieder dort hinzugelangen, wo wir schon in der Vergangenheit waren.

Ein großes Problem in der aktuellen Saison ist auch, dass man einen Großteil seiner Punkte gegen die "großen Teams“ geholt hat. Warum tut man sich die vermeintlich kleinen Mannschaft so schwer, obwohl man doch den Anspruch stellt, in diesen Partien das Spiel zu machen?

Man hat das vor allem in der letzten Saison schon gespürt, dass die vermeintlich kleineren Gegner von der Art, wie wir aufgetreten sind, wie wir in Ballbesitz gespielt haben, Respekt vor uns gehabt haben. In der aktuellen Saison hat uns der nötige Killerinstinkt gefehlt. Wir sind vor allem im Herbst in vielen Partien unnötig in Rückstand geraten und dadurch haben sich die Gegner leichter getan. Es wird jetzt wichtig sein, dass wir auch einfach mal in Führung gehen, denn das hatten wir in dieser Saison wirklich nicht oft. Dann kannst du auch die Räume, die dir der Gegner gibt, besser bespielen und das hat sich in dieser Saison einfach schwieriger gestaltet.

Zutrauen würde es ihm auf jeden Fall, weil er von der Persönlichkeit ein Trainer ist, der auch für große Aufgaben gemacht ist.

Tobias Kainz über Markus Schopp als möglichen ÖFB-Teamchef

Wie schwerwiegend war der Abgang von Markus Schopp? Er war von seiner Persönlichkeit und seinem Auftritt her immens wichtig für die Mannschaft. Konnte man das nicht so gut verkraften?

Die Mannschaft war mit Markus Schopp sehr gut eingespielt, weil wir doch über drei Jahre zusammengearbeitet haben und man als Spieler gewusst hat, welche Dinge der Trainer verlangt. Nach einer gewissen Zeit entwickelt sich da einfach etwas. Ein neuer Trainer bringt dann wieder andere Vorstellungen mit, dass ist dann halt so und man muss das annehmen. Wir sind Profis genug, auch damit umgehen zu können.

Unter Markus Schopp haben Sie die meisten Spiele Ihrer Karriere absolviert. Aktuell ist er im Gespräch als möglicher ÖFB-Teamchef. Würden Sie ihm diese Rolle zutrauen?

Zutrauen würde ich es ihm auf jeden Fall, weil er von der Persönlichkeit ein Trainer ist, der auch für große Aufgaben gemacht ist. Er hat zudem als Spieler extrem viel Erfahrung gesammelt. Inwiefern das jetzt aktuell sein könnte, weiß ich aber nicht. Ich kann nur davon sprechen, wie er es bei uns in Hartberg gemacht hat und da hat man schon gesehen, dass er die Mannschaft auf ein höheres Niveau gebracht hat.

Jetzt stehen zwei Duelle mit der Admira an. Wie will man es dieses Mal anlegen, um den ersten Sieg und drei wichtige Punkte in der aktuellen Phase zu holen?

Dass die Duelle mit der Admira bisher auf Augenhöhe erfolgt sind, zeigen die beiden Unentschieden. Es wird darauf ankommen, dass unsere Defensive wieder gut steht, wir einfach versuchen, Druck nach vorne aufzubauen, immer wieder in die Box zu kommen und Abschlüsse zu suchen. Dann wird der Ball auch irgendwann wieder reingehen.

Interview: Maximilian Augustin