2. Bundesliga (D)

Herthas Leistner: "Es war gefühlt eine verschenkte Saison"

Ehrliche Bilanz des Hertha-Kapitäns

Leistner: "Es war gefühlt eine verschenkte Saison"

Nicht um klare Worte verlegen: Toni Leistner.

Nicht um klare Worte verlegen: Toni Leistner. IMAGO/Contrast

Er machte die Kollegen vor dem Anpfiff heiß aufs Spiel - und durfte im Gegensatz zu den Vorwochen auf dem Rasen selbst mal wieder mitmischen. Nach dem 0:2 beim FC St. Pauli am 10. März, als Toni Leistner zur Pause ausgewechselt worden war, hatte Herthas Kapitän seinen Stammplatz verloren. Es folgten vier Partien auf der Bank und ein Kurzeinsatz gegen Hansa Rostock (4:0).

Weil sich Marton Dardai wegen muskulärer Probleme vor dem Hannover-Spiel abmeldete, startete Leistner und lieferte solide Arbeit ab. Der Ausgleich durch Enzo Leopold in der Nachspielzeit sorgte bei Leistner und dem Rest der Belegschaft für Frust. "Da flankt ein Innenverteidiger mit Halstenberg, und der kleinste Spieler auf dem Feld macht ein Kopfballtor. Deswegen ist es sehr ärgerlich", befand Leistner. "Das müssen wir für die nächste Saison mitnehmen, dass wir defensiv viele, viele Sachen besser machen müssen."

Später Nackenschlag als Sinnbild

Den späten Nackenschlag gegen die Niedersachsen nannte der Innenverteidiger "ein Sinnbild der ganzen Saison", die schon jetzt für Hertha gelaufen ist und aus der Leistner Positives und Negatives mitnimmt: "Wir können Tore schießen - und müssen als Team viel, viel besser verteidigen. Das hat man auch wieder beim letzten Tor gesehen, dass da der Innenverteidiger zur Flanke laufen und ungehindert flanken kann. Das darf so nicht passieren. Wir haben gerade, was die Defensive angeht, viele, viele Hausaufgaben für die nächste Saison."

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Das aktuelle Spieljahr bringt Leistner ungeschminkt auf den Punkt: "Es war gefühlt eine verschenkte Saison, weil ich glaube, dass extrem viel Potenzial in dieser Mannschaft steckt, aber wir es nicht konstant abgerufen haben. Da ist dann die Frage, woran es gelegen hat. Das müssen wir analysieren, das müssen die Klub-Verantwortlichen analysieren, und jeder Einzelne muss sich an die Nase fassen."

Mit seiner Reservisten-Rolle zuletzt war Leistner nicht happy, aber seinem Erziehungsauftrag kam er vollumfänglich nach. "Toni ist ein wichtiger Teil von Hertha BSC - ob er spielt oder nicht", sagte Coach Pal Dardai. "Er ist wie ein Papabär. Wir haben sehr viele Jugendspieler hier, die werden immer Schwankungen haben. Da brauchen wir Toni."

Auch wenn der Aufstieg verschenkt wurde, will ich so hoch wie möglich abschneiden.

Toni Leistner

Der hegt trotz einer für ihn komplizierten Rückrunde keinerlei Abwanderungsgedanken. "Ich bin jetzt in einem Alter, in dem ich nicht Woche für Woche nach Veränderungen schaue", sagte der 33-Jährige. "Ich habe hier für zwei Jahre unterschrieben - für ein Projekt, das ich auch nächstes Jahr mit angehe. Deswegen habe ich die letzten Wochen im Training immer Vollgas gegeben und den Jungen, die gespielt haben, ein paar Tipps gegeben. Da habe ich mal eine andere Rolle eingenommen: vielleicht nicht die, die ich mir persönlich vorstelle, aber ich habe sie trotzdem relativ gut ausgefüllt."

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Und seine Motivationsrede vor dem Hannover-Spiel? "Es ging darum, dass jeder Einzelne aus den letzten vier Spielen seine eigene Motivation ziehen soll", erklärte Leistner. "Für die einen ist es Geld, für die anderen sind es freie Tage. Für mich ging's darum, an die Ehre zu appellieren. Auch wenn der Aufstieg verschenkt wurde, will ich so hoch wie möglich abschneiden."

Drei Spiele bleiben noch, um doch noch das Mini-Ziel von drei Siegen in Serie zu erreichen. "Gegen Hannover sollte der Anfang sein, aber sinnbildlich für die Saison haben wir’s nicht hinbekommen", sagte der Abwehrspieler. "Es sah lange ordentlich aus, aber am Ende war es wieder nur ein Punkt." Wie schon im Hinspiel (2:2 nach 2:0-Führung) - und wie so oft in dieser Saison.

Steffen Rohr

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