Amateure (D)

Makkabi im Finale: "Bedeutung über Berlins Grenzen hinaus"

Vorstand Michael Koblenz im Interview

Makkabi im Landespokal-Finale: "Die Bedeutung geht über Berlins Grenzen hinaus"

Im Halbfinale schlug Makkabi Berlin den FC Viktoria mit 3:2. Nun könnte der Verein in den DFB-Pokal einziehen.

Im Halbfinale schlug Makkabi Berlin den FC Viktoria mit 3:2. Nun könnte der Verein in den DFB-Pokal einziehen. IMAGO/Matthias Koch

1933 ergriff Adolf Hitler die Macht in Deutschland, kurz darauf mussten jüdische Fußballer auf eigenen Plätzen ihre eigenen Meisterschaften austragen. 90 Jahre später steht mit dem TuS Makkabi Berlin nun erstmals ein jüdischer Verein im Landespokalfinale. Wie groß ist die Tragweite dieses Endspiels, Herr Koblenz?

Für alle, die mit diesem Verein verbunden sind, ist das emotional gesehen ein riesiges Erlebnis. Für die jüdische Gemeinde in Deutschland hat die Partie eine Bedeutung, die über die Grenzen Berlins hinausgeht. Was uns vor allem freut: Endlich wird nicht nur über den Verein berichtet, wenn es antisemitische Vorfälle gibt. Das macht uns unglaublich stolz, es ist die Erfüllung eines Traums.

Und sportlich gesehen?

In den letzten Jahren gab es Höhen und Tiefen. Mit einem solchen Erfolg hat niemand gerechnet. Selbst als wir während der Oberliga-Saison gesehen haben, dass wir auch als Aufsteiger mehr als nur mithalten können, hätten wir nicht erwartet, im Pokalfinale zu stehen.

Tatsächlich? Immerhin stellen Sie eine Mannschaft gespickt mit Ex-Regionalligaspielern, die teilweise bei Bundesligisten ausgebildet wurden.

Klar, dass wir eine gute Mannschaft zusammengestellt haben, wissen wir. Und auch, dass wir als Verein deutlich ambitionierter in die Saison gegangen sind als vor ein paar Jahren - auch dank einiger neuer Sponsoren, die uns erst seit Kurzem unterstützen.

Warum kamen die erst vor drei Jahren auf die Idee, Sie zu unterstützen?

Der Vater eines unserer Spieler, der Immobilienökonom Ilja Gop, kam auf uns zu und sagte, er wolle mehr für den Klub machen. Das war eine Initialzündung. Er brachte Expertise und weitere Sponsoren aus der jüdischen Gemeinde mit, beherrscht zudem das klassische Fundraising. Wir werden aber auch von nicht-jüdischen Unternehmen unterstützt.

Jetzt beschäftigen wir uns intensiver mit der Regionalliga.

Maccabi-Vorstand Michael Koblenz

Als Aufsteiger in die Oberliga sind sie diese Saison knapp am Aufstieg in die Regionalliga gescheitert. Ist die 5. Liga trotzdem nur eine Durchgangsstation?

Einen konkreten Plan gibt es nicht. Aber klar merkten auch wir schnell: Da geht mehr! Und dann mussten wir entscheiden: Beantragen wir die Lizenz für die Regionalliga schon jetzt?

Sie sagten recht früh: Nein!

Das war keine leichte Entscheidung. Aber jetzt beschäftigen wir uns intensiver mit der Regionalliga. Die Mannschaft war damals enttäuscht, aber wir als Vorstand mussten das große Ganze sehen: Ein Aufstieg wäre nicht gesund gewesen, gerade finanziell und strukturell sind wir einfach noch nicht so weit.

Wie sieht es kommende Saison aus?

Das prüfen wir gerade. Uns ist bewusst, dass ein Aufstieg finanziell ein Quantensprung wäre. Aber gerade unsere Unterstützer agieren mit Weitblick, zudem ist die Mannschaft extrem ambitioniert, erwartet, dass wir das Ziel Aufstieg ausgeben. Um das zu realisieren sind wir in Gesprächen mit potenziellen Zugängen. Teilweise kommen die aus der Regionalliga. Wir setzen aber auch auf Talente aus unteren Ligen.

Sie sind nicht nur im Vorstand, sondern auch einer der Sponsoren.

In erster Linie ist das mein Vater. Er ist seit 30 Jahren ein engagierter Förderer des Vereins, hielt ihn am Leben, agiert nun aber aus dem Hintergrund. Ich komme aus dem Marketing und bin mit meiner Firma involviert.

Wie hoch ist der Etat des Klubs?

Im Vergleich zur Regionalliga-Spitze hinken wir klar zurück. In der Oberliga befinden wir uns wahrscheinlich im oberen Drittel.

Landespokal Berlin

Im Pokal-Finale geht es gegen Sechstliga-Meister Sparta Lichtenberg. Auf dem Papier ist Makkabi Favorit.

Auf dem Papier vielleicht. Aber Lichtenberg hat Regionalligist Dynamo im Halbfinale ausgeschaltet (5:1; Anm. der Red.), das muss man auch erst mal schaffen. Zudem weiß jeder in Berlin, wie ambitioniert der Verein ist und welch starkes Team er hat. Aber klar wäre es eine Mega-Enttäuschung, wenn es nicht mit dem Sieg klappt.

Ihr Trainer Wolfgang Sandhowe wird, wie in der bisherigen Saison, einen klaren Plan haben. Wie sieht der aus?

Ich finde, dass wir einen schönen, offensiven Fußball spielen. Es macht Spaß, uns zuzusehen. Das ist auch der Ansatz des Coaches, der auf eine lange und erfolgreiche Karriere als Profi zurückschaut (u. a. Spieler bei Preußen Münster und beim VfL Osnabrück; Co-Trainer beim 1. FC Nürnberg und Trainer bei Eintracht Braunschweig; Anm. d. Red.). Er setzt auf ein hohes Laufpensum, hat in der Winterpause mit Caner Özcin einen echten Torjäger und in der Abwehr in Tim Häußler äußerst wertvolle Verstärkungen dazubekommen. Beide bindet er gewinnbringend ein.

Sollten Sie am Finaltag der Amateure gewinnen, wartet der DFB-Pokal. Welchen Gegner wünschen Sie sich dann?

Eine Frage, die mir oft gestellt wird. Meine Söhne haben das mal mitbekommen, riefen sofort: Bayern! Da schließe ich mich an. Obwohl auch Dortmund super wäre und sowohl Hertha als auch Union Berlin einen sensationellen Reiz hätten.

In der 1. Hauptrunde des DFB-Pokals hat die Amateurmannschaft Heimrecht. Erfüllt die Julius-Hirsch-Sportanlage denn die Auflagen?

Wir könnten wie schon in den vergangenen Monaten und im Pokalfinale ins Mommsenstadion von Tennis Borussia Berlin ausweichen. Dort passen immerhin 15 000 Menschen rein. Am Samstag rechnen wir mit 4000 Zuschauern. Zu Ligaspielen kommen 200, 300 Menschen.

Völkerverständigung gehört zu unserer Identität.

Maccabi-Vorstand Michael Koblenz

Einige von ihnen sind Juden, da zieht besonders die Identität des Klubs?

Auf jeden Fall, das ist unsere DNA. Bei einem Tor wird zum Beispiel eine israelische Tormusik gespielt. Wenn Moslems, Atheisten, Christen und Juden gemeinsam zu diesem Song feiern, ist das für uns ein super Gefühl. Denn genau diese Völkerverständigung - auch wenn sie losgelöst von der Religion zu betrachten ist - gehört zu unserer Identität.

Wegen der Sie allerdings auch schon des Öfteren angefeindet wurden.

Das passiert. Es gibt immer wieder antisemitische Äußerungen, auch wenn es in meiner Wahrnehmung mittlerweile besser geworden ist. Aber klar: Wenn ein muslimischer Spieler zu mir kommt und sagt, er könne nicht für uns spielen, weil er Angst vor der Reaktion der Familie habe, ist das traurig. Ich habe größten Respekt vor denen, die es doch tun.

Michael Postl