Europameisterschaft

Nächste deutsche Gegner: Österreich entzaubert auch die Ungarn

Furioser ÖHB-Auftakt der Hauptrunde in Köln

Nächste deutsche Gegner: Österreich entzaubert auch die Ungarn

Die Muskeln spielen lassen: Österreichs Lukas Hutecek vom TBV Lemgo Lippe.

Die Muskeln spielen lassen: Österreichs Lukas Hutecek vom TBV Lemgo Lippe. imago images

Aus Köln berichtet Maximilian Schmidt

Mit breiter Brust reiste Österreich nach dem sensationellen 33:33 gegen Spanien nach Köln. Nach dem zweiten Remis gegen einen Mitfavoriten - zuvor 28:28 gegen Kroatien - war auch die Frage, wie viel Kraft die ÖHB-Auswahl in der ersten Turnierwoche gelassen hatte. Für das erste Hauptrundenspiel nominierte Nationalcoach Ales Pajovic den 23-jährigen Elias Kofler nach.

Hauptrunde in Köln - 1. Spieltag

Im Vorfeld der EM hatte es von kicker-Kolumnist Bob Hanning, der neben seiner Tätigkeit bei den Füchsen Berlin den 1. VfL Potsdam trainiert, scharfe Kritik an Pajovic gegeben - wegen seines Schützlings Kofler. "Ich bin sicher, dass Österreich Europameister wird", wurde Hanning kurz vor Weihnachter auf der Potsdamer Vereinswebsite zitiert: "Da lege ich mich jetzt mal drauf fest, denn wenn man auf Elias Kofler verzichten kann, dann muss man so eine gute Mannschaft haben, dass man Europameister werden muss."

Ungarn war derweil durch seine Vorrundengruppe in München marschiert und hatte zum Abschluss sogar den Isländern, dem ersten deutschen Gegner, beim 33:25 deutlich die Grenzen aufgezeigt. Entsprechend selbstbewusst starteten die Magyaren in ihr erstes Hauptrundenspiel, mit dem fehlerfreien Gabor Ancsin (vier Würfe, vier Tore vor der Pause) als Dominator war eine schnelle 3:0-Führung herausgeworfen.

Zu viel Platz für Banhidi - Pajovic reagiert mit dem Sieben-gegen-sechs

Österreich aber ließ sich so leicht nicht abschütteln und hatte beim 3:4 in der 6. Minute den Anschluss wiederhergestellt. Ungarn kam allerdings deutlich einfacher zu seinen Toren, trat Österreichs Abwehr doch mal rechtzeitig heraus, nutzte Kreisläufer Bence Banhidi dahinter den sich bietenden Raum.

"Jetzt schon eine der besten Geschichten der Heim-EM"

alle Videos in der Übersicht

Nach 13 Minuten zog Pajovic seine erste Timeout-Karte, in der Folge agierte Österreich immer häufiger im Sieben-gegen-sechs. Das schuf auch mehr Platz für den nun immer zentraleren Rechtsaußen Robert Weber, zwischen 2009 und 2019 beim SC Magdeburg unter Vertrag. Der Linkshänder zeigte sich von Außen sowie vom Siebenmeterstrich extrem abgezockt (fünf Tore vor der Pause).

Mit der Pausensirene besorgte der auffällige Lukas Hutecek vom TBV Lemgo Lippe den 17:17-Ausgleich - alles war offen in Köln. Die 34 Treffer waren auch mit den schwachen Leistungen ungarischer wie österreichischer Keeper zu erklären. Das sollte sich noch ändern.

Unnötige Zeitstrafen erschweren Ungarn das Leben

Besser aus der Kabine kam Ungarn, das kleinere Fehler der noch immer mit dem siebten Feldspieler agierenden Österreicher eiskalt ausnutzte (21:18, 37.). Es brauchte also den nächsten österreichischen Kraftakt, um erneut ins Spiel zurückzufinden. Der deutsche Nachbar leistete sich allerdings einfache Fehler - in Überzahl legte der völlig freie Kreisläufer Robert Wagner exemplarisch den Heber über das Tor.

Ungarn aber machte sich das Leben schwer, hatte sich eine doppelte Unterzahl durch zwei unnötige Fouls selbst zuzuschreiben. Beim 23:22 führten Österreichs Mentalitätsmonster erstmals wieder, Kreisläufer Wagner setzte seinen bulligen Körper klug ein und vollstreckte diesmal resolut (43.). Immer häufiger zum Faktor wurde nun auch Österreichs Nationalkeeper Constantin Möstl, der das Publikum in der sich füllenden Lanxess Arena anpeitschte und wegen seiner insgesamt elf Paraden hinterher zum "Player of the Match" gewählt wurde. Seine Leistung war kein Einzelfall, Möstl gehörte nach der Vorrunde zu den Torhütern mit den meisten Paraden im Turnier.

Bilyk entscheidet es für Österreich

Österreichs Problem: Auf der Gegenseite lief Laszlo Bartucz (vier Paraden bei sechs Würfen) nach Einwechslung direkt heiß. So steuerte die Partie nach Banhidis nächstem Treffer zum 27:27 (56.) einem Herzschlagfinale entgegen. Dieses eröffnete Bilyk mit einem Treffer im Tempogegenstoß zum 29:28, bei weniger als 60 Sekunden auf der Uhr nahmen die Ungarn eine Auszeit. Nach dieser zog Gergö Fazekas das Eins-gegen-eins, glich aus und provozierte eine Zwei-Minuten-Strafe.

Die Österreicher füllten mit dem sechsten Feldspieler auf und übergaben Bilyk die Verantwortung. Und der Kapitän des THW Kiel lieferte das letztlich entscheidende 30:29 mit seinem insgesamt achten Treffer. Die ÖHB-Auswahl schreibt ihre Erfolgsgeschichte also weiter - und hat das emotionale Highlight bereits im Blick. Am Samstag (20.30 Uhr) fordert die ÖHB- die DHB-Auswahl im sicherlich stimmungsvollen Nachbarschaftsduell. Ungarn ist nach dem Rückschlag am gleichen Tag bereits ab 18 Uhr gegen Kroatien in der Pflicht.

Ungarn - Österreich 29:30 (17:17)

Ungarn: Bartucz (5 Paraden), Palasics (7 Paraden) - Ancsin 4, Banhidi 4, Lekai 4/1, Rosta 4, Bodo 3, Boka 3, Mathe 3, Imre 2, Fazekas 1, Ilic 1, Hanusz, Ligetvari, Sipos, Szita

Österreich: Häusle, Möstl (11 Paraden, davon ein Siebenmeter) - Bilyk 8, Hutecek 6, R. Weber 6/3, Wagner 4, Frimmel 2, Mahr 2, Herburger 1, Zivkovic 1, Belos, Damböck, Kofler, Miskovez, Nigg

Schiedsrichter: Daniel Accoto Martins / Roberto Accoto Martins (Portugal)
Zuschauer: 19.750 (ausverkauft)
Strafminuten: 4 / 8
Disqualifikation: - / -

Dominator Karabatic: Die Rekordspieler bei Handball-Europameisterschaften