EM

Was für eine Entwicklung hat dieses Team seit 2019 hingelegt

Kolumne zum Frauenfußball von Verena Schweers

Was für eine Entwicklung hat dieses Team seit 2019 hingelegt

Sie haben in Deutschland Euphorie ausgelöst: Die DFB-Frauen bei ihren ersten beiden EM-Spielen.

Sie haben in Deutschland Euphorie ausgelöst: Die DFB-Frauen bei ihren ersten beiden EM-Spielen. imago images

Liebe Fans,

was für ein Start in die Europameisterschaft, so haben wir es uns gewünscht. Wir erleben schon jetzt teilweise hervorragendes Niveau der Spiele. Wir sehen große Begeisterung bei den Zuschauern vor Ort. Hinzu kommt eine aus meiner Sicht extrem gute, seriöse Berichterstattung über das Turnier. Gestern waren in Deutschland über acht Millionen TV-Zuschauer Zeuge eines tollen Fußballspiels, was auch entsprechend professionell präsentiert und begleitet wurde. Das freut mich für die Spielerinnen und den Fußball generell.

Und die deutsche Mannschaft gewinnt ihre Gruppe. Schon nach dem zweiten Spiel ziehen unsere Mädels als Gruppensieger in das Viertelfinale ein - und das mehr als verdient. Dominant, selbstbewusst, mutig, zielstrebig, effektiv und kämpferisch, diese Attribute hat die Elf von Martina Voss-Tecklenburg so in der Kombination bisher noch nicht auf das Feld gebracht.

Ich war selbst Teil der Mannschaft in Frankreich bei der WM 2019, dem ersten Turnier der Bundestrainerin. Es freut mich zu sehen, was die Mannschaft seitdem für eine Entwicklung hingelegt hat. Viele haben gezweifelt, auch ich, aber jetzt sehen und spüren wir es: Die Mannschaft ist perfekt vorbereitet und hat ein anscheinend perfekt funktionierendes System.

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Die Mannschaft ist physisch stark. Technisch und taktisch setzen die Spielerinnen das um, was internationalem Top-Level entspricht. Ein klarer Verdienst der Bundestrainerin und des Teams, die offensichtlich die richtigen Antworten auf schwierige Fragen nach der WM 2019 gefunden haben.

Wahnsinnige Euphorie und Energie

Jetzt steht ein Team auf dem Platz, das eine wahnsinnige Euphorie und Energie versprüht, füreinander kämpft und sehr starke Spiele zeigen kann. Auffällig ist das deutsche Teamgefüge. Überragendes Angriffs-Pressing und kompaktes Verteidigen sind der Beweis in den bisherigen Turnierspielen. Die Basis wurde dafür sicher auch in den Vorbereitungslehrgängen in Frankfurt und Herzogenaurach geschaffen. Optimale Bedingungen, harte Arbeit und ehrliche Aussprachen haben die Grundlage für das Turnier gelegt. Es scheint, Equal Play zahlt sich zu diesem frühen Zeitpunkt bereits für unsere Mannschaft aus.

Dass die EM mit einem so überragenden deutschen Auftaktspiel startet (4:0 gegen Dänemark), hat sich die Mannschaft also dort erarbeitet. Mit Spanien wartete im zweiten Spiel dann ein anderes Kaliber. Umso gespannter war ich, wie das deutsche Team sich nach dem Ausrufezeichen im ersten Spiel gegen den Mitfavoriten Spanien schlägt.

Kurz und knapp: Deutschland startete wie schon gegen Dänemark mit einem sehr laufintensiven Angriffs-Pressing und zwang Spanien zu einem individuellen Fehler, den Klara Bühl ganz unbekümmert ausnutzen konnte. Unsere Defensive stand danach kompakt und war hellwach, die "Ballbesitzmaschine" Spanien kam an ihre Grenzen, da sie zwar Feldvorteile hatte, aber komplett ineffektiv agierte.

Deutschland gewann ein starkes Spiel mit weniger Ballbesitz, aber einem enormen Willen und extremer Effektivität. Marina Hegering ragte in der Abwehr heraus, Merle Frohms hielt bärenstark und alles in allem überzeugte nun wieder das Team.

Deutschland, England und Frankreich sind hervorragend gestartet, es wird nun interessant zu sehen, wer sich hinter den Favoriten zeigen kann. Die Niederlande sind besser in das Turnier gestartet als erwartet. Mit etwas Glück hätte man Schweden bezwingen können. Bei den skandinavischen Teams ist noch Luft nach oben und die Österreicherinnen sind schon jetzt im Feiermodus. Wer schafft es tatsächlich ins Viertelfinale? Diese Entscheidungen werden auch in einigen direkten Duellen um Platz zwei fallen.

Ich hoffe für uns Fans, dass Corona die EM nicht noch stärker beeinflussen wird. Einige Fälle (auch Lea Schüller im deutschen Team) hat es bereits gegeben. Das Niveau der Spiele war bisher gut und intensiv, aber das wird es nur bleiben, wenn auch die besten Spielerinnen auf dem Platz stehen können.

Verena Schweers

Verena Schweers hat in der Bundesliga für den SC Freiburg und die Top-Klubs VfL Wolfsburg und Bayern München gespielt. Unter anderem gewann sie je zweimal die Champions League und die deutsche Meisterschaft. Die Verteidigerin absolvierte zudem 47 Länderspiele für die DFB-Auswahl. Im Sommer 2020 beendete sie ihre aktive Laufbahn.