Bundesliga

125 Jahre Rapid: Die Besten der ersten 25 Jahre

Teil 1: Von 1899 bis 1924

125 Jahre Rapid: Die Besten der ersten 25 Jahre

Das älteste Mannschaftsfoto, das es vom SK Rapid gibt.

Das älteste Mannschaftsfoto, das es vom SK Rapid gibt. Rapideum/SK Rapid

Bereits ab 1897 tummelten sich Arbeiter der Hutfabrik der Gebrüder Böhm auf der Schmelz und jagten als 1. Wiener Arbeiter Fußball-Club dem runden Leder nach. Bei den ersten Kräftemessen mit anderen Klubs standen hohe Niederlagen mit bis zu 20 Toren Unterschied an der Tagesordnung. Vielleicht waren es diese "Arbeiterresultate", die dazu beitrugen, dass Sekretär Wilhelm Goldschmidt am 8. Jänner 1899 den Antrag auf Umbenennung des Vereins in Sport-Club "Rapid" beantragte.

Aus den blau-roten Klubfarben wurde 1906 das berühmte Grün-Weiß, wirklich erfolgreich wurde Rapid aber erst nach einer veritablen Krise 1911, in der "Mr. Rapid" Dionys Schönecker aus jungen Reservespielern eine Meistermannschaft formte. Sie sind der Stamm der besten Rapid-Elf der erste 25 Jahre:

Josef Kaltenbrunner (Tor, 1907-14)

Vor dem Ersten Weltkrieg war "der Kalte", wie er von seinen Mitspielern genannt wurde (wohl eher "da Koide“), mit elf Teamberufungen Österreichs Rekord-Goalie, der sich speziell bei den Olympischen Spielen in Stockholm auszeichnen konnte. Für das "Illustrierte Sportblatt" war er danach "der populärste Torwächter Wiens", obwohl der Rapid-Anhang schon auch sein "G'frett" mit ihm hatte. "Es gibt Leute, die schwören, dass er nur leichte Bälle durchlässt, weil er sich über die Keckheit, ihm mit 'Jammerbällen' beikommen zu wollen, so ärgert, dass er vergisst, sie zu halten", wusste das "Sportblatt". In solchen Fällen half nicht einmal der kleine Rauchfangkehrer, den er stets als Glücksbringer hinter sich im Tor stehen hatte. Mit Rapid feierte er die ersten zwei Meistertitel, eine Kriegsverletzung hat die grün-weiße Karriere des Buchdruckers 1914 mit 26 Jahren frühzeitig beendet. Jahre später betätigte er sich beim SC Baumgarten als Präsident, Trainer und Tormann, führte Gersthof in den 1920er-Jahren in die 2. Liga und war 1926 auch Trainer von Blue Star Zürich.

125 Jahre Rapid

Johann Vladar (Abwehr, ca. 1902-12)

Hans Vladar (mitunter auch Vladar oder Wladarz geschrieben, was den Schluss zulässt, dass er zumindest den Tschechen in Wien noch als Wladarsch geläufig war), der vom ÖFB fälschlicherweise immer noch als Karl geführt wird, gab den rechten Verteidiger im damals praktizierten 2-3-5. Dank seiner "flinken Hirschhaxen" zählte er vor allem auf den längeren Sprintstrecken zu den schnellsten Rapidlern, was man ihm aufgrund seiner hageren Gestalt, die ihm bei seinen Kollegen den Beinamen "Gelsenspeck" eintrug, gar nicht zugetraut hätte. Im 1. Weltkrieg wich er als Diener (vulgo Pfeifendeckel) seinem Vorgesetzten und Klubkameraden Ing. Edi Schönecker, Bruder von "Mr. Rapid" Dionys Schönecker und später Erbauer der "Pfarrwiese" sowie der "Hohen Warte", nicht von der Seite. Vladar führte Anfang der 1920er-Jahre als Trainer die Admira zu ersten Erfolgen, 1929 feierte er sein 25-jähriges Sportlerjubiläum beim SC Graphia.

Vinzenz Dittrich (Abwehr, 1912-25)

"Gigerl" Dittrich zählte bereits zur zweiten Rapid-Generation und kam 1913 für einige Paar Fußballschuhe vom SC Blue Star, den man heute als Rapids "Breeder Club" bezeichnen könnte, holten die Grün-Weißen von dort doch auch Stars wie Uridil, Kuthan, Wieser, Krczal (Körner), Hagler und die Brüder Brandstetter. Der kleine Abwehrspieler war bald als "schneidiger Draufgeher", aber auch als "Kerzenfabrikant" bekannt. Dass er den Ball nicht nur hoch, sondern auch weit zu schießen verstand (was damals eine der wichtigsten Eigenschaften eines Verteidigers war), bewies er bei Rapids 20-Jahr-Jubiläum, als er die Konkurrenz im Fußballweitstoßen mit 55,90 Meter deklassierte. Der Zweitplatzierte kam auf 42,10 Meter. Trotz seiner sechs Meistertitel mit Rapid und seinen 16 Länderspielen für Österreich ist seine spätere Trainertätigkeit nicht weniger eindrucksvoll. Mit Olympique Marseille gewann er 1935 den Coupe de France, mit Litauen den Baltic Cup, mit dem SK Bratislava 1941 den slowakischen Meistertitel, ehe er sich in den 1950er-Jahren noch als Nationaltrainer in Syrien und im Libanon betätigte.

Die Zuschauer-Tabelle der Herbstsaison

Karl Feldmüller (Mittelfeld, ca. 1897-1907)

Er war einer der Gründer Rapids, trug also noch das Blau-Rot des 1. Wiener Arbeiter Fußball-Clubs und zählte sich auch politisch zur Arbeiterbewegung. Als er 1948 seinen 70. Geburtstag feierte, wurde er auch für seine 50-jährige Zugehörigkeit zur sozialdemokratischen Partei geehrt. Sein einziges Länderspiel bestritt er 1904, bei Normannia war er 50-jährig noch 1928 aktiv.

Josef Brandstetter (Mittelfeld, 1911-25)

Der "Seppl" galt als unverwüstlich und kämpfte sich, obwohl wegen seines zunehmenden Alters bereits abgeschrieben, immer wieder zurück. Im Nationalteam schaffte er es so auf 42 Länderspiele, die ihn bis 1931 zum Rekord-Internationalen machten. Als Mittelläufer prägte "die grundehrliche Haut" nicht nur das Rapid-Spiel, sondern auch den Typus des Rapid-Spielers, der nie aufgibt, kämpft bis zum Umfallen und alles für seine Farben gibt. Seine Rapid-Liebe ging so weit, dass er nicht nur beim Bau der Pfarrwiese selbst Hand anlegte, in schweren Zeiten half er auch finanziell aus. Dennoch kam es zum großen Zerwürfnis mit Dionys Schönecker, der seinem todkranken Bruder (und Rapid-Verteidiger) Fritz ein Benefizspiel verwehrte. 1925 wurde "Seppl" nach einer Knieoperation bei Rapid entlassen, wenige Monate zuvor hatte er dem Klub noch ein Darlehen von 25 Millionen Kronen gewährt, die er "als wertlose Papierfetzen", wie es in der zeitgenössischen Presse hieß, zurückbekam. 1926 wurde ihm die Ehrenmitgliedschaft entzogen. Er spielte in weiterer Folge noch für die Hertha und den Sport-Club, verarmte aber zusehends. 1933 wusste ihn "Der Abend" bereits "in bitterer Not", 1945 starb er mit 55 Jahren an einer Lungenentzündung. Fünf Jahre später schrieb sein journalistischer Weggefährte Robert "Nazl" Brum im "Kurier", dass der einstige Vorzeige-Rapidler "im Irrenhaus zugrunde gegangen" war.

Leopold Nitsch (Mittelfeld, 1915-28)

Anders als "Seppl" war der kleine Nitsch, das "Nitscherl", ein Liebkind von Schönecker und der Rapid-Führung, die dem gelernten Schriftsetzer ab 1926 die Rapid-Kantine auf der Pfarrwiese überließen. Drei Jahre später vergrößerte er seinen gastronomischen Wirkungsbereich, als er bei "Kochmann's" einheiratete, die auf der Hütteldorfer Straße die "Stefanie-Säle" betrieben, wo bald alle Rapid-Festivitäten stattfanden. Als Fußballer war er der "Prototyp eines verlässlichen und hochintelligenten Halfs", der Rapid später als Trainer in der Nazi-Zeit (er war ab 1938 NSDAP-Mitglied) zum deutschen Meistertitel und Pokalsieg führte. Er war Onkel des Aktionskünstlers Hermann Nitsch, der sich - wir er Danielle Spera für ihr Buch über ihn erzählte - gewünscht hätte, dass ihn der berühmte "Onkel Poldi" zur Firmung führt, was dieser ablehnte.

Karl Wondrak (rechter Flügel, 1912-25)

Als zuverlässigster Stürmer Rapids galt der rechte Flügel Karl Wondrak, dessen Spiel keine Schnörkel kannte und der seine Klasse ganz in den Dienst der Mannschaft stellte. "Wir haben wenige Spieler in Wien, denen man keinen Fehler nachsagen kann", schrieb das "Illustrierte Sportblatt" 1925 über ihn, "zu diesen wenigen zählt aber Wondrak, dem sein größter Vorzug, seine Selbstlosigkeit, bisher Publikumserfolge versagte." Ab 1923 saß der 15-malige Teamspieler im Rapid-Präsidium und zählte 1924 zur Schar jener, die nach einem Streit mit Schönecker kurz zum Bezirksnachbarn WAF übersiedelten.

Josef Uridil (Sturm, 1917-27)

"Heute spielt der Uridil" - der Name des "Tanks" ist einer der wenigen aus dieser Zeit, der zumindest Rapid-Fans noch heute geläufig ist. In den 1920er-Jahren war der draufgängerische Torjäger der Inbegriff des Fußballstars, der die Licht- und Schattenseiten der ersten Auswüchse des Profitums zu spüren bekam. Mit seiner Popularität machte nicht nur Hermann Leopoldi, Komponist des eingangs erwähnten "Foot-Ball-Walk" Geschäfte, sondern auch Likör- und Zuckerl-Produzenten, Theaterdirektoren und Filmregisseure. Aber schon 1928 wussten die "Wiener Neuesten Nachrichten", dass Uridil "zwar Unsummen verdient" hat, diese aber "ebenso rasch zerronnen wie gewonnen" waren. Unzählige Male hätte Schönecker seine "peinlichsten Privataffären" regeln und ihn schließlich aus dem Klub entfernen müssen, "da er speziell die jüngeren Elemente (im Klub; Anm.) zu gesundheitsschädlichen Trink- und Sexualexzessen verführte". Seine Scheidungsgeschichten gingen durch die Presse, aber irgendwo auf seinen Trainerstationen in Italien, der Slowakei, in Rumänien (WM-Teamchef 1934!), der Schweiz und in Deutschland hat der aus einfachen Ottakringer Verhältnissen stammende Ex-Star doch wieder Halt gefunden und kehrte 1953 schließlich sogar als Trainer nach Hütteldorf zurück, wo er trotz einfachster Anleitungen ("Spüüt's euer Spüü") schöne Erfolge (wie ein 6:1 über Arsenal) feierte. 1999 wurde der "Pepi" ins "Rapid-Team des Jahrhunderts" gewählt. Bereits seit 1991 kann man in Penzing durch die Josef-Uridil-Gasse schlendern.

Richard Kuthan (Sturm, 1911-29)

Eine volkstümliche Gestalt war "der schöne Rigo". Obwohl schon 1906 von einem wilden Klub auf der Schmelz für Rapid rekrutiert, war seine Anfangszeit im Verein nicht einfach. 1907 sollte der 16-jährige keine Mitgliedskarte mehr kriegen, weil er immer mit dreckigem Arbeitsgewand zum Training erschien. Erst Dionys Schönecker konnte ihn zum Bleiben überreden und sie wurden nicht nur Freunde für's Leben, sondern bald auch Schwäger. Kuthan heiratete die Schwester Schöneckers und teilt heute auf dem Baumgartner Friedhof ein Ehrengrab mit ihm. Bis Uridil kam, war er der populärste Fußballer Wiens, berühmt war er für seine O-Beine, seine hohe Stirn, seinen Schnauzer und sein Buckerl, mit dem er sich im Kampf um den Ball einen entscheidenden Vorteil verschaffte. Und wenn der Schiri einmal Foul gab, hatte er die schönste Ausrede parat: "Aber Herr Schiedsrichter, das Buckerl hab' ich doch nur aus Höflichkeit g'macht." Mit Rapid feierte er acht Meistertitel und wurde zweimal Torschützenkönig.

Josef Schediwy (Sturm, 1901-1914)

Der "Schediwy Seppl" war der talentierteste von vier Fünfhauser Fleischhauer-Söhnen, die für Rapid kickten. Er hatte nicht die Technik der großen Stürmer (Fischera oder Studnicka) seiner Zeit, aber er war ein ungemein fleißiger, aufopferungsvoller und bescheidener Spieler, dem 1903 die Ehre zuteil wurde, als erster Rapidler die Farben Wiens (bzw. Österreichs) vertreten zu dürfen. 1912 feierte er noch Rapids ersten Meistertitel, im März 1915 geriet er in Sibirien in Kriegsgefangenschaft und starb 1915 in Taschkent.

Eduard Bauer (linker Flügel, 1911-1926)

Wie Kuthan und Brandstetter holte Schönecker den "Edi" während der Rapid-Krise 1911 in die erste Mannschaft. Er galt bald als der "Feinste" unter den Wiener Spielern. War Rapid erfolgreich, pries man seinen Technik und seine Eleganz, verlor Rapid tadelte man sein körperloses Spiel. Das "Sport-Tagblatt" spottete 1925: "Sein Kombinationsspiel ist wohlfrisiert, da und dort wird noch eine Locke glattgedrückt, früher darf das Kunstwerk nicht aus dem Laden. Stürmisches hat dieser Mann, der nun schon seit Jahren gegnerische Tore im Zickzackwege anschleicht, eigentlich gar nichts an sich; er findet zwar Vergnügen daran, anzugreifen, die Bügelfalte darf aber dabei nicht in Unordnung geraten." Dennoch erzielte er in 188 Meisterschaftsspielen für Rapid 133 Tore und wurde achtmal Meister. 1930 bestellte ihn Schönecker zum Rapid-Trainer, 1945 wurde er Verbandskapitän (Teamchef). Ehrenamtlich! Seinen Unterhalt verdiente er sich als Kassier der Stadionbetriebsgesellschaft.

Horst Hötsch