2. Bundesliga (D)

Niederlechner über den VAR: "Drum hasst ihn jeder"

Herthas Routinier mit Rot, "Komplett-Frust" und einem Bier-Geschenk

Niederlechner über den VAR: "Drum hasst ihn jeder"

Diskussionsbedarf: Herthas Florian Niederlechner und Schiedsrichter Patrick Ittrich.

Diskussionsbedarf: Herthas Florian Niederlechner und Schiedsrichter Patrick Ittrich. picture alliance/dpa

Gustav Christensen schleppte eine Kiste Bier durch die Katakomben des Olympiastadions in die Kabine, Marius Gersbeck folgte wenig später mit einer weiteren Kiste. Und als dann aus den Reihen der Fans in der Ostkurve noch eine dritte Kiste als Präsent ihren Weg zur Mannschaft fand, da konnte Florian Niederlechner schon wieder lachen. "Wär' gar nicht nötig gewesen, wir haben genügend Getränke", sagte der Hertha-Profi mit Blick auf die für Samstagabend angesetzte Weihnachtsfeier des Klubs. "Aber wir haben uns brutal gefreut. Da merkt man den Zusammenhalt, der wieder da ist - dass sie uns nach einem 0:0 gegen den Letzten so feiern, ist nicht selbstverständlich. Der Verein, die Fans - da entsteht was."

Das 0:0 gegen Zweitliga-Schlusslicht Osnabrück war aus Berliner Sicht eine vergleichsweise ernüchternde Vorstellung, womöglich war das Bier für den Rest des Tages und die Verarbeitung des Geschehens dann doch ganz hilfreich. Dennoch mochte Niederlechner beim Blick aufs große Bild nicht zu streng mit sich und den Seinen, denen Fabian Reese (Infekt) als Energie- und Ideenspender extrem fehlte, ins Gericht gehen.

"Es war ein gebrauchter Tag - am Ende dann noch mit meiner Roten Karte", befand Niederlechner. "Es hätte besser laufen sollen. Fabi hat auf alle Fälle gefehlt, aber das darf keine Ausrede sein. Wir wollten gewinnen, aber wir dürfen uns jetzt nicht alles schlechtmachen. Wir sind jetzt neunmal ungeschlagen. Das heute war ein kleiner Dämpfer, aber davon lassen wir uns die Laune nicht verderben. Es war trotzdem eine gute Hinrunde inklusive erreichtem Pokal-Viertelfinale."

Drum braucht ihn keiner, drum will ihn keiner, drum hasst ihn jeder.

Florian Niederlechner

Der Start in die Rückrunde am 21. Januar gegen Fortuna Düsseldorf wird dann ohne ihn über die Bühne gehen. Niederlechner sah nach einem Foul an VfL-Profi Lukas Kunze die erste Rote Karte seiner langen Karriere (zuvor einmal Gelb-Rot am 13.12.2020 beim 2:2 zwischen Augsburg und Schalke). Referee Patrick Ittrich hatte Niederlechner zunächst verwarnt. Nach der angesichts des Trefferbildes grundsätzlich vertretbaren Intervention des Videoassistenten Markus Schmidt sah sich Ittrich die Szene am Monitor nochmals an und schwenkte um auf Rot.

Niederlechner stapfte komplett bedient in die Kabine ("Scheiß-VAR") und erklärte später mit Blick auf die fehlende Intensität und Dynamik in der Szene: "Ich habe gewusst, dass ich ihn erwischt habe, aber es war überhaupt kein Tempo in der Situation. Ich bin einfach einen Schritt zu spät gekommen. Er ist ja gleich wieder aufgestanden. Er musste selbst lachen, als ich ihm gesagt habe, es wird jetzt gecheckt, ob ich Rot kriege. Das ist ja der ganze Quatsch am Videobeweis. Sie schauen sich das Standbild an. Da sehen sie, dass ich mit der offenen Sohle auf seinem Knöchel war - und dann geben sie eine Rote Karte. Sorry, das ist nicht zielführend. Drum braucht ihn keiner, drum will ihn keiner, drum hasst ihn jeder."

Ittrich tat er seine Meinung noch auf dem Rasen kund: "Wir kennen uns schon sehr lange und mögen uns sehr gerne. Ich verstehe halt nur nicht, dass er nicht bei seiner Entscheidung bleibt. Er hat’s ja ganz genau gesehen." Zugleich verwies Niederlechner auf eine Szene in der 51. Minute, als ihn VfL-Rechtsverteidiger Bashkim Ajdini mit hohem Fuß im Oberkörperbereich schmerzhaft traf: "Meine komplette Brust ist rot und voller Blut, da gibt’s keinen Videobeweis. Ich glaube, das war gesundheitsgefährdend."

Niederlechner kündigt "Vollangriff" für zweite Halbserie an

Auch Kapitän Toni Leistner hatte für den Platzverweis schon wegen der Entstehung im Vorfeld "kein Verständnis", er sagte: "Der Schiedsrichter gibt Vorteil nach einem Ellenbogenschlag gegen Billy (Bilal Hussein, d. Red.) - den Vorteil habe ich nicht gesehen. Stattdessen haben wir einen Ballverlust, eine Rote Karte und einen Freistoß zu verteidigen." Trainer Pal Dardai sah es ähnlich: "Aus Vorteil, Vorteil und Vorteil hat er eine Rote Karte gezeigt. Die Szene gefällt mir nicht. Aber Flo muss das akzeptieren."

Muss er - und schaute trotz "Komplett-Frust" schon wieder nach vorn. Niederlechners Credo für die zweite Halbserie: "Vollangriff in der Rückrunde." Er glaube, "dass noch alles offen ist" im Kampf um die Aufstiegsplätze: "Wir werden Gas geben und alles daran setzen, dass wir oben noch angreifen können." Nach einer Sperre dann wieder mit ihm.

Steffen Rohr

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