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Vergrößern die heißen Spurs Guardiolas Misere?

Das kriselnde ManCity empfängt das formstarke Tottenham

Vergrößern die heißen Spurs Guardiolas Misere?

Unterschiedlicher könnte die Gefühlslage bei Manchester City und Tottenham Hotspur derzeit kaum sein.

Unterschiedlicher könnte die Gefühlslage bei Manchester City und Tottenham Hotspur derzeit kaum sein. imago

Was für eine Schmach war das für Pep Guardiola. Das 0:4 im Goodison Park am vergangenen Spieltag war seine höchste Niederlage als Vereinstrainer, von den Everton-Fans musste er sich "You're getting sacked in the morning"-Gesänge anhören ("Morgen früh wirst du entlassen"). Den Meistertitel hakte der Katalane angesichts zehn Punkten Rückstand auf Chelsea gleich mal ab .

"Falsche 1"? Bravo ist kein Rückhalt

Guardiolas Problemzone Nummer 1 ist die Defensive, allen voran die Torhüterposition: Am Ball mag er stark sein (nur Spurs-Torhüter Lloris weist eine höhere Passgenauigkeit vor), allzu viele Schüsse pariert Schlussmann Bravo allerdings nicht. Everton gab vier Torschüsse ab, alle landeten im Netz. Bravos Saisonbilanz (34 von 57 gehalten) fällt alles andere als imposant aus. Ein Anrufer in einer Radioshow der BBC nannte den Chilenen unlängst eine "falsche 1", TV-Experte Phil Neville befand: "Es sieht so aus, als ob Citys Gegner denken, dass der Ball schon reingeht, wenn sie ihn nur irgendwie aufs Tor bringen." Klar, schon andere Torhüter brauchten ihre Zeit, um sich an die Premier League zu gewöhnen (frag nach bei David de Gea). Ob es die richtige Entscheidung war, Joe Hart im Sommer nach Turin zu verjagen, wird sich aber vielleicht auch Guardiola inzwischen fragen.

Spurs: Schon neun Punkte mehr als zum gleichen Zeitpunkt 2016

Und jetzt kommt auch noch Tottenham ins Etihad-Stadium. Als sich die beiden Teams in dieser Saison zum ersten Mal gegenüberstanden, kam City mit der Bilanz von sechs Siegen aus sechs Spielen an die White Hart Lane - und kassierte beim 0:2 die erste Niederlage . Seitdem ist viel passiert. Während sich die Guardiola-Schützlinge nach dem starken Saisonstart auf dem absteigenden Ast befinden, sind die Spurs nach sechs Siegen in Folge Zweiter. Die Londoner haben schon neun Punkte mehr auf dem Konto als zum gleichen Zeitpunkt der vergangenen Saison, in der sie der letzte Verfolger von Überraschungsmeister Leicester City waren und am Ende Dritter wurden.

Könnte diese Saison der ganz große Wurf gelingen? Den ersten Meistertitel seit 1961 in der letzten Saison an der ursprünglichen White Hart Lane zu gewinnen, "wäre das wichtigste Ereignis der Vereinsgeschichte", meinte Trainer Mauricio Pochettino. Der Klub beginnt derzeit mit einem Komplettumbau seines Stadions, wird seine Heimspiele kommende Saison in Wembley austragen.

Nicht nur in der Offensive ist Tottenham meisterlich

Die Gründe für den Erfolg der Spurs sind in allen Mannschaftsteilen zu finden. In der Offensive feuern Kane und Alli wieder aus allen Rohren, Regisseur Eriksen zieht gekonnt die Fäden. Enorm wichtig ist jedoch auch das Duo Dembele/Wanyama, das den Laden in der Mittelfeldzentrale hinter dem Dänen zusammenhält. Wanyama, im Sommer aus Southampton gekommen, hat den Spurs noch mehr Dynamik beschert. Außerdem kann Pochettino Nationalspieler Dier nun guten Gewissens in der Abwehr aufbieten, ohne im Mittelfeld Stabilität zu verlieren.

Wie verkraftet die Spurs-Abwehr den Ausfall Vertonghens?

Auch der Spurs-Coach hat sich noch einmal weiterentwickelt, wechselt in der Abwehr je nach Bedarf zwischen einer Vierer- und einer Dreierkette. Das Team hat die taktischen Systeme seines Trainer komplett verinnerlicht - ein gravierender Unterschied zu Guardiola und City.

Jan Vertonghen

Sein Ausfall könnte Tottenham hart treffen: Jan Vertonghen. imago

In der Abwehr, mit nur 14 Gegentoren die beste der Liga, könnte es wegen des Ausfalls von Leistungsträger Vertonghen (sechs Wochen Pause wegen einer Knöchelverletzung) allerdings Probleme geben. Die Frage: Funktioniert Pochettinos zuletzt so erfolgreiche Dreierkette auch mit Ersatzmann Wimmer? Die Flügelzange der Spurs (Rose/Walker) ist über jeden Zweifel erhaben, genauso der Mann zwischen den Pfosten: Frankreichs Nationaltorhüter Lloris hat in dieser Saison 74 Prozent der Schüsse auf sein Tor gehalten (37 von 50), seine Passquote ist besser als die aller anderen Premier-League-Torhüter.

1188 torlose Minuten: De Bruyne auf dem Flügel in der Krise

Nicht viel spricht vor dem direkten Duell am Samstag also für Manchester City, auch wenn der Rückstand auf Tottenham nur drei Punkte beträgt. Worauf könnte Guardiolas Hoffnung ruhen? Vielleicht auf dem brasilianischen Neuzugang Gabriel Jesus. "Er ist 19, wir können nicht erwarten, dass er unsere Probleme löst", sagte der City-Coach am Freitag: "Ich werde noch entscheiden, ob er vielleicht auf der Bank sitzt."

So groß die Probleme in der Defensive sind, auch Citys Offensive riss zuletzt keine Bäume aus. Aguero und De Bruyne befinden sich im Formtief. Beim Belgier, der seit 1188 Ligaminuten auf ein Tor wartet, könnte das auch damit zusammenhängen, dass Guardiola ihn nach starkem Saisonbeginn ( samt Vergleich mit Lionel Messi ) aus dem Offensivzentrum auf den Flügel zog. Noch so eine Maßnahme, die in Manchester nicht jeder versteht.

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